Hebamme zu sein, ist ein Knochenjob

Di, 11. Jan. 2022

Deborah Höhener ist seit 2014 Hebamme aus Leidenschaft. Aktuell ist sie im Mutterschaftsurlaub

Noch nie sind im Aargau so viele Babys auf die Welt gekommen. Dass die Corona-Pandemie zu diesem Baby-Boom verhalf, wird vermutet. Hebamme Deborah Höhener ist ebenfalls Mutter geworden.

Im Jahr 2021 wurde im Kantonsspital Baden (KSB) ein Rekordjahr mit 1800 Geburten verzeichnet. Einem Teil half Deborah Höhener (31) auf die Welt. Im Moment geniesst sie noch bis im Februar ihren Mutterschaftsurlaub. «Der Job ist schön, ein Traumberuf, aber auch ein Knochenjob», sagt sie. Wegen der Schichtarbeit könne man die Freizeit nicht weit vorausplanen. Das würde sich auf das Privatleben nicht gerade förderlich auswirken. Trotzdem habe sie ihren Mann gefunden. Und dieser ist mächtig stolz auf seine Frau. «Er hat bereits gesagt, dass es schön wäre, wenn unsere Tochter ebenfalls Hebamme würde», sagt Höhener lachend. Bis jetzt scheint Leya (6 ½ Monate) nicht abgeneigt zu sein. Für das Foto nahm sie gleich selbst den Hebammenkoffer in die Hand. Diesen nimmt Höhener mit, wenn sie als freipraktizierende Hebamme unterwegs ist.

Hebamme direkt nach der Kanti
Direkt nach der Kanti absolvierte Deborah Höhener in Winterthur den vierjährigen Studiengang zur Hebamme mit Bachelor. Zwischendurch wurde sie als praktizierende Hebamme gefragt, ob sie selbst auch Mutter sei. «Ob eine Hebamme ihren Job gut macht, hängt nicht davon ab, ob sie selbst Mutter ist», sagt Höhener. Trotzdem findet sie es gut, dass sie durch die Geburt ihrer Tochter Leya im Juni, nun diese Erfahrung auch selbst machen konnte. Obwohl sie eine Spontangeburt wollte, musste sie mit einem Kaiserschnitt gebären. Sie macht allen Müttern Mut, dass für eine gute Mutter-Kind-Beziehung eine natürliche Geburt nicht zwingend ist. Wichtig sei nach der Geburt, diese Beziehung aufzubauen. Töchterchen Leya ist der Beweis. «Sie ist ein richtiges Mami-Baby», sagt Höhener. «Natürlich freut sie sich ebenfalls, wenn der Papi nach Hause kommt.»
Seit November arbeitet Höhener wieder als freischaffende Hebamme. Für sie ist diese Arbeit ein guter Ausgleich zu ihrer Festanstellung im KSB. «100 Prozent als Hebamme in einem Spital zu arbeiten ist auf Dauer sehr anstrengend», sagt sie. Seit zwei Jahren hat sie deshalb das Pensum beim KSB auf 80 Prozent reduziert. In der restlichen Zeit arbeitet sie seither als freipraktizierende Hebamme. Um mehr Zeit für ihre Tochter zu haben, wird sie künftig im KSB das Pensum auf 40 Prozent reduzieren. In dieser Zeit wird Leya durch nahe Verwandte betreut.

Nachbetreuung und Stillberatung
Die Arbeit als freipraktizierende Hebamme unterscheidet sich von ihrer Arbeit im KSB. Während im Spital die Geburt im Vordergrund steht, ist vor allem die Nachbetreuung nach der Geburt zentral. Früher waren die «Wöchnerinnen» eine Woche im Spital. Heute werden sie in der Regel nach drei bis vier Tagen nach Hause entlassen. Da sind vor allem bei Erstgebärenden viele Fragen vorhanden. Die freipraktizierende Hebamme kann Unsicherheiten nehmen und Sicherheit geben. Ein zentrales Thema ist das Stillen. «Wichtig ist vor allem Geduld und Ausdauer zu haben», rät Höhener. Bei ihren Hausbesuchen hat sie deshalb im Hebammenkoffer immer Hilfsmittel für das Stillen dabei. Zu ihren weiteren Aufgaben gehören das Wägen der Babys oder Blutentnahmen. Zusätzlich gibt sie auch Tipps und Tricks zum Wickeln und Baden des Babys weiter.

Hebamme zu sein ist sehr schön
Eine Geburt als Hebamme zu begleiten sei anstrengend, weil man die ganze Zeit körperlich und mental gefordert sei. «Während der Arbeitszeit kann es vorkommen das kaum Zeit zum Essen oder für den Gang auf die Toilette ist», sagt sie. Grundsätzlich kann jede Schwangere selbst wählen, wie sie gebären möchte. Viele würden eine Wassergeburt bevorzugen. Das sei aber nicht immer möglich. Schön findet es Höhener, wenn das Baby noch während ihrer Schicht auf die Welt kommt. Steht eine Geburt kurz nach der offiziellen Arbeitszeit bevor, können im KSB die Hebammen diese bis zu Ende begleiten. Nebst der aktiven Geburtshilfe, müssen immer mehr Büroarbeiten erledigt werden. Die Geburt wird exakt im Computer erfasst. Geht das nicht während der Geburt, wird dies danach erledigt. Der schönste Lohn für Höhener ist, wenn später Dankeskarten mit Babyfotos eintreffen.

Debora Gattlen

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