Auch Mellingen ist «Im Schatten der Krone»
05.07.2022 Mellingen, Region ReusstalDie Autorin Dorothe Zürcher erzählt in ihrem neuen Roman, wie sich der Aargauer Adel in die internationale Politik einmischt
Die Mellingerin schreibt einen historischen Roman über die Grafen von Lenzburg. Auch Mellingen kommt in ihrer Geschichte vor.
Im Schatten der ...
Die Autorin Dorothe Zürcher erzählt in ihrem neuen Roman, wie sich der Aargauer Adel in die internationale Politik einmischt
Die Mellingerin schreibt einen historischen Roman über die Grafen von Lenzburg. Auch Mellingen kommt in ihrer Geschichte vor.
Im Schatten der Krone – Die Grafen von Lenzburg» heisst der Titel des neuen historischen Romans von Dorothe Zürcher. Zürcher, die heute in Zürich lebt, ist Bezirkslehrerin in Wettingen. Aufgewachsen ist die Tochter des ehemaligen Gemeindeammanns Paul Zürcher aber in der Mellinger Altstadt.
«Im Schatten der Krone» ist nach «Stabilitas loci – Der Weg der Wiborada» ihr zweiter historischer Roman. Während «Wiborada» in St. Gallen spielt, konnte die Autorin beim jüngsten Roman eine ihr vertraute Umgebung beschreiben. Zwar sei dieser Aspekt bei der Themenwahl nicht ausschlaggebend gewesen, sagt Zürcher. «Mich hat vor allem fasziniert, wie die Lenzburger Adligen auch international auf dem politischen Parkett mitredeten.» Dass sie gleichzeitig eine Umgebung darstellen konnte, die ihr aus der Kindheit vertraut ist, habe ihr aber zusätzlich Spass gemacht. «Schloss Lenzburg, Brunegg oder Wildegg waren Ausflugsziele in der Primarschule und auch mit der Familie», sagt sie.
Eine wichtige Furt bei Mellingen
Wer das Schloss Lenzburg heute besucht, erfährt bald, dass Graf Ulrich von Lenzburg einst den päpstlichen Legaten entführt und sich somit in den Streit zwischen Papst und König eingemischt hatte. Weniger bekannt ist, dass Graf Ulrich damit auch seinem Nachbarn, Rudolf von Rheinfelden, eins auswischte. Ein packender Stoff befand die Autorin Dorothe Zürcher, recherchierte zwei Jahre lang und schrieb darüber einen historischen Roman.
Ein bisschen habe sie dann auch ihren früheren Lebensmittelpunkt in diese Geschichte «hineingeschmuggelt», erklärt sie. «Ich dachte, es wäre schön, wenn Mellingen in meinem Roman vorkommen würde.»
Mellingen hatte im 11. Jahrhundert noch kein Stadtrecht. Das Dorf gehörte aber ins Hoheitsgebiet der Lenzburger Grafen. Die Quellenlage ist für diese frühen Jahre indessen dürftig. Fest steht, dass der Übergang über die Reuss bei Mellingen – es handelte sich damals lediglich um eine Furt – ein wichtiger Flussübergang auf dem Weg nach Baden und Zürich war. Die Autorin fand für ihren Roman Wege, um einige Szenen in Mellingen spielen zu lassen.
Beim Schreiben ging es Zürcher nicht nur darum, über internationale Politik zu berichten. Sie erforschte auch, wie die Menschen damals lebten und welche Sorgen und Nöte sie beschäftigten. Das Schloss Lenzburg ist heute eine der imposantesten Profan-Bauten in der Region. Das Grafengeschlecht starb jedoch schon im 12. Jahrhundert aus. Eine Zeit, aus der wenig Quellen stammen und das Recherchieren deswegen schwierig macht. Die Autorin merkte bald, dass die Suche in Archiven und die Befragung von Historikerinnen und Historikern nicht alle Fragen beantworten konnten und dass sie Parallelen zu früheren oder späteren Epochen suchen musste. Die Grafen verwalteten ein grosses Gebiet, von Hochdorf und Beromünster im Seetal bis in den Norden nach Säckingen, sowie Ländereien in Glarus und dem Sarganserland. Dorothe Zürcher fuhr die Routen, welche die Protagonisten im Roman auf dem Pferd zurücklegen, mit dem Velo ab. «Auf dem Velo ist man nah dran, in der Landschaft mittendrin», sagt sie. Es gelinge, ein Gefühl für die Landschaft zu entwickeln. Zivilisatorische Änderungen – neue Siedlungen, asphaltierte Strassen, Brücken oder Autobahnen – müssten aus dem fiktiven Bild gestrichen werden. Hinzu komme, erzählt sie, dass ihr Mann ein begeisterter Radfahrer sei und sie bei ihren Velotouren auf den historischen Routen begleite. (hhs/zVg)
Eine Liebesgeschichte rund um Politintrigen
Was geschah vor knapp 1000 Jahren? Wie lebten die Menschen damals, was für Nöte und Sorgen trieben sie um? «Im Schatten der Krone – Die Grafen von Lenzburg» ist ein historischer Roman, der auf wahren Begebenheiten aus dem 11. Jahrhundert basiert.
Trotz einer arrangierten Ehe verliebt sich Ulrich von Lenzburg in seine Braut Richenza. Aber Richenzas Familie hintergeht den König, was Ulrich bestürzt. Denn die Lenzburger sind königstreu, selbst als bei einer Hofintrige ihre Tochter stirbt.
Das Paar hält zusammen und führt seine Grafschaft zur Blüte. Dann ächtet der König den Papst, dieser verbannt den König. Die alten Fehden reissen wieder auf. Ulrich entscheidet sich für eine Seite – gegen den Willen seiner Frau.
Eintauchen ins Mittelalter
Die Schriftstellerin Dorothe Zürcher entführt mit ihrem Roman «Im Schatten der Krone» so authentisch in eine entfernte Zeit, als hätte sie selbst im Mittelalter gelebt – dank erstaunlichen Kenntnissen dieser Epoche und der Gabe, ihre Figuren mit stimmigen Charaktereigenschaften zum Leben zu erwecken, wirft sie Leserin und Leser mitten ins Geschehen einer rauen Zeit, lässt sie teilnehmen am Alltag einer Adelsfamilie und macht die Lektüre auf diese Weise zu einem einmaligen Kopfkino. (zVg)
«Im Schatten der Krone – Die Grafen von Lenzburg», 2021, IL-Verlag, Basel. ISBN 978-3-907237-34-2