Business mit Swissness made in India
05.01.2021 Wohlenschwil, Region ReusstalMario Lang verkauft selbst entworfene T-Shirts mit Edelweiss und Schweizerkreuzen
Beim Begriff «Landjäger» denken viele zuerst an die berühmte Wurst. Wer hätte gedacht, dass sich dahinter ein Label verbirgt, das Kleidung in Indien herstellen lässt.
Was ...
Mario Lang verkauft selbst entworfene T-Shirts mit Edelweiss und Schweizerkreuzen
Beim Begriff «Landjäger» denken viele zuerst an die berühmte Wurst. Wer hätte gedacht, dass sich dahinter ein Label verbirgt, das Kleidung in Indien herstellen lässt.
Was den Einfallsreichtum bei Mario Langs selbst entworfenen Kleidungsstücken angeht, besteht sicherlich noch Luft nach oben. Zumindest bei der Farbgebung und den Motiven: Rot und weiss und Schweizerkreuze sind hier dominant. Ein T-Shirt heisst schlicht «Schweizer Pass» und sieht aus, naja, wie ein Schweizer Pass. «Swissness», nennt das der Erfinder. Im dazugehörigen Werbetext bringt er «klassische Werte» ins Spiel und lässt sich zitieren mit: «Ich bin halt einfach verliebt in die Schweiz.»
Erst Geschäftsmann, dann Patriot
Beim Besuch in seinem Büro mitten in Wohlenschwil erzählt Lang, dass er schon als junger Mann gern mit dem Edelweiss-Shirt in die Disco gegangen sei. Heute stellt er selbst welche her – beziehungsweise lässt sie herstellen, in Indien. Swissness made in einem Billiglohn-Land? Lang hat deswegen negatives Feedback bekommen und kann die Kritik verstehen. Er rechtfertigt sich damit, dass er dann doch mehr Geschäftsmann sei als Patriot. «Ich bin weltoffen», sagt er. Im Land war er noch nie, er vertraue seinem indischen Partner, was die Produktionsbedingungen angeht. Ein Vertreter aus Indien hingegen kam nach Wohlenschwil, um den Deal an Land zu ziehen. Die Qualität der Ware habe Lang dann überzeugt, denn es sei nicht einfach gewesen, jemanden zu finden, der seine Vorgaben erfüllen konnte.
Dass jemand die Stirn runzelt wegen der Kombination aus zur Schau getragenem Nationalstolz und «Landjä- ger» als Rückenaufdruck kann er indes weniger verstehen. So habe man im 18. Jahrhundert Polizeikräfte genannt, die besonders in ländlichen Gebieten Ordnungsaufgaben ausführten, steht im Pressetext. Wer also an Bürgerwehren dachte, weiss jetzt warum. Lang hingegen feiert das Marketingpotenzial der Mehrdeutigkeit, Wurst und Polizist, er findet das «faszinierend und passend.» Die gleichnamige Domain hat er sich bereits vor 20 Jahren sichern lassen. Heute gibt es zu jeder Bestellung ein Pärchen «Landjäger» dazu.
Fragt sich nur, wer das kaufen soll. Patriotische Polizisten, die auf dem Land wohnen? Hungrige Typen, die gern für Ordnung sorgen? Dass seine Kreationen an Schwingerfesten und Bundesfeiern zum Einsatz kommen oder in Souvenirshops hängen, kann man sich ja noch vorstellen. Luftfahrt-Fans – der 47-Jährige ist als Helikopter-Pilot selbst einer, sein Unternehmen vermittelt Flüge in Deutschland, Österreich und der Schweiz – gehören ebenfalls zu seiner Zielgruppe. Langs Lieblings-Shirt zeigt die schwungvollen Linien, die auf Flugzeugen der Kunstflugstaffel «Patrouille Suisse» zu sehen sind. Wie die anderen Kleidungsstücke offenbart es beim näheren Hinsehen interessante Details. Die Farben sind nicht gedruckt. Stattdessen sind die verschiedenen Stoffteile aufwendig vernäht. An anderen Stücken fallen Reissverschlüsse oder kunstvolle Applikationen auf. Letztere hat er «Edelschweiz» getauft.
Mehr Schweizerkreuz geht nicht
Kundschaft gibt es definitiv dafür, sagt Lang. Die Verkaufszahlen sind eigenen Angaben nach, gut. Die Followerzahlen auf seinen Sozialen Kanälen auch, sie sind fünfstellig. Einige Hoodies seien gar ausverkauft – obwohl es die Teile bislang nur über den Onlineshop gibt. So konnte er die Kosten der ersten Bestellung, immerhin 4000 Stück, bereits wieder einnehmen und eine zweite Bestellung aufgeben. Sein Ziel ist es, die Marke in der ganzen Schweiz bekannt zu machen und Arbeitsstellen und weitere Wertschöpfungsketten zu generieren. «Mit der Investition bin ich ein Risiko eingegangen», sagt der Unternehmer. «Etwas, das wohl die wenigsten wagen würden, noch dazu während einer Pandemie. Von daher freut es mich sehr, dass die Geschäftsidee funktioniert.»
Stefan Böker