Nach einem Jahr im kantonalen Pilotprojekt «Deutschförderung vor dem Kindergarten» zieht die Spielgruppe Bilanz
Zehn Monate nach Beginn des Pilotprojektes hat sich die Ausgangslage geändert: Gelacht und gespielt wird immer noch. Heute sprechen und verstehen die Kinder ...
Nach einem Jahr im kantonalen Pilotprojekt «Deutschförderung vor dem Kindergarten» zieht die Spielgruppe Bilanz
Zehn Monate nach Beginn des Pilotprojektes hat sich die Ausgangslage geändert: Gelacht und gespielt wird immer noch. Heute sprechen und verstehen die Kinder aber auch deutsch.
Sie haben riesige Fortschritte gemacht», sagt Raquel Dirr, Leiterin der Spielgruppe Zick-Zack in Mellingen. «Wir ernten jetzt, was wir während der letzten Monate gesät haben.» Sie, das sind am Dienstagmorgen zehn Mädchen und Buben im Alter von 3 bis 4 Jahren, die zweimal in der Woche in die Spielgruppe kommen. Ihre Eltern wurden von der Gemeinde Mellingen Anfang 2021 angefragt, weil die Kinder zu Hause portugiesisch, italienisch, türkisch oder eine andere Erstsprache sprechen und meist kein Wort deutsch verstehen.
Wenn sie nun nach den Sommerferien in den Kindergarten kommen ist das anders. Viele sprechen inzwischen deutsch, fast alle verstehen die Sprache und wer in der Sprache keine allzu grossen Fortschritte gemacht hat, hat dennoch viel über Sozialverhalten in der Gruppe gelernt. Damit hat sich die Ausgangslage für alle Kinder verbessert. «Der Start in den Kindergarten wird ihnen leichter fallen», sagt Dirr. Davon profitieren im Kindergarten letztlich alle Kinder, weil Lehrpläne eingehalten werden können. Auch darum geht es beim 2020 vom Regierungsrat beschlossenen Pilotprojekt «Deutschförderung vor dem Kindergarten». In ausgewählten Gemeinden sollen von 2021 bis 2024 Erkenntnisse gesammelt werden, die eine Entscheidungsgrundlage zur Einführung einer kantonalen Gesetzesgrundlage bilden.
Einige beginnen zu erzählen
Die Mädchen und Buben in der Spielgruppe Zick-Zack haben seit dem letzten Sommer gelernt, sich an Regeln und Rituale zu halten, sie haben Gruppendynamik mit unterschiedlichen Abläufen erfahren. Im Kontakt mit der Sprache haben sie sich viele Schlüsselwörter angeeignet. Einige würden nun auch beginnen zu erzählen, sagen Dirr und ihre Assistentin Simone Muschong.
Das zeigt sich etwa beim Basteln. Auf dem Tisch liegen Stifte, Leim und Papier. «Dörf ich bitte de Liim», fragt Alessia. Eine Schnecke wird mit «rotem» Farbstift gemalt und geklebt – die Schnecke ist saisonbedingt Thema. Simone Muschong fragt nach «Augen» und «Mund», auch nach «Nase» und «Ohren». Raquel Dirr zeigt Gioia gestenreich, wo die Fühler am Kopf sind. Und auch Gioia legt ihre Hände an den Kopf und streckt die Zeigefinger in die Höhe. Überall Schnecken am Basteltisch, bei Kindern und Betreuerinnen in Mimik und Gestik, in vielen Farben auf dem Papier und auch im aufgeklappten Bilderbuch.
Nächste Runde beim Pilotprojekt
Nach dem Basteln und Aufräumen der Spielsachen wird Znüni gegessen. Äpfel, Gurken, Brot oder Heidelbeeren haben die Kinder mitgebracht. Sie teilen miteinander, sagen «bitte», «danke», lassen einander vom eigenen Znüni probieren und lernen Neues kennen. Es habe Zeit gebraucht, sagt Raquel Dirr, bis alle ein «gesundes Znüni» in die Spielgruppe gebracht hätten. Aber Süssigkeiten finden sich nicht mehr in den Znüniböxli.
Regeln, Rituale, Wiederholungen haben sich in der Gruppe mit Humor und Geduld eingespielt. Die kommunikative Kompetenz wurde erweitert, das Sprachverständnis und der Wortschatz. Im August geht das Pilotprojekt in Mellingen mit rund 30 neuen Kindern in die nächste Runde.
Heidi Hess