Mit Medaillen kehren die beiden von den Swiss Skills zurück – Lea Erdin und Alireza Rafie lernen bei der Firma Honegger Formenbau

Sie haben ein ausgezeichnetes Vorstellungsvermögen. Das brauchen sie, wenn sie Formen aus Kunststoff herstellen. Und an den Swiss Skills holten sie dank ihrem Können Medaillen.

Vor einigen tausend Zuschauerinnen und Zuschauern gratulierte ihnen Bundesrat Guy Parmelin in der Berner Postfinance-Arena zu ihrem Erfolg. Lea Erdin aus Seengen holte an den «Swiss Skills 2022» Gold, Alireza Rafie aus Wohlenschwil Bronze – Silber ging an Silja Wiederkehr aus Gontenschwil. «Unglaublich» sei das gewesen, sagt Erdin. Der Jubel im halbvollen Stadion war überwältigend und auf der Leinwand hätten sie ihr Gesicht in Grossformat gesehen, während ihnen der Bundesrat gratulierte. Guy Parmelin habe alle drei gefragt, aus welchem Kanton sie kämen. «Aus dem Aargau» hätten sie der Reihe nach geantwortet und den Bundesrat staunen lassen.
Alireza Rafie und Lea Erdin sind auf dem Weg zum Formenbauer und zur Formenbauerin EFZ, er im zweiten, sie im vierten Lehrjahr. Dass sie in ihrem Beruf gut sind, weiss auch ihr Chef Rainer Honegger, Inhaber der Firma «Honegger forming Switzerland AG» in Mägenwil. «Ich bin glücklich, wenn ich die Basis legen kann für ein erfolgreiches Berufsleben», sagt er. Die Medaillen seiner beiden Lernenden zeigen, dass es ihm gelungen ist.

«Was soll ich jetzt tun?»
Rund 1000 Schweizer Berufstalente haben vier Tage lang, vom 7. bis zum 10. September, in Bern um den Titel des Schweizer Meisters, respektive der Schweizer Meisterin gekämpft. Am ersten Wettkampftag wurde ihnen die Aufgabe zugeteilt, einen Überwachungsroboter «SEE-U» herzustellen. Sie habe sich gedacht, als sie die Zeichnungen sah, «das geht eigentlich noch», sagt Lea Erdin. Es seien ihr aber doch einige Flüchtigkeitsfehler unterlaufen und manchmal habe sie sich auch gefragt: «Was soll ich jetzt tun?» Weit schwieriger war die Aufgabe für Alireza Rafie, der erst im zweiten Lehrjahr und noch längst nicht mit jeder Technologie und allen Maschinen vertraut ist. «Ich geriet in Zeitnot», sagt der junge Afghane, der seit sieben Jahren in der Schweiz weilt und heute in Wohlenschwil bei einer Gastfamilie lebt. Zudem habe ihn das Publikum an der Berufsschau nervös gemacht. Daran musste sich Rafie gewöhnen. Er sagt aber auch: «Ich wollte sehen, wie dieser Wettkampf abläuft.» Um dann mit mehr Erfahrung an den nächsten Swiss Skills im Jahr 2025 teilzunehmen. So zumindest sein Plan.

Die Jugileiterin und der Lagerkoch
Bis dahin wird Rafie noch viele Formen aus Kunststoff herstellen. Er wird es mithilfe von CAD (rechneruntersütztes Konstruieren) und CAM (rechnerunterstützte Fertigung) tun. Formenbauer leisten Präzisionsarbeit und benötigen ein ausgezeichnetes Vorstellungsvermögen. Der Kleinbetrieb «Honegger forming Switzerland AG» mit aktuell sechs Mitarbeitenden fertigt Prototypen für Kunden aus der Flugzeugindustrie, aus der Medizin, der Automobilindustrie, aus Architektur oder Landwirtschaft an.
Lea Erdin und auch Alireza Rafie haben beide die Sekundarschule absolviert. Erdin wollte eigentlich Architekturmodellbauerin lernen, Rafie Hochbauzeichner. Weder Erdin noch Rafie fanden in diesen Berufen aber Lehrstellen. Sie schnupperten in verwandten Berufen und blieben bei den Formenbauern und bei Honegger in Mägenwil hängen. Beiden gefällt die Mischung zwischen der Arbeit mit Computerprogrammen und der Bearbeitung der Formen von Hand und mit Maschinen. Wenn Erdin und Rafie gerade keine Formen und Prototypen aus Kunststoff herstellen, dann turnt Lea Erdin als Jugileiterin beim Turnverein Seengen. Alireza Rafie spielt mit Kollegen Fussball , Basketball und er unterstützt die Jubla Rohrdorf auch als Koch in der Lagerküche.
Bei Honegger wird Rafie weitermachen, Lea Erdin hingegen wird ihre Lehre in diesem Schuljahr beenden. Vielleicht hängt sie danach die Berufsmatura an. Ein bisschen träumt sie auch von den World Skills.

Heidi Hess