Andreas Glarner hält zu Grossrat Roger Fessler

Di, 29. Jun. 2021

Mittlerweile gibt es Reaktionen von mehreren Seiten zur E-Mail-Affaire des Gemeinderats Roger Fessler

In einem offiziellen Statement zeigt sich der Mellinger Gemeinderat enttäuscht vom Verhalten des ehemaligen Kollegen. Fesslers Rücktritt sei unumgänglich gewesen. Das sehen auch die Mellinger Ortsparteien so. Allein die SVP-Parteispitze deckt ihrem Grossrat den Rücken.

Am Donnerstagabend nach der Gemeindeversammlung hatten nur Györgyi Schaeffer und Beat Gomes Zeit für ein schnelles Gespräch. «Ich muss das erst verarbeiten», schickte Gemeinderat Gomes gleich voraus. «Etwas Druckreifes sagen, kann ich jetzt noch nicht.» Er habe von Roger Fesslers Vergehen am Morgen erfahren und erschüttert und fassungslos reagiert. Er sei sich sicher, dass die Tragweite des Ganzen grösser ist, als viele annehmen. Aber Gomes zeigte sich auch ein bisschen erleichtert. Vielleicht kann nun wieder Normalität im Mellinger Gemeinderat einkehren. Das hofft auch Gemeinderätin Schaeffer. Es habe eine Atmosphäre geherrscht, in der sich alle gegenseitig verdächtigten. «Wir ahnten schon länger, dass die anonymen Mails aus dem Rathaus kamen», sagte sie.
Am Freitagmorgen versendete Gemeindeammann Bruno Gretener (FDP) eine Mitteilung, in der er für den gesamten Gemeinderat spricht. Enttäuscht habe man zur Kenntnis genommen, «dass Kollege Roger Fessler während eineinhalb Jahren anonyme Nachrichten mit teils fragwürdigem Inhalt an Medien und verschiedene Personen geschickt hat.» Sein Verhalten stelle einen «klaren Vetrauensbruch» dar und würde die weitere Zusammenarbeit im Gemeinderat und mit der Verwaltung sehr belasten. Obwohl Roger Fessler seinen Fehler eingesehen und sich dafür entschuldigt habe, sei sein Rücktritt aus Sicht des Mellinger Gemeinderats «unumgänglich». Die Mitteilung endet mit Dank an den zurückgetretenen Gemeinderat für seine engagierte Arbeit in den letzten dreieinhalb Jahren sowie besten Wünschen für die Zukunft. Persönlich möchte sich Gemeindeammann Gretener nicht zur E-Mail-Affäre Roger Fesslers äussern. Greteners Aussagen vom Mai, in denen er seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur begründete, müssen genügen. Damals nannte er unter anderem «interne Differenzen, ständige Indiskretionen und nicht abgesprochene Aktivitäten einzelner Ratsmitglieder», aber auch die «einseitige und unfaire Berichterstattung» des «Reussbote». Jetzt sagt er: «Dieser Vorfall bestätigt und bekräftigt mich in meinem Entscheid.» Es sei ihm aber ein Anliegen, sein Amt bis zum Ende der Amtsperiode anständig und korrekt auszuüben.
Vizeammann René Furter beklagt den plötzlichen Abgang seines Parteikollegen. «Ich bedaure den Rücktritt sehr», schreibt er am Freitagmorgen. «Der Gemeinderat und Mellingen verlieren dadurch einen kompetenten, engagierten sowie umgänglichen Kollegen.» Die anonymen Mails will Furter nicht kommentieren.

«Jeder macht mal Fehler»
Definitiv alles für halb so wild hält Andreas Glarner, der Aargauer SVP-Präsident. «Solche Geschehnisse kommen vor. Es ist eine Dummheit, die nicht hätte passieren dürfen, eine höchst unschöne Sache, die sich nicht gehört – aber auch nicht mehr», sagt er auf Anfrage. Fessler habe ihm als einem der ersten gebeichtet und auf seinen Rat hin die richtigen Konsequenzen aus seinen Handlungen gezogen. Der Rücktritt aus dem Mellinger Gemeinderat sei richtig gewesen. «Als Grossrat muss Roger Fessler aber nicht zurücktreten», findet Glarner persönlich. «Jeder macht mal Fehler.» Klar sei allerdings, dass die Medien ihn nun vor sich her treiben werden «wie ein waidwundes Reh, denn er ist ja in der SVP, nicht in der SP».

Wie geht es nun weiter?
Vor den Wahlen im Herbst erwischt der Rücktritt die Mellinger Ortsparteien auf dem falschen Fuss. Nun müssen drei Sitze neu besetzt werden. Für Hanspeter Koch, Vorstand von Die Mitte, jedoch kein Weltuntergang. Er sieht es als Chance an. Die Mitte werde sicher mit einer Kandidatin oder einem Kandidaten antreten. Auch über die Plattform «IG-Impuls-Mellingen21» habe man frühzeitig mobilisiert. «Ich meine, wir können auch von der IG mit Kandidaturen rechnen.» Koch zeigt sich enttäuscht von den anonymen Mails. Er habe mit Fessler, bei allen Differenzen, immer verlässlich zusammengearbeitet. Auch Koch gehörte zu den Adressaten. «Solche Mails öffne ich selbstverständlich nicht, dann ist die Sache für mich erledigt.»
«Überrascht, perplex, und bodenlos enttäuscht», ist Mirjam Egloff, Präsidentin der FDP Mellingen. Sie ist der Meinung, Roger Fessler müsste auch von allen anderen Ämtern zurücktreten. «Das ist aber meine persönliche Meinung, eine offizielle Haltung der FDP Mellingen haben wir noch nicht besprochen», sagt sie. Auch sie habe Fessler stets als konstruktiv und lösungsorientiert erlebt.
«Was Roger Fessler getan hat, halte ich für höchst problematisch, vor allem weil er scheinbar rein aus Eigennutz gehandelt hat», sagt Tizian Künzler, SP Mellingen-Wohlenschwil-Mägenwil. Interna aus diesem Grund zu verraten, wiege schwer. Der Rücktritt als Gemeinderat sei darum richtig gewesen. Wie die SP nun reagiert, müsse man noch diskutieren. «Momentan habe wir keine Personen, die wir aufstellen können», so Künzler.
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Stefan Böker

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