«Die Nachfrage ist jetzt explodiert»
29.03.2022 Mellingen, Region ReusstalHohe Spritpreise und befürchteter Strommangel sorgen für Ansturm auf Solaranlagen und Ladestationen
Seit drei Wochen läuft das Telefon bei «Elektro Imboden» heiss. Die Lage in der Ukraine scheint den Wunsch nach Energieautonomie bei den Kunden zu befeuern.
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Hohe Spritpreise und befürchteter Strommangel sorgen für Ansturm auf Solaranlagen und Ladestationen
Seit drei Wochen läuft das Telefon bei «Elektro Imboden» heiss. Die Lage in der Ukraine scheint den Wunsch nach Energieautonomie bei den Kunden zu befeuern.
Wir installieren rund 50 Solaranlagen im Jahr vom Einfamilienhaus, bis zu grösseren Anlagen», berichtet Geschäftsführer Urs Imboden. Jetzt bekomme er jede Woche mindestens zehn Anfragen von Kunden: «Die letzten drei Wochen, seit Russland einmarschiert ist, ist es explodiert». Bereits während der Corona-Pandemie habe die Nachfrage angezogen, weil die Menschen offensichtlich Geld übrig hatten – zum Beispiel weil sie nicht in die Ferien fahren konnten, so Imboden. Einen weiteren Schub habe es letzten Herbst aufgrund der Diskussionen um eine mögliche Strommangellage in der Schweiz gegeben. Weil die Verhandlungen mit der EU bezüglich eines Stromabkommens ins Stocken geraten waren, hatte der Bundesrat damals vor einer künftigen Strommangellage gewarnt. Denn ohne ein solches Abkommen ist die EU nicht verpflichtet, der Schweiz im Bedarfsfall Strom zu liefern.
Nachfrage nach Ladestationen steigt
Ein Umdenken hat offensichtlich auch punkto Elektromobilität stattgefunden. Laut Branchenverband «Auto Schweiz» verfügte jeder vierte im Februar zugelassene Neuwagen über einen elektrischen Antrieb. Das spürt auch Urs Imboden. Er berichtet von einem Kunden, der eigentlich nur eine Solaranlage installieren lassen wollte, sich aufgrund der aktuellen Lage in der Ukraine aber kurzfristig ein Elektrofahrzeug zulegte und die Ladestation gleich mitbestellen wollte. «Ein anderer Kunde hat begründet, er habe 600 bis 800 Franken Benzinkosten im Monat», ergänzt Manuela Imboden, bei der die meisten Telefonanfragen eingehen. «Ich weiss nicht, ob es nur an den hohen Spritpreisen und dem wachsenden Umweltbewusstsein liegt», erklärt Urs Imboden auf Nachfrage. Er vermutet stattdessen, dass auch das Bewusstsein für die politischen Zusammenhänge, also wer vom Ölverkauf profitiert, eine Rolle spielt. Anders könne er sich die sprunghafte Nachfrage in den letzten Wochen nicht erklären. Schon jetzt hat er für 2022 mehr Anfragen für elektrische Ladestationen als im gesamten vergangenen Jahr. Und das trotz der aktuell noch recht langen Lieferfristen für Elektroautos. Denn die Wartelisten für E-Mobile sind wegen weltweiten Lieferengpässen bei Chips und Halbleitern mitunter sehr lang. Auch bei bestimmten Komponenten für Solaranlagen gibt es Lieferschwierigkeiten: «Wechselrichter haben aktuell lange Wartefristen», berichtet Imboden. Die Geräte wandeln den Gleichstrom aus den Solarmodulen in Wechselstrom für den Haushalt. Neben der Materialverfügbarkeit brauche es vor einer Installation verschiedene Abklärungen und eine Installationsanzeige beim Netzbetreiber, so Imboden.
Fachkräftemangel ist ein Thema
Dass man beim Mellinger Unternehmen mit dem Abarbeiten der Anfragen kaum hinterher kommt, hat noch einen weiteren Grund: Fachkräftemangel. «Wir sind dabei, Leute einzustellen und zu suchen – es gibt fast keine ausgebildeten Solarinstallateure», erklärt der Geschäftsführer. Einen entsprechenden Ausbildungsberuf zum Solarspezialisten soll es erst ab 2024 geben. Bisher stellt Urs Imboden ausschliesslich gelernte Elektroinstallateure ein. Weil die aber kaum zu finden sind, müsse man breiter fächern: «Wir suchen Spengler oder Zimmermänner, die technisches Know-how besitzen und nicht gerade Höhenangst auf dem Dach haben», sagt Imboden. Interessierte dürfen sich gerne melden.
Michael Lux