Stefan Schmid, Jg. 1955, wohnt in Mellingen. Nach vielen Startup’s im Beruf, nun Startup’s in Kultur und Politik: Engagiert in der Museums-Kommission, im Vorstand der Melliger Spiellüt und eifriger ...
Stefan Schmid, Jg. 1955, wohnt in Mellingen. Nach vielen Startup’s im Beruf, nun Startup’s in Kultur und Politik: Engagiert in der Museums-Kommission, im Vorstand der Melliger Spiellüt und eifriger IG-ler.
Nennen Sie mich Fräulein, bitte!
Ich fühle mich diskriminiert. Und das gleich drei Mal. Gewisse woke (erwachte) Personen bezeichnen mich als alten weissen Mann. Quatsch. Erstens, ist alt eine Ermessensfrage. Mit meinen 67 Jahren bin ich, gemäss meiner Definition, erst am Ende des zweiten Drittels meiner Lebenserwartung angekommen. Zweitens, bin ich nicht weiss, sondern höchstens crème. Lege ich meine Hand auf ein weisses Blatt Papier, ist der Beweis erbracht. Drittens, finde ich es ungeheuerlich, mich als Mann zu bezeichnen. Das ist doch bitte meine Sache, Freunde!
Als kleiner Bub, wie man mich damals nannte, hatte ich eine Lehrerin namens Küenzi. Sprach man sie mit «Frau Küenzi» an, korrigierte sie einem mit: «Fräulein, bitte», denn sie war kinderlos, unverheiratet und etwa sechzig. Der Titel «Fräulein» qualifizierte sie also als eine sich jeder fleischlichen Lust entgegenstemmende Person gesetzten Alters. Also ähnlich wie ich. Deshalb, und um dieses schöne, gepflegte und alte Wort wieder aufleben zu lassen, werde ich mich in Zukunft mit Fräulein anreden lassen und mein Geschlecht würde ich mal als nonbinär, also weder männlich noch weiblich definieren. Dies lässt ein Maximum an Spielraum offen, je nach Tagesform. Ich werde morgen auf die Gemeinde gehen und das ändern lassen. Kostet, glaube ich, 75 Franken.
Wie ich aus vertrauenswürdiger Quelle (SRF) erfahren habe, bekommen nonbinäre Personen auch neue Pronomen. Wir werden nicht mehr mit er/sie/es beschrieben, sondern mit den Neopronomen hen/xier/xen/dey und deren. Aber da ich halt etwas konservativ bin, werde ich es beim «Es» des Fräuleins belassen.
In dem Masse neu gegendert und als frischgebackenes Diversli werde ich einiges in meinem Leben ändern müssen. Vorab kann ich meinen Namen, Stefan, nicht mehr akzeptieren. Ich werde den Fehler meiner Eltern korrigieren und mich nicht etwa Stefanie nennen, sondern nur noch Stef. Als äusseres Zeichen meines Avantgardismus werde ich öffentliche Damen- und Herrentoiletten abwechslungsweise benützen, bis zur Aufhebung dieser diskriminierenden Geschlechtertrennung. Weitere Aktionen werde ich folgen lassen.
Wer nun meint, ich mache mich hier über das existenzielle Problem der Identitätsfindung lustig, der irrt. Ins Lächerliche zieht es jeder, jede und jedes, der, die, das beim Lesen dieses Textes gelacht, oder auch nur geschmunzelt hat. Bitte passt auf!