Alles fährt Rad — der Veloboom hat auch Tücken

Fr, 21. Mai. 2021

Fislisbach: Die Nachfrage nach neuen Velos ist seit Beginn der Corona-Pandemie hoch. Die Lieferfristen bei den Herstellern sind deshalb lange

Der Vorplatz des Velogeschäftes ist mit grossen Kartonschachteln vollgestellt. Just kam eine Lieferung Velos von einem Schweizer Hersteller an. Lucien Peterhans, Inhaber Velo Franz, hat sie vor einem Jahr im August bestellt. Die meisten sind bereits reserviert.

Der Voloboom ist ungebremst. Eine halbe Million Fahrräder gingen letztes Jahr über Schweizer Ladentische. Das spürt auch Lucien Peterhans. «Wir haben so etwas in unserer 40-jährigen Firmengeschichte noch nie erlebt», sagt er. Seit über einem Jahr ist die Nachfrage sehr gross – um rund 30 Prozent ist der Verkauf bei Velo Franz gestiegen. «Wir waren zwischenzeitlich ausverkauft», sagt er. Zusätzlich konnte sich das Team vor Reparaturaufträgen fast nicht retten. Alle vier Reparaturplätze sind Nonstop belegt. Alle Kundenwünsche abzudecken ist deshalb eine Herausforderung, zumal zwischendurch auch Ersatzteile knapp sind. Wo Peterhans früher bei einem Hersteller fündig wurde, muss er nun bei verschiedenen Anbietern nachfragen. Das Durchforsten der Internetseiten ist ein aufwendiges Muss.

Viele satteln auf E-Bikes um
Wegen der grossen Nachfrage nach neuen Velos gibt es seit der Pandemie lange Lieferfristen bei den Herstellern. Ob der Boom auch weiter anhält ist wie Lesen in der Kristallkugel. Man geht davon aus, dass sich die Nachfrage wieder einpendelt. Aktuell muss wegen den langen Lieferfristen immer früher bestellt werden. Peterhans hat bereits die Bestellung für das nächste Jahr in Auftrag gegeben.
Der Trend geht klar zum E-Bike. Sie machen bereits 60 Prozent der verkauften Velos aus. Der Rest wird aufgeteilt auf Rennvelos und Bikes. So ist es nicht weiter erstaunlich, dass die neueste Lieferung des Schweizer Herstellers aus der Ostschweiz E-Bikes beinhalten. Obwohl Peterhans die Bestellung letzten August in Auftrag gab, kam nur eine Teillieferung. 70 Prozent davon ist bereits reserviert und wird von der Kundschaft sehnsüchtig erwartet. Inzwischen haben die Velo-Hersteller ihre Produktion hochgefahren. Trotzdem reicht das immer noch nicht, die enorme Nachfrage abzudecken.

Trotz Lockdown auf Probefahrt
Inzwischen können bei Velo Franz die Velos im Verkaufsraum wieder angeschaut werden und man kann sich auch beraten lassen. Eine Probefahrt rundet das Ganze ab. Das war im letzten Frühjahr während des Lockdowns nicht möglich. Nebst dem Onlinestellen der Velos, beriet Peterhans die Kundschaft am Telefon und stellte zur vereinbarten Zeit die Fahrräder zur Probefahrt vor den Laden. «Für uns ist das Frühjahr die Hauptsaison für den Verkauf», sagt Peterhans. Dank der angepassten Verkaufsstrategie, spürte das Geschäft den Lockdown kaum. «Wir konnten fast alles verkaufen, inklusive Lagerbestand.» Der Boom musste aber auch von den Mitarbeitenden bewältigt werden. «Die Angestellten mussten wegen den vielen Reparaturen sehr viele Überstunden leisten», sagt er. «Ein Mitarbeiter kompensierte im letzten November einen Monat dieser Zeit.» Mehr Helfer einstellen, konnte Peterhans wegen den beschränkten Platzverhältnissen in der Werkstatt nicht. Zudem sind Velomechaniker inzwischen auf dem Arbeitsmarkt rar. Das führte dazu, dass Kunden sich für eine Reparatur während des Lockdowns bis zu fünf Wochen gedulden mussten. «Es gab einige, die ihr 20 Jahre altes Velo aus dem Keller holten und in den Service brachten, das älteste war ein 40-jähriges Rennvelo», erzählt Peterhans. Da die Medien über die Verzögerungen berichteten, hätten die meisten Kunden Verständnis gehabt. Um Wartefristen in diesem Frühjahr zu umgehen, haben viele den Service in die Wintermonate vorverlegt. Eine angenehme Nebenerscheinung, welche Peterhans sich auch für die Zukunft wünscht.

Velogeschäft seit 40 Jahren
Das Velogeschäft gründete Vater Franz Peterhans. Früher wurden auch Mofas repariert. Lucien Peterhans übernahm das Geschäft vor zwei Jahren zusammen mit seiner Frau Ellen, die für die Administration verantwortlich ist. Peterhans ist gelernter Polymechaniker. Nach der RS arbeitete er im Teilzeitpensum im elterlichen Betrieb. So konnte er sich auf seine Bike-Karriere fokussieren. Er fuhr Bike-Langstreckenrennen. Dreimal war er an der WM mit dabei. Heute fährt er nur noch als Hobby. Oft zusammen mit seiner Frau. Seine Leidenschaft für das Velofahren ist ungebrochen. Ob das nach Corona für Neueinsteiger ebenfalls gilt oder ob das Velo für die nächsten Jahre in den Keller gestellt wird, wird sich weisen. Bleibt zu hoffen, dass der Veloboom keine Eintags(corona)fliege war.

Debora Gattlen

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