Trotz Lehrermangel alle Stellen besetzt
30.07.2021 Region ReusstalLehrpersonen sind im Kanton Aargau sehr gefragt. Der «Reussbote» hakte bei den Schulen nach
Der Stellenmarkt ist für Lehrpersonen ausgedörrt. Die Schulleitungen der Region zogen alle Register, um vakante Stellen zu besetzen. Sie hoffen, dass in Zukunft der Lehrerberuf ...
Lehrpersonen sind im Kanton Aargau sehr gefragt. Der «Reussbote» hakte bei den Schulen nach
Der Stellenmarkt ist für Lehrpersonen ausgedörrt. Die Schulleitungen der Region zogen alle Register, um vakante Stellen zu besetzen. Sie hoffen, dass in Zukunft der Lehrerberuf bei der Berufswahl wieder attraktiver wird.
Im Mai waren im Kanton Aargau noch 200 Stellen nicht besetzt. Der «Reussbote» fragte bei den Schulen im Einzugsgebiet nach, ob nach dem Sommer alle Schulklassen mit einer Lehrperson starten können. «Wir konnten alle Abgänge besetzen», sagt Felix Burkard, Co-Schulleiter der Primarschule Mellingen-Wohlenschwil. «Und das trotz drei zusätzlichen Schulklassen für das Schuljahr 2021/22.» Um die Vakanzen zu decken, suchte die Schulleitung bereits ab Januar nach Ersatz. «Wir machten die Erfahrung, dass es einfacher ist, Stellen zu besetzen, wenn man früh dran ist», sagt er. «Zudem war auch Glück dabei, dass wir unter den wenigen Bewerbungen qualifizierte Lehrpersonen auswählen konnten.» Zwei Stellen wurden mit Studentinnen besetzt. «Gerade im aktuell ausgetrockneten Stellenmarkt ist diese Art von Nachwuchsförderung sehr wertvoll. Sie bietet die Chance, gute Lehrpersonen langfristig für unsere Schule zu gewinnen», so Burkard. Gemäss Aussagen von neu angestellten Lehrpersonen waren der gute Ruf der Schule, die zentrale Lage von Mellingen und die gute Anbindung an den ÖV wichtige Gründe für ihre Zusage. Damit sich die Bewerbenden auch ein Bild vom künftigen Kollegium machen können, sind beim Auswahlverfahren jeweils auch Lehrpersonen beteiligt.
Für die Primarschule Mellingen stehen aktuell noch andere Herausforderungen an. Da das neue Primarschulhaus erst nach den Herbstferien bezugsbereit ist, musste die Schulleitung eine Lösung für insgesamt sechs Klassen finden. Als Übergangslösung konnten unter anderem Räume beim ref. Kirchgemeindehaus zugemietet werden. Zusätzlich wurde die Bibliothek und Betreuungsräume zu Klassenräumen umfunktioniert. «Der Schulhausneubau war möglicherweise ebenfalls ein positives Argument sich für unsere Schule zu entscheiden», sagt Burkard. Er ist aber überzeugt, dass die neuen Lehrpersonen trotzdem mit grosser Freude starten werden, auch wenn sich der Bezug des Neubaus verzögert.
Schule muss sich verkaufen können
«Es wird immer wichtiger, dass sich Schulen als Arbeitgeber gut verkaufen», sagt David Erne, Schulleiter Primarstufe Niederwil. Das sei nicht immer einfach, da man noch nicht so viel Erfahrung darin habe. «Es ist beängstigend, wie wenig Lehrpersonen auf dem Arbeitsmarkt sind», sagt er. «Da die Auswahl beschränkt ist, muss man auch Kompromisse machen.» Dadurch gebe es viel mehr Teilzeitpensen, als angestrebt seien. Muss man dann das restliche Pensum decken, würden vor allem jüngere Lehrpersonen abspringen. Gut sei, dass ab 2022 die Löhne im Kanton Aargau für Lehrpersonen deutlich steigen. Trotzdem sind sie gemäss Kanton immer noch etwas tiefer als im Kanton Zürich. «Zum Glück ist bei Lehrpersonen nicht immer der monetäre Gedanke im Vordergrund, sondern die Überzeugung für den Beruf», so Erne. «An der Primarschule Niederwil haben wir versucht – ohne in Panik zu geraten – auf die richtigen Kandidatinnen zu warten. Nur wenige Tage vor den Sommerferien hatten wir dann alle Stellen besetzt.» Als Ausbildungsschule der PH Zug konnten auch zwei Studentinnen verpflichtet werden, die an der Schule bereits ein Praktikum absolvierten.
«Situation ist alarmierend»
Alle Primarschulen und Oberstufen im Einzugsgebiet des «Reussbote» konnten ihre Stellen besetzen. Diese positive Information sei aber nur die «halbe Wahrheit». «Ich finde die aktuelle Situation wirklich alarmierend», so Erne. Um den Lehrermangel aufzufangen, müsse der Beruf vor allem Schulabgängern wieder schmackhaft gemacht werden. «Der Lehrerberuf hat durchaus schöne Seiten, er sei kreativ und man habe viel Gestaltungsspielraum», findet er.
Der Kanton ist daran, die Situation, nebst der bereits beschlossenen Lohnanpassungen, zu verbessern. «Der Lehrermangel ist im ganzen deutschsprachigen Raum schon länger ein Thema und beschäftigt auch das Bildungsdepartement», sagt Departementssprecherin Simone Strub. Unter anderem will man auch den Quereinstieg unterstützen. «Gerade in Zeiten der Pandemie könnte der Lehrberuf als krisenresistente und erst noch sinnhafte Tätigkeit wieder an Bedeutung gewinnen», sagt sie. Grosser Mangel besteht immer noch bei Fachkräften in der Heilpädagogik. Bei der Stellenbesetzung von Lehrpersonen komme oft auch ein gutes Beziehungsnetz der Schulleitung zum Tragen. Kommt es trotzdem zu einer Notsituation, können in Absprache mit der Schulaufsicht vorübergehend zwei Klassen zusammengelegt oder das Wahlfachangebot eingeschränkt werden. Solche Massnahmen kommen aber nur selten vor.
Debora Gattlen