«Solche Mitarbeiter sind für uns Gold wert»
03.06.2022 Remetschwil, Region RohrdorferbergZusammen haben Josef Schifferle und Ernst Rosenberg am Rohrdorferberg 75 Jahre am Steuer eines Postautos verbracht
Warum Rosenberg und Schifferle für die Steffen Bus AG so wichtig sind, erklärt Geschäftsführer Adrian Steffen. Und die beiden Postauto-Chauffeure sagen, ...
Zusammen haben Josef Schifferle und Ernst Rosenberg am Rohrdorferberg 75 Jahre am Steuer eines Postautos verbracht
Warum Rosenberg und Schifferle für die Steffen Bus AG so wichtig sind, erklärt Geschäftsführer Adrian Steffen. Und die beiden Postauto-Chauffeure sagen, warum sie seit Jahrzehnten die Postautos am Rohrdorferberg steuern.
Seit 40 Jahren fährt Ernst Rosenberg seine Fahrgäste im Postauto nach Baden, Brugg, Berikon-Widen, Mellingen oder Zürich. Steigen Stammgäste mit einem Lächeln in den Bus, sobald sie ihn erkennen, freut ihn das. Nach zwei Jahren Pandemie komme das seltener vor, sagt er. Maskenpflicht wegen des Coronavirus und Abstand halten haben Spuren hinterlassen. Auch im Postauto. Die vorderste Türe neben dem Chauffeur blieb geschlossen, leer auch die vordersten Plätze. Man ging auf Distanz. Josef Schifferle, gelernter Schreiner, hat Ernst Rosenberg in der Rekrutenschule kennen gelernt und ist seit 35 Jahren am Rohrdorferberg unterwegs. Auch er erlebte die neue Distanz. «Allerdings war ich in diesen zwei Jahren auch nie krank», lacht Josef Schifferle. Keinen Husten, keine Erkältung. Ob die lächelnden und grüssenden Fahrgäste zurückkehren? Sie hoffen es beide.
Die schönste Postautostrecke
Beide gehören seit Jahrzehnten zum Team der Steffen Bus AG in Remetschwil, gegründet 1926. Im Mai 1982 hat Ernst Rosenberg, ursprünglich Lastwagenchauffeur, auf den Bus umgesattelt. Damals arbeiteten am Rohrdorferberg 12 Leute für den Postauto-Betrieb Steffen. Alle zwei Stunden fuhr das Postauto in den 1980er-Jahren. Der Takt ist heute dichter. Gewisse Strecken werden zu Stosszeiten alle 15 Minuten bedient. Die Steffen Bus AG verfügt heute über eine Flotte von 25 Bussen und zählt über 70 Mitarbeitende. Und doch sagen sowohl Ernst Rosenberg als auch Josef Schifferle: «Manche Arbeitskollegen treffen wir nur am Weihnachtsessen.» Die Chauffeure fahren Schicht, legen am gleichen Tag unterschiedliche Strecken zurück und verbinden die Regionen Baden, Brugg, Mellingen und Zürich. Vielleicht grüsst man sich im Vorbeifahren, beim Kreuzen am Rohrdorferberg.
Diese Strecke soll gemäss Steffen «eine der schönsten Postauto-Strecken des Mittellandes» sein. Ernst Rosenberg sagt: «Den Blick auf die Alpenkette geniesse ich auch nach Hunderten von Fahrten immer noch. Je nach Ziel sieht man den Glärnisch, den Säntis, die Berner Alpen, ja, sogar den Zugersee.» Das sind die schönen Seiten im Alltag eines Chauffeurs.
Schattenseiten, nach Mitternacht
Nachts, im Nightliner, kann es aber auch mal ungemütlich werden. Das haben beide schon erlebt. Nach Mitternacht, auf der Heimfahrt von Baden, wenn Feierfröhliche – genug Alkohol im Blut – hinten im Bus laut werden, bisweilen aneinandergeraten. Er habe die Jugendlichen über Lautsprecher aufgefordert, sich anständig zu verhalten, sagt Ernst Rosenberg. Sonst halte er an und lasse sie aussteigen. Zurück kam eine unflätige Anrede und die Antwort, er sei doch dafür bezahlt, nach vorne zu schauen. Ernst Rosenberg meint, er habe es dabei bewenden lassen und die Jugendlichen nach Hause chauffiert. Josef Schifferle erzählt, dass ihn in einer ähnlichen Situation überrascht habe, wie die übrigen Fahrgäste wegschauen. Es wäre wohl kaum damit zu rechnen, gibt er zu bedenken, dass sie ihm beistehen würden. Alltag sind solche Begegnungen nicht.
Vielmehr überwiegen schöne Erlebnisse. «Wir arbeiten gerne Schicht, der Beruf und die Arbeit gefällt uns», sagt Josef Schifferle, «und auch unser Arbeitgeber, die Steffen Bus AG». Die beiden 62-Jährigen werden den Fahrgästen und dem Betrieb noch drei Jahre erhalten bleiben. Josef Schifferle zu 100 Prozent und Ernst Rosenberg zu 50 Prozent – von Sonntag bis Mittwoch. Was wiederum Geschäftsleiter Adrian Steffen freut: «Langjährige Mitarbeiter sind für einen Arbeitgeber Gold wert. Mit ihrer Erfahrung bringen sie Ruhe in einen Betrieb, sie strahlen Sicherheit aus.» Und auch wenn unter den Chauffeuren die personelle Fluktuation eher gering ist. Selbstverständlich, meint er, seien solche Arbeitsjubiläen nicht.
Heidi Hess