Mehr Sonnenblumen, weil Krieg ist
29.07.2022 Mägenwil, Region ReusstalÜberall blühen Sonnenblumen, es sind mehr als im Vorjahr. Landwirt Martin Savoldi erklärt warum
Sie strecken ihre gelben Blüten der Sonne entgegen, in grosser Zahl. Der Kanton bestätigt, dass mehr Sonnenblumen wachsen als im Vorjahr. Das hat mit Ökologie zu tun ...
Überall blühen Sonnenblumen, es sind mehr als im Vorjahr. Landwirt Martin Savoldi erklärt warum
Sie strecken ihre gelben Blüten der Sonne entgegen, in grosser Zahl. Der Kanton bestätigt, dass mehr Sonnenblumen wachsen als im Vorjahr. Das hat mit Ökologie zu tun und auch mit dem Krieg in der Ukraine.
Die Felder sind eine Augenweide. Sie fallen auf, sie gefallen. Vor allem aber scheint ihre Zahl grösser als in anderen Jahren. Die Rede ist von Sonnenblumen. Leuchtend gelb an kräftigen Stängeln wenden sie ihre Blüten am liebsten dem Sonnenlicht zu. – Der Name kommt nicht von ungefähr.
Wachsen aber tatsächlich mehr Sonnenblumen auf hiesigen Feldern als in anderen Jahren? Der «Reussbote» hat beim Kanton nachgefragt. Ueli Frey, Leiter Direktzahlungen bei der Abteilung Landwirtschaft, liefert Zahlen zu Anbauflächen. Allerdings liegen für 2022 bislang nur provisorische Daten vor. Die aber zeigen, dass dieses Jahr im Aargau Sonnenblumenkulturen auf 311 Hektaren angepflanzt wurden. Demgegenüber stehen 266 Hektare im Jahr 2021 und 252 Hektare 2020. Somit liegt der Anbau von Sonnenblumen im Jahr 2022 tatsächlich um 17 Prozent höher als im Vorjahr.
Frey aber liefert auch Zahlen, die bis aufs Jahr 2001 zurückgehen. Dabei fällt auf, dass die Zahlen für diese Zeitspanne schwanken: Sie bewegen sich zwischen 200 bis 400 Hektaren. 2001 wurden im Aargau Sonnenblumen auf 272 Hektaren angebaut; ein Jahr später waren es bereits 315 Hektare. Ein Höchststand wurde 2006 mit 404 Hektaren erreicht. Danach sank die Anbaufläche. 2010 erzielte sie mit 175 Hektaren einen Tiefststand. Bei rund 200 bis über 300 Hektaren pendeln sich Felder mit Sonnenblumen in den folgenden Jahren ein
Sandra Helfenstein, Mediensprecherin beim Schweizerischen Bauernverband (SBV), sagt, dass es sich bei Sonnenblumen um wärmeliebende Kulturen handelt. Vor allem aber würden sie, anders als Getreide, erst im Frühling angesät. Insofern hätten die Landwirte vermutlich auch auf den Krieg in der Ukraine reagiert. Die Ukraine zählt neben Russland zu den mit Abstand wichtigsten Produzenten von Sonnenblumen. Eine Anbau-Empfehlung habe der SBV hingegen nicht gegeben, sagt Helfenstein.
Darum florieren Sonnenblumen
Zwischen Mägenwil und Wohlenschwil blüht ein weites Sonnenblumenfeld. «Auf dieses schöne Feld bin ich stolz», sagt Martin Savoldi. Hummeln und Bienen tummeln sich in den Blüten. Viele sind allerdings bereits verblüht und wenige Samenkörbchen werden auch Vögeln Futter liefern. Savoldi, Landwirt in Othmarsingen und Inhaber der Getreidesammelstelle in Schinznach-Dorf, hat dieses Feld von Thomas Strebel gepachtet.
Zwei Gründe sprechen für eine Zunahme von Sonnenblumenkulturen. Savoldi verweist auf die Ökologisierung der Landwirtschaft. Sonnenblumen seien interessante Kulturpflanzen, weil sie genügsamer als Raps seien. Zwar müssten mit der Aussaat im Frühling Nährstoffe in den Boden eingearbeitet werden. Danach aber sei die Sonnenblume pflegeleicht, gebe kaum noch zu tun. Ein weiterer positiver Begleitfaktor ist ihre Fähigkeit, in den Böden Schadstoffe zu extrahieren, die sich vor allem im Stängel einlagern. «Sonnenblumen wirken im Boden als Entgifter», sagt der Landwirt. Früh sei zudem bekannt geworden, dass die Ukraine kriegsbedingt um einen Viertel weniger Sonnenblumen anbauen werde, nennt Savoldi einen weiteren Grund für die vielen gelben Felder. Savoldi sagt, in der Schweiz habe man zum Anbau von Sonnenblumen aufgerufen, um einer allfälligen Knappheit zu begegnen und die Pflichtlager für Sonnenblumenöl als Speiseöl aufzufüllen.
Heidi Hess