Trinkwasser in der Region sicherstellen

Fr, 02. Apr. 2021

Der regionale Wasserverbund «Ring 2035» geht in diesem Jahr in die entscheidende Phase

Im Verbreitungsgebiet des «Reussbote» planen sechs Gemeinden, beim «Ring 2035» mitzumachen. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger entscheiden noch in diesem Jahr, ob der regionale Wasserverbund Bünztal Reusstal Wirklichkeit wird.

Ich bin sehr zuversichtlich», sagt Peter Lehmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung der IB Wohlen AG (ibw) und Initiator des Projekts «Wasser 2035». «In den letzten Monaten habe ich den Eindruck gewonnen, dass die beteiligten Gemeinden hinter dem Projekt stehen.» Denn grundsätzlich sei allen klar: Wird heute nicht gehandelt, ist die Versorgung mit Trinkwasser in der Region langfristig nicht gewährleistet.
An Spitzentagen, so haben die Experten und Expertinnen errechnet, fehlen beträchtliche Wassermengen in der Region. Im Jahr 2035 könnten das an einem solchen Tag voraussichtlich 7,7 Millionen Liter (rund 12 Prozent des Bedarfs) und im Jahr 2050 21,8 Millionen Liter (rund 28 Prozent des Bedarfs) sein. Hauptgründe seien das zunehmende Bevölkerungswachstum sowie der steigende Bedarf an Wasser durch die Landwirtschaft.

Ständiger Austausch mit den Gemeinden
Seit acht Jahren arbeiten die Verantwortlichen an der Vision eines «Wasserrings» durch das Bünz- und Reusstal: «Wir haben in dieser Zeit viel gelernt», sagt Martin Schibli, Geschäftsführer der Waldburger Ingenieure AG und Projektleiter von «Wasser 2035». «Im engen Austausch mit den beteiligten Gemeinden und Wasserversorgungen haben wir das Projekt ständig verfeinert und sind überzeugt, heute eine durchdachte und tragfähige Lösung zu haben, welche die Trinkwasserversorgung auf Jahrzehnte hinaus sichert.»
Nun folgen die Monate der Entscheidung: 24 Gemeinden sind beteiligt. Zwei Drittel von 22 der beteiligten Gemeinden legen die Teilnahme an der «Interkommunalen Anstalt Wasser 2035» – so die offizielle Bezeichnung der künftigen Dachorganisation – voraussichtlich an den Gemeindeversammlungen im Sommer zur Abstimmung vor, darunter Tägerig am 8. Juni, Wohlenschwil am 11. Juni, Niederwil am 22. Juni sowie Fischbach-Göslikon und Mellingen am 24. Juni. Die übrigen folgen bis Ende Jahr, so auch Mägenwil, wo es am 3. Dezember zur Abstimmung kommt. Bei den privatrechtlich organisierten Wasserversorgungen in Lenzburg und Wohlen ist keine Volksabstimmung erforderlich.
«Mit der interkommunalen Anstalt haben wir eine Rechtsform gefunden, die eine optimale Basis für die Zusammenarbeit bietet», sagt Martin Schibli. «Die Gemeinden bleiben jedoch in jeder Hinsicht autonom und haben selbstverständlich auch künftig die Hoheit über ihre eigenen Anlagen und Leitungen.»
Die IKA baut den Ring. Die gesamten Investitionen für den Ausbau des Ringsystems werden auf 23,6 Millionen Franken bis zum Planungsziel 1 (2035) sowie auf weitere 6,3 Millionen Franken bis zum Planungsziel 2 (2050) veranschlagt. Dazu nimmt die IKA auch Fremdkapital auf. Ab Ringanschluss sind die Gemeinden verantwortlich.
Ursprünglich war eine andere Rechtsform vorgesehen: Den Einwohnerinnen und Einwohnern eine Aktiengesellschaft als Wasserversorger «schmackhaft» zu machen, wurde von vielen Gemeinden als schwierig eingeschätzt. Darum wurden die Pläne nochmals überarbeitet.

Transparente Information
Damit sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger schon vorab über das Projekt «Wasser 2035» informieren können, haben die Verantwortlichen die Webseite wasser2035.ch mit allen wichtigen Informationen publiziert. Dort sind auch die finanziellen Auswirkungen ersichtlich: Eine Gemeinde wie Mellingen wird mit 445 000 Franken Startkapital rechnen müssen. Der jährliche Mitgliederbeitrag errechnet sich nach der Einwohnerzahl einer Gemeinde – einen Franken pro Person. In Mellingen wären das also derzeit über 6500 Franken. Dazu kommen der sogenannte Versorgungspreis von 24 383 Franken, der sogenannte Leistungspreis von 32 500 Franken und der effektive Arbeitspreis von 14 908 Franken. Die jährliche Bezugsmenge für Mellingen wird auf 64,816 Mio. Liter geschätzt.

Infoveranstaltungen im Mai
Die Gemeinden, in denen die Gemeindeversammlungen über das Projekt befinden, konnten zudem Informationsflyer zur Abgabe an die Bevölkerung bestellen. «Transparenz ist uns sehr wichtig», sagt Peter Lehmann. «Jede Gemeinde wird in einem Botschaftstext darüber informieren, was ‹Wasser 2035› für ihre Einwohnerinnen und Einwohner bedeutet.» Für den 26. und 27. Mai 2021 sind zudem zwei öffentliche Informationsveranstaltungen im Bünz- und im Reusstal geplant – wie und wo sie genau durchgeführt werden, ist aufgrund der unsicheren Entwicklung der Coronavirus-Pandemie noch in Abklärung.
«In den vergangenen Jahren mussten an heissen Sommertagen immer wieder Aufrufe zum Wassersparen erlassen werden», sagt Martin Schibli abschliessend. «Und natürlich müssen wir auch künftig achtsam mit der wertvollen Ressource Wasser umgehen. Aber mit dem Projekt ‹Wasser 2035› können die Menschen auf Jahre hinaus sicher sein, dass sie nicht plötzlich auf dem Trockenen sitzen werden. Entsprechend hoffen wir auf ein deutliches ‹Ja› an den bevorstehenden Gemeindeversammlungen.»

«Mellingen braucht Wasser»
Gemeinderat Beat Gomes erklärt auf Nachfrage, warum das Projekt für Mellingen wichtig ist: «Das ist ein Generationenprojekt. Da sollte man eine gewisse Solidarität beweisen.» Trotz Studien durch Wasseringenieure könne man nicht wissen, wie die Situation in 30 Jahren aussieht, unter anderem sei das Klima ein Unsicherheitsfaktor. Darum: «Die Wasserversorgung auf lange Sicht zu sichern, ist wichtig», stellt Gomes klar. Derzeit ist man mit Baden im Verbund, eine Vertragsverlängerung bis 2045 ist in Arbeit. Was aber passiert, wenn diese eine Leitung, an der Mellingen und weitere Gemeinden hängen, durch ein Naturunglück versiegt? «Trotz Reuss haben wir wenig Wasser in Mellingen», sagt Gomes. «Darum gab es an heissen Sommertagen in der Vergangenheit drastische Rationierungen. Mit dem Ring haben wir eine weitere Option im Notfall.» Die angegebenen Kosten seien noch Annahmen. Sicher sei aber, dass das Wasser teurer werde. «Wir müssen ja schliesslich für die Anschlussleitungen sorgen», so Gemeinderat Gomes.
Auch Gemeinderat Norbert Ender aus Niederwil steht voll hinter dem Projekt. Zusammen mit Fischbach-Göslikon hat seine Gemeinde kürzlich eine Infoveranstaltung zum Thema organisiert (mehr dazu in der kommenden Ausgabe des «Reussbote»). (zVg/sb)


Projekt «Ring 2035»

Das auf Initiative der IB Wohlen AG (ibw) entstandene und Anfang 2016 der Öffentlichkeit erstmals vorgestellte Projekt «Wasser 2035» sieht vor, die bestehende Wassertransportleitung durch das Bünztal mit einer neuen Leitung durch das Reusstal zu einem «Wasserring» zu ergänzen. Damit erhalten alle 24 am Projekt beteiligten Gemeinden und Wasserverbände Anschluss an das Grundwasserpumpwerk Hard II bei Niederlenz – und damit an die mächtigen Grundwasserströme des Aaretals und des Seetals. Dieser Ring erhöht die Versorgungssicherheit, weil etwa bei einem Ausfall einer der beiden Transportleitungen das Bünz- und das Reusstal weiterhin vom jeweils anderen Tal her mit Wasser versorgt werden können.
Die bestehenden Wassergewinnungsanlagen der Gemeinden würden in das Ringsystem integriert und punktuell ausgebaut. (zVg) 

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