Wissenschaftler und Menschenfreund
28.10.2022 Wohlenschwil, Region ReusstalAm 22. September ist Viktor Zumsteg im Seniorenzentrum Tägerig im Alter von 94 Jahren gestorben
Mit dem Tod von Viktor Zumsteg verliert die Gemeinde Wohlenschwil eine aussergewöhnliche Persönlichkeit.
Viktor Zumsteg, der Weinliebhaber, trank während der Fastenzeit ...
Am 22. September ist Viktor Zumsteg im Seniorenzentrum Tägerig im Alter von 94 Jahren gestorben
Mit dem Tod von Viktor Zumsteg verliert die Gemeinde Wohlenschwil eine aussergewöhnliche Persönlichkeit.
Viktor Zumsteg, der Weinliebhaber, trank während der Fastenzeit keinen Alkohol, und dies seit Jahrzehnten. Ausgerechnet er, dem keine lukullischen Genüsse fremd waren, blieb während dieser 40 Tage konsequent. Da gab es kein Pardon. Seine Hartnäckigkeit zeichnete ihn aus. «Vik» Zumsteg, wie ihn alle nannten, konnte sehr beharrlich sein. Zum Glück.
1928 wurde er in Etzgen geboren und ist in Ennetbaden mit zwei Brüdern aufgewachsen. Im Turnverein «Vom Stein» übernahm er Verantwortung, wie so oft auch noch im späteren Leben: In den 1950er- und 60er-Jahren war er Präsident und Oberturner. Seine ehemaligen Kameraden bezeichnen ihn als «fleissigen Turner und Helfer bei Anlässen». Zumsteg pflegte die langjährigen Freundschaften aus seiner Badener Zeit bis kurz vor seinem Tod. Im «Vom Stein» lernte er auch seine zukünftige Ehefrau Rosemarie kennen und lieben.
Für die BBC war er in Brasilien
Vik Zumsteg war Maschineningenieur und arbeitete für die damalige BBC, für die er auch einige Jahre in Brasilien im Einsatz war. Wieder zurück in der Schweiz, zogen Vik und Rosemarie Zumsteg 1973 an den Sonnenweg in Wohlenschwil. Bald durfte der Kirchenchor Wohlenschwil-Mägenwil Rosemarie Zumsteg als neue Sängerin im Altregister willkommen heissen. Es dauerte wiederum nur kurze Zeit, bis auch ihr Ehemann Vik jedem Mitglied bekannt war. Schon nach kurzer Zeit wurde die Sängerschar zum ersten Mal ins Haus Zumsteg eingeladen und durfte die ausserordentliche Gastfreundschaft des Paares geniessen. Der Grundstein für viele weitere spontane oder sorgfältig vorbereitete Feste und liebevolle Gesten, für eine jahrzehntelange Tradition war gelegt. 1990 erklärte sich Vik Zumsteg mit Freude bereit, die Patenschaft für die neu geschaffene Fahne des Kirchenchors zu übernehmen. Fortan begleitete er den Chor noch enger und wurde Gönner und Schirmherr. Vik und Rosemarie Zumsteg schufen dem Kirchenchor soziale Heimat und prägten den Zusammenhalt in unvergleichlicher Weise.
Alte Kirche wird zum Kulturlokal
Es erstaunt nicht wirklich, dass Zumstegs Führungsqualitäten schon kurz nach seinem Zuzug nach Wohlenschwil auch den Behörden auffielen, wurde er doch bereits vier Jahre später in die Finanzkommission gewählt. Schnell lebte er sich in die Zahlenwelt der Gemeinde ein und übte dieses Amt von 1978 bis 1985 aus. Anschliessend stellte er sich als Präsident der Ortsplanungskommission zur Verfügung (1986 bis 1993).
Eine bedeutsame Rolle in Zumstegs Leben spielte die Alte Kirche, in der bereits seit 1980 kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Er engagierte sich von 1990 bis 1997 in der Kulturkommission und gehörte zum Kreis der Initianten, welche dafür sorgten, dass die Kirche als Kulturlokal erhalten werden konnte. Vik Zumstegs Beharrlichkeit, seine Standhaftigkeit, verbunden mit grosser Menschenliebe und unermüdlicher Leidenschaft, sind legendär. Er trieb die Renovation der Alten Kirche mit Gleichgesinnten voran und wurde dabei, was keinesfalls vergessen werden darf, von seiner Rosemarie tatkräftig unterstützt. Selbstredend, dass Vik Zumsteg bei der Gründung der «Stiftung Alte Kirche Wohlenschwil» federführend war. Von 1996 bis 2000 war er deren Präsident und anschliessend ihr Ehrenpräsident.
Macher und Konzept-Entwickler
Zumsteg war Naturwissenschaftler, Macher, Konzept-Entwickler. In ihm steckte auch ein philosophischer Geist, der sich mit den grossen Fragen des Lebens beschäftigte. Nach dem Wunsch seiner Mutter hätte er eigentlich Pfarrer werden sollen, er interessierte sich jedoch von Kindsbeinen an für die Wissenschaft und studierte nach seiner Pensionierung Astrophysik. Während Jahrzehnten führte Zumsteg Gästebücher, Tagebücher und Themenbücher. Täglich notierte er handschriftlich kleine und grössere Weisheiten, zum Teil auch satirischen Nonsens. Seine Einträge illustrierte er mit unnachahmlichen Mandalas.
Seit 2019 lebte Vik Zumsteg im Seniorenzentrum Tägerig, wo er am 22. September im Alter von 94 Jahren gestorben ist. Seine Energie, seine Überzeugungskraft, seine integrativen Fähigkeiten und sein Durchhaltevermögen werden in Erinnerung bleiben. Und nicht zu vergessen sein Humor – auch während der Fastenzeit.
Hans Oldani, unterstützt von Margrit Fischer, Erika Schibli, Markus Vögtlin, Peter Meyer, Sportverein Vom Stein