«Der Riese funkte in meinen Coiffeursalon!»
21.05.2021 Oberrohrdorf-Staretschwil, Region Rohrdorferberg50 Jahre «Hairteam Notter», Coiffeursalon Herren und Damen. Albin Notter persönlich: 120 000 Frisuren, 32 Lehrlinge
«Mehr Licht für die Welt.» Albin Notters Ruhe im Angesicht seiner Kunden im Coiffeurstuhl trügt. Seine Mutter nannte ihn einen Kämpfer. ...
50 Jahre «Hairteam Notter», Coiffeursalon Herren und Damen. Albin Notter persönlich: 120 000 Frisuren, 32 Lehrlinge
«Mehr Licht für die Welt.» Albin Notters Ruhe im Angesicht seiner Kunden im Coiffeurstuhl trügt. Seine Mutter nannte ihn einen Kämpfer. Darin liegt der Grund des Oberrohrdorfer Mammut-Christbaums.
Die Gründung seines Coiffeursalons am 31. März 1971 im Oberrohrdorfer «Zentrum 1» beschied dem jungen Berufsmann die Nachbarschaft eines mächtigen Baumes in Felix Näfs Garten. Der geografische Zusammenfall sollte für die Gemeinde schicksalhaft werden, wenn auch erst nach 33 Jahren. 2004 brannte Albin Notters Tatendrang mit ihm durch, und er erhob unter dem Motto «Mehr Licht für die Welt!» den 130-jährigen Mammutbaum erstmals mit 2000 Lämpchen zum leuchtenden Friedensmal über dem weihnächtlichen Reusstal. Zur grossen Geburtsfreude der Bevölkerung und zum Wohle des «Hauses Morgenstern», das 12 500 Franken Erlös als Spende erhielt.
«Ich kann einfach nicht nichts tun.»
Weniger elegant war Albins eigene Geburt am 4. Juni 1948 als zweites der vier Kinder von Albin Senior und Marlies in Niederrohrdorf gewesen, eine «Kampfgeburt». Entsprechend fiel der zähe Neubürger alsobald durch seinen «Drive» auf: Sein Normalgang war der Sprint, das Gehen erlernte er erst als zweites. Hier wuchs ein Sportler heran. Daneben nahm er Klavierstunden – weil sein Vater, Klarinettist in der Harmonie Rohrdorf, wünschte, dass jedes seiner Kinder mindestens ein Instrument spielte. Dankbar ist Albin seinen Eltern auch für das «Überbrückungsjahr» nach der Sekundarschule. Im Collège Sainte Marie in Martigny (VS) schuf er neben viel Spiel und Sport im Französisch-, Italienischund Englischunterricht eine solide Basis fürs Leben.
Start im Eilzugstempo
Pikant: Schon immer hatte Albin seinen Kollegen zum Plausch die Haare geschnitten – doch der entscheidende Kick kam vom Berufsberater. Von da an ging‘s «mit dem Leben B» zügig voran. Coiffeurlehre bei Bösiger in Baden, Infanterie-RS als Füsilier in Aarau. Erstes Angestelltenjahr bei Rütimann in Dietikon, Lokalangebot samt Wohnung im «Zentrum 1» von Bauunternehmer Guerra. Hilfe von der Bank im selben Haus – Geschäftsgründung vor dem 23. Geburtstag in Oberrohrdorf – Meisterprüfung mit 30. Note 5,4. In Buchhaltung der Beste.
Vom Schwimmen in der Reuss auf die «Route 66» in den USA
Sport und Gesundheit bestimmen Albin Notters Leben. Was er heute Fitness nennt, war für den Knaben das Schwimmen in der Reuss im Sommer und das Eishockey als linker Stürmer beim SC Niederrohrdorf im Winter. Nicht zu verschweigen das Velofahren, das hatte er schon in die Wiege mitgekriegt und betrieb und betreibt es noch immer täglich, nicht ganz frei von Knochenbrüchen (am schlimmsten 2006: Becken, Rippen, Schlüsselbein in Tateinheit. Spital Muri, Reha Schinznach, Rollstuhl). Kaum berechtigt, erwarb er 1966 beim Veloclub Gippingen die Lizenz für Junioren und Amateure und bestritt fortan bis zur Geschäftseröffnung Radrennen. Ab seinem privaten Umzug nach Meisterschwanden bewältigte er 25 Jahre lang von Frühling bis Herbst seinen Arbeitsweg von genau 40 Kilometern hin und zurück auf dem Sattel. Schon bald kam ein Motorrad dazu. Der tödliche Töffunfall seines jüngsten Bruders im Alter von 21 Jahren anno 1979 vermochte zwar Albins Enthusiasmus lange Zeit zu dämpfen. Doch er kehrte auf die Strasse zurück und eroberte unter anderem drei weltberühmte Routen in den USA. Sein aktuelles Gefährt ist eine «Triumph Rocket III», 2,3 Liter, 400 Kilogramm. Albins «volles Programm» enthält schliesslich auch Bergwanderungen und Törns mit der eigenen Jolle auf dem Hallwilersee, beides am liebsten mit seiner Frau.
«My Home is my Castle»
Als Privatmann ist der Coiffeurmeister musikalisch sowie handwerklich und gesellschaftlich aktiv. Seine fünf Jahre Klavierunterricht in der Jugend kultiviert er durch das gelegentliche Einüben einzelner Musikstücke, zur Zeit Beethovens Mondscheinsonate – der Counterpart zu seiner Rolle als Posaunist in der Bänkli-Clique. An seinem 40. Geburtstag heiratete er seinen Schwarm Brigitte Senn, mit welcher er schon 1984 sein neues Heim in Meisterschwanden bezogen hatte. Dort entwickelte er sich zum Faktotum für Ergänzungen, Modernisierungen, Verschönerungen: Neue Böden, Storen, Sonnenkollektoren, Wärmepumpe, Remise, Garage? Selbstverständlich. Aber ein «Schildkrötengehege als Auffanglager für Asyltiere», in der Grösse von 150 Quadratmetern mit sieben Ganzjahresrunterständen für 50 Tiere – das gibt‘s weit und breit nur bei Notters! Und dem allem zum Trotz: Den Tagesablauf diktiert ein liebenswürdig-anspruchsvoller Hund namens Oona (wie seinerzeit Charlie Chaplins 37 Jahre jüngere Gattin).
50 Jahre nach dem Geschäftsstart – im Jahre 17 der Christbaumtradition
Albin Notters Coiffeursalon für Damen und Herren wurde soeben 50 Jahre alt, «ohne Rambazamba» zwar, dafür in komplett neuem stilvollen Interieur an der seit dem Umzug von 1995 gültigen Adresse Ringstrasse 3. Damit ist «das Haus» mit seinen fünf Angestellten, darunter zwei Lehrlingen, für die Zukunft bestens bestellt. Der Mammutbaum aber ist nach zehn Weihnachtsbeleuchtungen in elf Jahren anno 2015 an Pilzbefall erkrankt und musste «eingeschläfert» werden. Sein Rumpf schwebt heute als buntfarbene Skulptur von Stephan Schmidlin («Schmirinskis») in Wetzikon ZH. Seine Nachfolge als Christbaum hat unter der Schirmherrschaft der Elektra Oberrohrdorf der 12 Meter kleinere Thuja Baum im Gärtchen der Hypobank übernommen. Die Fortsetzung der Tradition ist gesichert. Der Initiant der Idee unter dem Wahlspruch «Mehr Licht für die Welt», Albin Notter, betreut mit unerschütterlich-jugendlicher Verve die alljährliche Gesamtorganisation, die Dekoration und die Montage der Weihnachtslichter.
Hans Rudolf Wehrli