«Mit ‹Gott im Rugge› lebt es sich besser»
25.03.2022 Mellingen, Region ReusstalKonzert in der röm. kath. Stadtkirche Mellingen am Donnerstag, 7. April um 19.30 Uhr
Michael Peter Fuchs, Sohn des verstorbenen verwitweten Pfarrers Adolf Fuchs, vormals Gemeindeschreiber in Mellingen, singt seine «Neuen Psalmen». Begleitet wird er von Simone Hänel und ...
Konzert in der röm. kath. Stadtkirche Mellingen am Donnerstag, 7. April um 19.30 Uhr
Michael Peter Fuchs, Sohn des verstorbenen verwitweten Pfarrers Adolf Fuchs, vormals Gemeindeschreiber in Mellingen, singt seine «Neuen Psalmen». Begleitet wird er von Simone Hänel und Hans-Christoph Grasser
Psalmen sind im Juden- und Christentum poetisch religiöse Texte. Im Alten Testament findet sich das «Buch der Psalmen», das 150 Gedichte, Lieder und Gebete zählt. Michael Peter Fuchs (69), Gymnasial- und Religionslehrer, hat in den letzten Jahren 30 neue Psalmen verfasst und vertont, mit denen er das «Buch der Psalmen» ergänzt. «Weil Gott seine Geschichte mit jedem von uns auch heute schreibt», liegt dem Familienvater sein «ökumenisches Projekt der Verkündigung» sehr am Herzen. In Mellingen aufgewachsen, hat ihn der Glaubensweg seines Vaters, insbesondere dessen Entscheid, als Witwer Priester zu werden, stark geprägt. Das intensive Mitwirken über Jahrzehnte in norddeutschen Basis- und Kirchgemeinden stärkte ihn im Glauben. Die «Neuen Psalmen – mit ‹Gott im Rugge› sind Ausdruck seiner tiefgründigen Religiosität und Sinnfindung.
◆ Lebt es sich mit «Gott im Rugge» anders?
Michael Peter Fuchs: Du musst selber laufen, klar, aber mit Rückenwind geht es einfach leichter. So sehe ich das – als Zuspruch. Ich bin überzeugt, dass mit «Gott im Rugge» – auf uns alle bezogen – wir anders, friedvoller, nachhaltiger leben können.
◆ Weshalb haben Sie sich dazu entschieden, neue Psalmen zu verfassen und zu vertonen?
Schon mein ganzes Leben lang bin ich fasziniert von diesem grossen Geheimnis, das wir Gott nennen oder Liebe oder Leben oder Christus oder einfach DU. Insofern sind die «Neuen Psalmen» vielleicht eine Frucht meines langen Lebens. Sie handeln in Wort und Melodie von meinen Erfahrungen mit diesem Geheimnis auf meinem Lebensweg mit allen Auf und Ab’s.
◆ Was verbindet Ihre 30 «Neuen Psalmen» mit denen des Alten/Ersten Testaments?
Wie die biblischen sind auch die «Neuen Psalmen» gesungene Gebete und orientieren sich an Rhythmik, Bildkraft und Schönheit der alten Psalmen. Als Christ bin und bleibe ich zwar gegründet auf dem Judentum, bzw. auf dem Alten/Ersten Testament, bringe aber gleichzeitig etwas Neues ein: das Bekenntnis zu Jesus von Nazareth, dem Christus.
◆ Ist es nicht anmassend, die Bibel zu «ergänzen», wie Sie sagen?
Mit den «Neuen Psalmen» stelle ich mich ja nicht über die Bibel, sondern in die Bibel hinein – übrigens in bester bibeldidaktischer Tradition – indem ich meine eigene Lebens- und Glaubensgeschichte mit der biblischen verbinde. Auch heute spricht Gott. Und genau das wünsche ich mir für die Leser- und Zuhörerschaft der «Neuen Psalmen», dass sie durch diese angeregt und ermutigt werden, ihre eigene Geschichte in die biblische hineinzustellen, um so ihre eigene Gebetssprache und -melodie zu finden.
◆ Psalmen sind Gebete. Was heisst für Sie «Beten»?
Enger gefasst ist «Beten» bewusste Kommunikation mit «Gott», dem grossen Geheimnis, die sowohl im Sprechen und Singen alter und freier Gebete als auch im Schweigen vor Gott geschehen kann. Weiter gefasst kann «Beten» so vieles sein und überall geschehen: z. B. im bewussten Atmen, im Staunen, im Spielen, im Kreativsein, aber genauso in allem, was wir bewusst mit Hingabe, authentisch, aus Liebe tun, so z. B. aus Liebe zum Nächsten, zur Natur etc. «Liebe» ist in diesem Zusammenhang wohl das entscheidende Wort. Denn Gott ist nichts als (unbegreifliche) Liebe.
◆ Lässt es sich singend und mit musikalischer Begleitung inniger zu Gott finden?
Wie heisst es doch so schön: «Ein gesungenes Gebet zählt doppelt.» Aber lassen wir das Zählen besser, wenn es ums Beten geht. Wir sollten eh alles, was mit Absichten zu tun hat, lassen, wenn es um das grosse Geheimnis «Gott» geht. Es gibt so viele Wege, Gott zu begegnen, wie es Menschen gibt.
◆ In welcher Form sind die «Neuen Psalmen» ein «ökumenisches Projekt der Verkündigung»?
Dass die «Neuen Psalmen» ein Projekt der Verkündigung sind, liegt auf der Hand, verstehen sie sich doch auch als eine Antwort auf die Frage, wie wir heute glaubwürdig von «Gott» sprechen können. Glaubwürdig sind wir als Christen und Christinnen aller Religionsgemeinschaften dann, wenn wir uns auf einen Weg der Nachfolge Jesu einlassen. Der mag aussehen wie auch immer, krumm oder gerade, steil oder abschüssig – aber worauf es ankommt: Wir machen dabei existenzielle Erfahrungen mit dem grossen Geheimnis «Gott». Das unterscheidet, denke ich, die «Neuen Psalmen» von vielen gängigen Kirchen- und «Worship»-Liedern.
◆ Was hätte wohl Ihr verstorbener Vater, der als Witwer in Pfaffnau Pfar- rer gewesen war, zu Ihrem «Psalmen-Projekt» gesagt?
Mein Vater kannte zwar ein paar Psalmen, die schon etwas früher entstanden sind. Aber die rasante Entwicklung des «Neue-Psalmen-Projektes» im 2020 und dessen Abschluss im Sommer 2021 hat er nicht mehr mitbekommen, weil er im Juni 2020, hochbetagt, starb. Aber ich bin mir ganz sicher, dass er sich darüber freut. Erst recht aus seiner jetzigen Perspektive. Nicht zufällig habe ich das Buch ihm und allen «glaubwürdigen Zeugen» gewidmet.
◆ In meiner Anmoderation sprach ich davon, dass Ihr Vater Sie stark geprägt habe. Trifft diese Aussage zu?
Ja und nein. In unserer Reich-Gottes-Orientierung, bzw. in unserer Option für die Armen, waren mein Vater und ich uns schon immer verbunden. Was jedoch die konkrete Umsetzung dieser Option betrifft, wollte ich über den bürgerlichen Rahmen meines Vaters hinausgehen, radikaler ansetzen. Daher mein Schritt in eine urchristlich orientierte Basisgemeinde in Norddeutschland. Es gab also schon Phasen schmerzlicher Differenzen. Doch gerade in den letzten zehn Jahren haben wir uns wieder angenähert, waren einander freundschaftlich, ja sogar brüderlich verbunden.
Anmerkung der Redaktion: Dieses Interview führte der freischaffende Journalist René Fuchs, Bruder von Michael Peter Fuchs
Michael Peter Fuchs
1952 geboren, aufgewachsen in Mellingen. Studium der Germanistik, Pädagogik, Philosophie in Zürich und München; 1979 bis 1984 Gymnasiallehrer in Immensee; seit 1980 verheiratet mit Marie-Lou Fuchs, Vater von vier Kindern. 1984 Übersiedlung nach Deutschland in die Basisgemeinde Wulfshagenerhütten bei Kiel.