«Eigentlich bin ich gar kein Biertrinker»
01.07.2022 Mellingen, Region ReusstalStefan Knecht wollte einmal eine Brauerei mit Biergarten eröffnen. Stattdessen braut der Treuhänder für sich selbst und gute Freunde
Stefan Knecht stammt aus einer Winzerfamilie. Über die verschiedenen Biersorten, die er in seiner Waschküche für den ...
Stefan Knecht wollte einmal eine Brauerei mit Biergarten eröffnen. Stattdessen braut der Treuhänder für sich selbst und gute Freunde
Stefan Knecht stammt aus einer Winzerfamilie. Über die verschiedenen Biersorten, die er in seiner Waschküche für den Eigengebrauch braut, spricht er wie über edle Weine.
Das was bleibt, ist der Abgang und das Zitronige – das ist der Hopfen», erklärt Stefan Knecht, während er mir ein selbstgebrautes «American Ale» einschenkt. Gute Biere trinke man nicht aus der Flasche, sondern aus dem Glas, fährt er fort: «Wegen des Aromas und wegen der Optik – das ist wie beim Wein.» Tatsächlich glaube ich einen leichten Zitrusgeschmack auf der Zunge zu spüren, bevor der leicht trübe «Gerstensaft» die Kehle hinunterrinnt. Wobei der Ausdruck irreführend ist. Zwar werden laut Knecht weltweit 80 bis 90 Prozent der Biere aus Gerste gebraut, aber eben längst nicht alle. Er selbst trinkt am liebsten Weizenbier. Dabei sei er ursprünglich gar kein Biertrinker, sondern stamme aus einer Winzerfamilie, berichtet der Treuhänder, der sogar einmal einen Gastgarten in Mellingen eröffnen wollte: «Wir haben damals alle Biere der kleinen Brauereien probiert», erinnert sich Knecht. Doch der Geschmack überzeugte nicht wirklich: «Gekaufte Biere sind steril», findet der Hobby-Brauer. Weil aus dem Biergarten nichts wurde und ein reiner Bierverkauf sich finanziell nicht gelohnt hätte, blieb es beim «Home-Crafting» – also beim Brauen für den Eigengebrauch: «Die Idee war ein gutes Qualitätsbier zu machen, das man geniessen kann», erklärt Knecht, der 2012 mit dem Brauen anfing. Mittlerweile hat er schon seinen 80. Sud angerührt: «Bier kann man jeden Tag machen und du bist viel schneller auf höherem Niveau», erklärt er die Vorzüge gegenüber der Weinherstellung. Wie man Bier braut, hat «Struzzi» sich übrigens selbst aus Büchern beigebracht. «Struzzi» lautet Knechts Spitzname, nachdem er auch sein Bier benannt hat: «Struzzis». «Ich habe eine so gute Maschine, da braucht es keinen Kurs», fügt er auf Nachfrage lachend hinzu. «Braumeister» heisst das Gerät in seinem Keller, mit dem er die verschiedenen Brauschritte, für die es sonst mehrere Töpfe braucht, erledigen kann. Es stammt – wie auch die meisten Zutaten – aus einem Spezialgeschäft, dem «Brauund Rauchshop» in Densbüren.
«Hopfen und Malz, Gott erhalt´s»
Um Bier zu brauen, brauche es nach dem deutschen Reinheitsgebot nur Wasser, Getreide und Hopfen, sagt Knecht. Die Hefe müsse man theoretisch nicht einmal dazugeben, denn die sei bereits in der Luft vorhanden, so Knecht: «Daher waren früher die besten Brauer Frauen, weil sie auch das Brot backten», erklärt Knecht. Die Hefe wandelt den Zucker aus der Stärke in Alkohol um. Je mehr Getreide verwendet werde, desto stärker sei das Bier: «Der Hopfen macht das Bier haltbar und gibt ihm den Geschmack», so Knecht: «Den Stil legst du dann mit der Getreideart beim Brauen fest». Das Malz, also das gekeimte und getrocknete Getreide, bestellt er bereits fertig – je nach Rezept. Es gebe sogar Mais, Reis oder Haferflocken als Basis, berichtet Knecht, der soweit aber nicht gehen mag. Dennoch liebt er es, zu experimentieren. Zehn bis zwölf Biersorten hat er bereits kreiert. Er macht klassisches Lagerbier, Stout, Maibock oder auch mal etwas ganz Spezielles für seine Frau, die aus Dänemark stammt: «Zu Weihnachten mache ich Starkbier mit Honig und Kandiszucker», erzählt er. Am liebsten mag Knecht aber fruchtige Weizenbiere «nach belgischem Style» wie «Wit» oder «Blanche». Letzteres enthält Aromen von Koriandersamen und Orangenschalen. Na dann, Prost!
Michael Lux


