Die kleinste Eulenart ist Vogel des Jahres 2021
19.02.2021 NaturDer Steinkauz ist stark gefährdet und vom Aussterben bedroht. Er könnte überleben, auch Projekte in der Region sollen dazu beitragen
Er ist die Miniaturausgabe der Eulen und in der Schweiz fast ausgestorben. Im Reusstal sind die letzten Steinkäuze vor 30 Jahren gesichtet ...
Der Steinkauz ist stark gefährdet und vom Aussterben bedroht. Er könnte überleben, auch Projekte in der Region sollen dazu beitragen
Er ist die Miniaturausgabe der Eulen und in der Schweiz fast ausgestorben. Im Reusstal sind die letzten Steinkäuze vor 30 Jahren gesichtet worden. Dies soll sich durch naturnahe Projekte wieder ändern.
Durch den Rückgang extensiv bewirtschafteter Hochstammobstgärten setzte seit den Fünfzigerjahren ein schneller Rückgang der Population von Steinkäuzen ein. In der Region wurden die letzten Exemplare vor 30 Jahren in Mellingen, in Birmenstorf vor 35 Jahren und vor 50 Jahren in Stetten gesehen. Der Steinkauz lebte in rund um die Dörfer angelegten Obstgärten, wie sie auf alten Fotos noch zu sehen sind. Sie fielen nach und nach der intensiven Landwirtschaft oder städtebaulichen Massnahmen zum Opfer. «Hochstammbäume waren oft ein Hindernis für die Landwirtschaft und nicht sehr rentabel», sagt Heinz Fellmann vom Natur- und Vogelschutzverein Birmenstorf. Er selber hat noch keinen Steinkauz zu Gesicht bekommen. Ein inzwischen verstorbenes Vereinsmitglied habe ihm aber gezeigt, erzählt er, wo der letzte Steinkauz in Birmenstorf gebrütet hatte. Der Obstbaum mit der Bruthöhle im Stamm befand sich in Birmenstorf beim «Kreuz».
Miniaturausgabe unter den Eulen
Birdlife Schweiz hat den Steinkauz nun zum Vogel des Jahres 2021 gewählt. Der bis zu 23 Zentimeter grosse Kauz ist nicht nur in der Nacht, sondern auch am Tag unterwegs. Sein typischer Eulenruf ist in der Schweiz allerdings fast verstummt. Er steht nicht nur auf der roten Liste, er ist auch stark gefährdet. Der Tiefpunkt des Bestandes war vor 20 Jahren, als dieser Kauz kurz vor dem Aussterben stand: Es gab gerade noch 50 Brutpaare.
Dank Förderprojekten von Birdlife Schweiz und zahlreichen Partnern konnte die Entwicklung umgekehrt werden. 2020 konnten wieder 149 rufende Männchen gezählt werden. In der Schweiz sind sie in den Eichenhainen des Kantons Genf, den Hochstamm-Obstgärten der Ajoie im Kanton Jura, den Tieflagen des Tessins und im Seeland (Bern/Freiburg) anzutreffen. Erfreulich ist, dass Vögel bereits von Deutschland bis an die Schweizer Grenze vorgestossen sind, einzelne Sichtungen gab es auch im Fricktal. Das lässt hoffen, dass der Steinkauz dank Naturförderprojekten auch bei uns wieder heimisch wird. Das dürfte aber eine Weile dauern.
Projekte auch im Reusstal
Der Steinkauz brütet nur in der Nachbarschaft anderer Steinkäuze. «Junge Steinkäuze brüten in der Nähe ihrer Eltern, deshalb dauert seine Verbreitung länger», sagt Lukas Merkelbach von Birdlife Schweiz. «Wir warten schon länger darauf, dass der Steinkauz über den Rhein auf die Schweizerseite vorstösst.» Deshalb werden Projekte gefördert, die auch anderen Vögeln und Kleinlebewesen zugutekommen. Verschiedene Projekte werden von örtlichen Natur- und Vogelschutzvereinen realisiert.
Auch in der Landwirtschaft gibt es Ansätze, um Natur und Bewirtschaftung in Einklang zu bringen. Wichtig für die Wiederansiedlung des Steinkauzes ist, dass das gesamte Umfeld stimmt. Dazu gehören Hochstammbäume in naturnahen Wiesen mit Buschhecken in der Nähe. Zusätzlich müssen Korridore geschaffen werden, damit sich die Vögel weiter verbreiten können.
«Es wäre eine Sensation, wenn in unserer Region wieder ein Steinkauz gesehen würde», sagt dennoch Alois Vogler, Präsident Natur- und Vogelschutzverein Stetten. «Bei uns gab es vor einem halben Jahrhundert Sichtungen in Stetten. «Es reicht nicht, dass es einen Obstbaum hat», sagt Vogler. «Nötig ist eine naturnahe Umgebung, damit der Steinkauz genügend Futter wie Mäuse, Reptilien und Insekten für seine Brut findet.»
Hecken und Bäume pflanzen
Die Mitglieder der regionalen Naturund Vogelschutzvereine pflanzen jedes Jahr kostenlos Hochstammobstbäume, legen Hecken an und pflegen Naturwiesen. «Wir pflanzen regelmässig mit Schulkindern Bäume und Hecken», sagt Thomas Lang, Präsident Natur- und Vogelschutz Mellingen. Das nützt allen Vögeln und Kleinlebewesen. Sollte der Steinkauz näher rücken, würden die Vereinsmitglieder der lokalen Vereine spezielle Nisthöhlen, die mardersicher und 60 Zentimeter lang sind, an Bäume hängen. Das wird bereits für den noch bei uns heimischen Waldkauz gemacht. Er kommt bei uns noch häufiger vor. Im Gegensatz zum Steinkauz, lebt er im Wald und ist nachtaktiv.
Debora Gattlen