Das glückliche Ende einer langen Geschichte?
17.09.2021 Niederrohrdorf, Region RohrdorferbergAuf der Parzelle 511 im Weiherweg rücken nochmals die Bagger an. In zwei Wochen soll die letzte von insgesamt rund 125 Lkw-Fuhren mit schadstoffbelastetem Material entsorgt sein. Damit wäre die Totalsanierung, die Anwohner seit langem fordern, vollzogen. Das Ende eines zähen ...
Auf der Parzelle 511 im Weiherweg rücken nochmals die Bagger an. In zwei Wochen soll die letzte von insgesamt rund 125 Lkw-Fuhren mit schadstoffbelastetem Material entsorgt sein. Damit wäre die Totalsanierung, die Anwohner seit langem fordern, vollzogen. Das Ende eines zähen Ringens.
Nur der Name «Weiherweg» verrät noch, dass es hier einmal ein Gewässer gegeben haben muss. Der Weiher selbst ist längst zugeschüttet. Bis in die 1960er landete hier alles, was die Firma Egro, der das Areal früher gehörte, loswerden wollte. Wie man das eben damals so machte. Dass unter all dem Schutt auch gefährliche Schadstoffe sein könnten, liessen ehemalige Mitarbeiter durchsickern. Die Anwohner waren besorgt. Vor allem, seit klar war, dass die Egro Immo AG plante, auf dem Gelände ein Wohnund Gewerbehaus zu bauen: «Wir haben gesagt, wenn jetzt gebaut wird, dann soll man das auch entfernen», erklärt Ueli Schibli, der mit anderen Anwohnern eine Petition bei der Gemeinde einreichte. Die deponierten Abfälle sollten vollständig und fachgerecht entsorgt werden. «In kürzester Zeit hatten wir über 700 Unterschriften zusammen», erinnert sich Mitstreiter Roland Gränicher. Weil zusätzliche Sondierungsbohrungen, die die Gemeinde veranlasste, ebenfalls keine akute Gefährdung vermuten liess, erteilte der Kanton eine Baubewilligung – ohne Entsorgung der Altlasten. Stattdessen war ein Gebäude ohne Tiefgarage und den nötigen Aushub geplant, bei dem ein Betondeckel im Erdgeschoss als Parkplatz genutzt werden sollte. Eine Lösung, welche die Einsprecher nicht befriedigte. Ob die Investoren durch den massiven Widerstand verschreckt waren? Jedenfalls kam es im Anschluss zu Handwechseln des Grundstücks. Schliesslich lief die Baubewilligung ungenutzt aus.
Neue Baupläne mit Unterkellerung
2017 trat Harald Schwegler auf den Plan. Er entschied sich, die Parzelle mit seiner ImmoStar Home AG zu erwerben. Er sei Schritt für Schritt ins Baugewerbe hineingerutscht, berichtet der Bauherr: «Ich wollte einmal ein Bauprojekt vom Landerwerb bis zur Fertigstellung machen», erklärt er seine Motivation. Er sah ausserdem seine Chance, als eine Änderung der kommunalen Nutzungsplanung für das Gebiet anstand. Das Verfahren ist noch in der Prüfung durch den Gemeinderat und kommt im Beschlussfalle in die nächste Gemeindeversammlung. Wenn alles gut geht, soll das Gebäude künftig als reine Wohnfläche genutzt werden können. Ein Vorteil für den Investor. Die erneuten Baupläne – diesmal mit Unterkellerung – alarmierten abermals die Anwohner. Als Harald Schwegler und Architekt Bruno Poletti in der Einwendungsverhandlung jedoch ein Konzept präsentierten, das die Entsorgung unter strengen kantonalen Vorgaben sowie die Mitwirkung eines neutralen Fachbüros vorsah, wurden die Einwendungen schliesslich zurückgezogen. Im Dezember 2020 begann daraufhin der Aushub.
Totalsanierung bald abgeschlossen
Mittlerweile steht der Rohbau, Bezug ist im April. 2500 Tonnen belasteter Aushub sind zusammengekommen: «Wir haben mehr ausgehoben, als wir hätten müssen», erklärt Beat Mattmann von der Creato Genossenschaft für kreative Umweltplanung, der das Projekt begleitete. Denn Schwegler beschloss, nicht nur den Aushub für die Tiefgarage, sondern das komplette belastete Material auf dem Gelände abzutragen und entsorgen zu lassen. Eine Totalsanierung. Wenn in zwei Wochen alle Altlasten entfernt sind, kann somit beim Baudepartement beantragt werden, die Parzelle aus dem «Kataster der belasteten Standorte» zu streichen. So gering wie angenommen war die Belastung des Materials übrigens nicht. Zwar ging auch laut Mattmann keine akute Gefährdung der Umwelt von den Altlasten aus, solange sie im Boden lagerten, sobald man diese heraushole aber schon. Das gilt zum Beispiel für die Schwermetalle wie Zink, Kupfer, Blei oder Zinn, die sich im Schutt fanden: «Wenn sich das zersetzt, kann es Salz geben, das wird löslich und kann ins Grundwasser kommen», so Mattmann. Auch Kohlenwasserstoffe wie Benzin, Öl oder Lösungsmittel könnten theoretisch ins Grundwasser gelangen. Daher muss der gesamte belastete Aushub fachgerecht entsorgt werden.
Sonderabfall geht in die Niederlande
1300 Tonnen des Materials sind als stark belasteter Sonderabfall eingestuft. Dieser wird zum Teil von der Schweizer Spezialfirma Eberhard Recycling AG in Kloten sortiert. Das Meiste geht aber auf dem Rhein in die Niederlande – zur Sonderabfallverbrennung. Die Mehrkosten des Aushubs inklusive Entsorgung beziffert Schwegler auf rund 900 000 Franken. «Der Aushub hat ausserdem vier Monate gedauert», ergänzt Architekt Poletti. Normalerweise dauere das nur einen Monat. Dass sich eine solche Ideallösung für die jahrzehntelange Geschichte gefunden hat, freut Gemeindeammann Gregor Naef: «Das ist ganz im Sinne der Petitionäre», findet er. Und auch die Anwohner scheinen mit der Lösung zufrieden: «Für mich persönlich ist das gut», erklärt Roland Gränicher am Telefon auf Nachfrage. Ueli Schibli bringt es auf den Punkt: «Damit ist unsere Mission abgeschlossen.»
Michael Lux