Gemeinderat wartet mit einer Klage noch zu
27.11.2020 Stetten, Region ReusstalGemeindeammann Kurt Diem nimmt Stellung zu den Vorwürfen an der Gmeind vom 18. November
Nach der Gmeind von letzter Woche waren die Gemüter erhitzt. Ein Stimmbürger warf der Behörde undurchsichtige Spesenabrechnungen vor. Stand heute behält sich der Gemeinderat ...
Gemeindeammann Kurt Diem nimmt Stellung zu den Vorwürfen an der Gmeind vom 18. November
Nach der Gmeind von letzter Woche waren die Gemüter erhitzt. Ein Stimmbürger warf der Behörde undurchsichtige Spesenabrechnungen vor. Stand heute behält sich der Gemeinderat rechtliche Schritte gegen den Votanten noch vor.
Wir haben gemäss Abklärungen drei Monate Zeit, um eine Verleumdungsklage gegen Albert Marty einzureichen», sagt Gemeindeammann Kurt Diem. Der Gemeinderat habe im Moment wichtigere Geschäfte zu erledigen, als sich mit Vorwürfen aufzuhalten, die nicht haltbar sind. Ein dringendes Thema für den Gemeinderat sei, die Neuorganisation der Primarschule ohne Schulpflege. Trotzdem sagt Diem: «Der Gemeinderat hat am Montag an der Sitzung beschlossen die Vorfälle an der Gmeind vorerst sacken zu lassen. Wir werden in der nächsten Zeit über das weitere Vorgehen entscheiden.» Die Vorkommnisse an der letzten Gemeindeversammlung werden, trotz der verhaltenen Worte von Gemeindeammann Diem, Stetten noch eine Weile beschäftigen.
Wie der «Reussbote» bereits berichtete, warf Albert Marty dem Gemeinderat undurchsichtige Spesenabrechnungen und der Finanzkommission Befangenheit vor. Der Gemeinderat sagte unmittelbar nach der Gmeind, dass er die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen werde und eine Verleumdungsklage bei der Staatsanwaltschaft einreiche.
Abrechnungen sind korrekt
Der Gemeinderat hält fest, dass er die Sitzungsgelder, es sind keine Spesen, nach geltendem Reglement abrechne. Nicht von der Hand zu weisen sei, dass sie in den letzten zehn Jahren gestiegen sind. Das stehe aber in direktem Zusammenhang mit dem Wachstum der Bevölkerung und den grösseren realisierten Projekten. Zudem hätten auch die Verpflichtungen und Anlässe ausserhalb des Gemeindegebietes stark zugenommen.
In Stetten erhält jeder Gemeinderat eine fixe Entschädigung für ein Arbeitspensum von circa 20, beim Vizeammann von 30 und beim Ammann von über 40 Prozent. Darin sind Gemeinderatssitzungen, das Aktenstudium während dem Wochenende oder auch öffentliche Veranstaltungen und ressortbezogene Aufgaben in der Gemeinde enthalten.
Aufgaben, die nicht enthalten sind, wie zum Beispiel Einspracheverhandlungen oder Arbeitstagungen für Strassenbauprojekte vom Kanton, werden mit dem vorgegebenen Sitzungsgeld abgerechnet. In Stetten beträgt dieses 40 Franken pro Stunde, die Tagespauschale liegt bei 320 Franken. Vor drei Jahren wurde der Ansatz an der Gmeind, anlässlich des Budgetvorschlags, von 25 auf 40 Franken erhöht. Damit liegt der Tarif immer noch im Mittelfeld aller Aargauer Gemeinden. Es gibt solche, die bis zu 80 Franken abgelten.
«Die Spesen sind im Reglement klar geregelt», sagt Ammann Diem, «das System, das 200 weitere Aargauer Gemeinden verwenden, funktioniert seit Jahren tadellos.» Das Reglement wurde noch von Diems Vorgänger, Ernst Huber, eingeführt.
Negative Auswirkungen für Beruf
Der Vorwurf des Votanten an der Gmeind, der Gemeinderat rechne die Spesen doppelt ab und die Finanzkommission winke dies durch, sei nach wie vor eine Verleumdung. Zu denken gibt Diem, dass dieser Vorwurf weitreichende Konsequenzen für den Beruf der Gemeinderäte und der Finanzkommission haben könnte. «Wir werden unsere Entscheidung für das weitere Vorgehen mit der nötigen Distanz und Neutralität treffen», sagt der Gemeindeammann.
Direkte Demokratie mit Fairness
«Erfreulich ist, dass der Gemeinderat seit dem Vorfall sehr viel Unterstützung aus der Bevölkerung erhält», so Diem. Bürger hätten sich bei ihm und den anderen Gemeinderäten gemeldet und gesagt, dass sich der Gemeinderat korrekt verhalten habe. Schade findet Diem, dass einige Stimmbürger sagten, dass sie künftig nicht mehr an die Gmeind kommen, wenn der Votant weiter solche Fehden führe. Diem hält fest, dass die Gemeindeversammlung ein Ort ist, wo lebendige Demokratie gepflegt wird. Dazu müsse Sorge getragen werden, indem sachlich positiv oder negativ über Traktanden diskutiert werden könne. Ihm sei bewusst, dass man als Politiker kritikfähig sein müsse. An der letzten Gmeind sei aber die Grenze überschritten worden.
Nicht nur der Gemeinderat und die Fiko, sondern auch Gemeindeschreiber Emil Wehle fühlte sich persönlich angegriffen. Er verfasst jeweils sinngemäss und nicht wortwörtlich das Protokoll der Gmeind. Albert Marty gab zuhanden des Gemeinderats seine Voten schriftlich ab, damit seine Anträge korrekt festgehalten würden.
Der Gemeinderat hält fest, dass Anfragen aus der Bevölkerung jederzeit an den Gemeinderat gerichtet werden können und diese auch beantwortet werden. Ob wegen der Vorwürfe zukünftig eine Aufstockung der Pensen der Gemeinderäte mit inkludierten Sitzungen die Lösung sein wird, oder ob die Sitzungsabgeltung weiter Bestand haben, wird sich weisen. Für Diem ist die Sitzungsabgeltung nach wie vor eine faire Lösung für alle, da leistungsbezogen und nicht pauschal abgerechnet wird.
Debora Gattlen