Eine Weidehütte zu Weihnachten
22.12.2020 Mellingen, Region Reusstal, Fischbach-GöslikonIdun Marchesi hat von der Wettstein Bau AG das schönste Weihnachtsgeschenk bekommen
Seit über 20 Jahren trommelt Idun Marchesi bei den Mellipans in Mellingen. In der Steelband wusste man, dass sie von einem Stall für Esel auf ihrem Grundstück träumt – und half ...
Idun Marchesi hat von der Wettstein Bau AG das schönste Weihnachtsgeschenk bekommen
Seit über 20 Jahren trommelt Idun Marchesi bei den Mellipans in Mellingen. In der Steelband wusste man, dass sie von einem Stall für Esel auf ihrem Grundstück träumt – und half ihr, diesen Traum möglich zu machen.
Bei den Mellipans, davon sind wohl alle neun Mitglieder überzeugt, geht es um mehr als Musik. Es geht um Freundschaft. Bei den wöchentlichen Proben in Mellingen wird konzentriert am vielfältigen Repertoire gearbeitet und auch einige Auftritte werden jedes Jahr gespielt. Doch Austausch und Geselligkeit dürfen nie zu kurz kommen. Kein Wunder also, dass alle mitbekamen, was sich ihr langjähriges Mitglied Idun Marchesi als neues Projekt in den Kopf gesetzt hatte, kaum, dass sie mit 77 Jahren aufgehört hatte zu arbeiten.
Beim Besuch in der urgemütlichen Stube ihres Bauernhauses erzählt die gelernte Fotografin, Gärtnerin und Maltherapeutin vom holprigen Beginn. «Ich wollte eigentlich alles selbst machen. Erst mit einem Fertigstall», sagt Idun Marchesi. «Aber wenn der dauerhaft steht, benötigt es eine Baubewilligung. Und dann ging das Dach nicht mit den Bauvorschriften konform. Darum habe ich am Schluss selbst eine Baueingabe gemacht.» So weit, so gut. Doch als sie Offerten für ihren selbst geplanten Stall einholte, stellte sie ernüchtert fest: Schon die Kosten für das Betonfundament würden ihr Budget um Weites sprengen.
Von der Geschichte Wind bekam schliesslich Marco Gilardoni, verheiratet mit Mellipan-Präsidentin Andrea Jehle. Er bot der zweitältesten Trommlerin des Vereins sofort seine Hilfe an. Dass er indes eine Firma finden würde, die den Stall kostenlos baut, hätte diese nie für möglich gehalten. «Wie ein 6er im Lotto», freut sich die patente Oberflachserin heute. Gilardoni klopfte dazu bei mehreren Firmen an, mit denen er jahrelange Beziehungen pflegt, und fragte, ob sie nicht Lust auf ein soziales Projekt hätten.
Die Geschäftsführer der Wettstein Bau AG aus Fislisbach, Pascal Wettstein und Carlo Mastruzzo, fanden die Idee auf Anhieb interessant und stellten den Bau kostenlos hin. «Dieses Jahr fallen das Weihnachtsessen und die Kundenevents aus», berichtet Projektleiter Andreas Schmid. «Darum fanden wir es passend, mit dieser Aktion einen Lichtblick im sonst eher tristen Alltag zu setzen.» Da die Firma Erfahrung hat im Bau von Landwirtschaftsgebäuden, war es nicht allzu kompliziert, die Vorgaben des Tierschutzes trotz ungewohnter Holzbauweise umzusetzen, sagt Schmid. «Wir haben uns zusätzlich auf einem Gnadenhof schlau gemacht, wie ein solcher Stall aussehen muss.» Das Wichtigste: Trocken und stabil muss er sein. Als Material war nur unbehandeltes Naturholz erlaubt.
Ein Eselparadies entsteht
Für die Tiere stehen nun zwei Räume zur Verfügung, die durch einen mit einem Eisentor verschliessbaren Durchgang verbunden sind. Der Stall steht über Marchesis Haus, inmitten ihres rund 1200 Quadratmeter grossen Gartens an einem Westhang. In Eigenarbeit hat sie schon Zäune gesetzt und Steinplatten verlegt – fertig ist das Eselparadies aber noch nicht. Auch beim Stall fehlen noch die Dachziegel. Ihr ältester Enkel ist Dachdecker und will sich darum kümmern, sobald es das Wetter zulässt. Früher ist ihr noch ihr Sohn im Garten zur Hand gegangen. Nach einer Netzhautablösung und einem Unfall kann er aber nicht mehr körperlich arbeiten.
Esel waren indes schon immer Favoriten der tierlieben mehrfachen Urgrossmutter und sie kann es kaum erwarten, sich um die genügsam wirkenden, aber dennoch sorgsame Pflege benötigenden Tiere zu kümmern und sie jeden Tag im Garten zu sehen. Den wuchernden Brombeeren werden die Esel auf jeden Fall Einhalt gebieten. Freuen wird sich ebenfalls ihre elfjährige Enkelin Kira. Ihr soll eine der zwei Stuten gehören. Zusammen waren die beiden schon auf mehreren Höfen. In Schinznach Bad wurden sie fündig; das zweite Tier kommt aus dem Tessin. Die Grossmutter hat der Kleinen Reitstunden bezahlt und ein gutes Gefühl: «Kira hat ein Händchen für Rösser bewiesen, putzt sie gerne und führt sie gut.»
An geistiger und körperlicher Herausforderung soll es den Eselinnen nicht fehlen. Angedacht sind tägliche Spaziergänge oder sogar längere Ausflüge in den Jura. Ziel ist es, die Tiere an einen Wagen zu gewöhnen. Idun Marchesi erinnert sich an die 60er-Jahre: «Damals war ich an Wochenenden oder in den Ferien mit dem Pferdewagen unterwegs. Das war eine schöne Zeit.» Dass sie diese im kommenden Jahr wieder erleben darf, ist für sie das schönste Weihnachtsgeschenk.
Stefan Böker