Am 20. Februar um 11 Uhr findet erstmals ein Fasnachtsgottesdienst in der katholischen Kirche statt
Der Fasnachtsgottesdienst ist ein Versuchsballon. Pfarrer Platunski will in der Pandemie etwas Fröhlichkeit zu den Menschen bringen und dabei christliche Traditionen in die Kirche ...
Am 20. Februar um 11 Uhr findet erstmals ein Fasnachtsgottesdienst in der katholischen Kirche statt
Der Fasnachtsgottesdienst ist ein Versuchsballon. Pfarrer Platunski will in der Pandemie etwas Fröhlichkeit zu den Menschen bringen und dabei christliche Traditionen in die Kirche zurückholen.
Eine «Räuberhöhle», wie manche vielleicht befürchteten, werde er nicht aus seiner Kirche machen, witzelt Jaruslaw Platunski. Seit gut einem halben Jahr ist der Pfarrer mit dem natürlichen Schalk im Nacken im Pastoralraum am Rohrdorferberg tätig. In seiner früheren Gemeinde im Kanton Luzern hat er bereits gute Erfahrungen mit Fasnachtsgottesdiensten gemacht. «Ich möchte aus dem Gottesdienst kein Theater machen», betont er. Es gehe auch nicht darum, die Kirche zu füllen. «Die Fasnacht ist in der Schweiz verflochten, mit der christlichen Tradition», erklärt der 53-Jährige. Das italienische Wort Carnevale bedeute «Lust des Fleisches» und bezeichne traditionell die Zeit vor Beginn der 40-tägigen Fastenzeit vor Ostern: «Warum sollen wir als Kirche also keinen Fasnachtsgottesdienst machen?»
Keine «trockenen Zwetschgen»
Eingeladen seien jedenfalls alle Menschen, die etwas mit christlichen Werten anfangen könnten, egal welcher Konfession und Herkunft, ob verkleidet oder nicht: «Es sind alle herzlich eingeladen. Wir starten eine neue Form der Fasnacht in Oberrohrdorf. Bringen Sie Ihre Ecken und Kanten mit – der Pfarrer ist auch aus Fleisch und Blut», lautet sein Aufruf. Ob das Angebot ankommt, darauf ist er selbst gespannt. Sein Programm will er dem Publikum entsprechend anpassen: «Ich möchte herausschmecken, wie die Leute hier sind.» Kämen eher «trockene Zwetschgen», werde er vielleicht den ein oder anderen Witz weglassen. Und von Witzen hat Platunski einige im Repertoire. Der studierte Psychologe lebte über 30 Jahre lang im Ausland, spricht sechs Sprachen und schöpft bei seinen Scherzen aus ebenso vielen Kulturkreisen. Beim rund 45-minütigen Fasnachtsgottesdienst ohne Kommunion werden unter anderem Texte aus dem Neuen Testament gelesen, die Platunski dann auf humorige Weise erklären will. Gleichzeitig gehe es auch darum, wo die Kirche heute stehe: «Wenn der Pfarrer über Pfarrer, christliche Moral und die Einstellung der Kirche Witze reissen kann, dann ist das eine Normalität des Lebens.» Es gehe dabei aber keinesfalls darum, jemanden zu beleidigen oder gar über Gott zu lästern. «In jedem Witz gibt es auch eine tiefere Wahrheit», findet der Seelsorger. Besonders bibelfest müssten die Besucher aber nicht sein, beruhigt er. Und allzu schwere Kost sollte man ebenfalls nicht erwarten – dies auch im wörtlichen Sinne. Denn in diesem Jahr wird es coronabedingt leider noch keine Bewirtung nach dem Gottesdienst geben. Dies sei aber für die Zukunft geplant. Stattdessen untermalen die Guggenmusikanten der Bänkli-Clique Oberrohrdorf den Gottesdienst am Sonntag: «Die Leute sollen besser Ohropax mitbringen», sagt Platunski und muss schon wieder lachen.
Michael Lux