Rote Unterwäsche und richtig «Trösche»
30.12.2022 Region ReusstalSilvesterbräuche: Hierzulande wird auf vielerleiweise das neue Jahr begrüsst. Auch im Aargau gibt es Traditionen
Manche Tradition haben wir aus dem Ausland übernommen, aber es gibt auch urschweizerische Bräuche, nicht nur bei den Berglern, sondern auch in der ...
Silvesterbräuche: Hierzulande wird auf vielerleiweise das neue Jahr begrüsst. Auch im Aargau gibt es Traditionen
Manche Tradition haben wir aus dem Ausland übernommen, aber es gibt auch urschweizerische Bräuche, nicht nur bei den Berglern, sondern auch in der Region.
Das Bleigiessen, das im «Grossen Kanton» besonders beliebt ist, gehört in manchen Familien ja schon zur festen Silvestertradition, ebenso wie der Fernsehklassiker «Dinner for one». Feuerwerk, Fondue oder Raclette gehören selbstverständlich zu jedem Jahreswechsel dazu. Und Feuerwerk ist ohnehin Ehrensache – nicht nur am 1. August. Inwiefern sich aber die italienische Silvester-Sitte, zum Jahreswechsel rote Unterwäsche zu tragen, auch bei uns durchgesetzt hat, lässt sich leider nur schwer verifizieren. Das rote Unterzeug soll laut unseren südlichen Nachbarn Glück, Erfolg und Liebe für’s neue Jahr versprechen. Schön anzusehen ist es allemal.
Das gilt auch für einen uralten Brauch im Appenzellerland. Dort sind zur Jahreswende die Silvesterchläuse unterwegs – und das gleich zweimal: am 31. Dezember und nach dem julianischen Kalender am 13. Januar. Die Figuren mit ihren kunstvoll geschmückten Hüten nennen sich die «Schönen», die «Wüeschten» und «schö-wüeschten Chläuse». Vom frühen Morgen bis am Abend ziehen sie singend von Haus zu Haus und wünschen allen «es guets Neus». Wenn am Silvesterabend der Acht-Uhr-Stundenschlag verklungen ist, treiben auch in Laupen (BE) wilde Kerle mit Masken und Fellen ihr Unwesen: Beim «Achetringele» ziehen die «Besenmannen» vom Schloss hinunter ins Städtli und durch die Gassen, und schwingen dabei die langstieligen Wacholderbesen. Ihnen folgen die weiss gekleideten «Glöggeler». Zum Schrecken mancher Touristin werden nach dem Umzug die Mädchen von den «Besen- und Blateremannen» verfolgt und mit den aufgeblasenen «Söiblatere» traktiert. Das soll böse Geister austreiben. In Klosters (GR) wird dagegen jedes Jahr am Neujahrstag eine andere Sau durchs Dorf getrieben. Genau genommen gleich mehrere. Beim Hotschrennen laufen dort beim Neujahrsapéro auf dem Bahnhofsplatz acht Glückssäuli in verschieden farbigen Trikots um die Wette. Wer auf das richtige Ferkel gesetzt hat, hat die Chance auf einen Gewinn bei der anschliessenden Tombola. Ein Sauspass zwischen Tradition und Touristen-Plausch.
«Silvesterglöggle» und Silvesterfeuer
Besinnlicher wird das neue Jahr im wahrsten Sinne des Wortes im Aargau «eingeläutet». In Seengen marschieren seit Generationen Schulkinder beim «Silvesterglöggle» mit ihren auf Hochglanz polierten Kuhglocken durch die nächtlichen Strassen des Dorfes. Eine halbe Stunde vor Mitternacht beginnen dann die Kirchenglocken mit dem Ausläuten des alten Jahres. 15 Minuten später übernehmen die Kinder und wechseln sich um Mitternacht mit den Kirchenglocken ab. So schön!
Silvesterfeuer haben unter anderem rund um Lenzburg Tradition. Auf dem Staufberg wird nach altem Brauch um Mitternacht nach dem letzten Glockenschlag ein Feuer entzündet. Und auch auf dem Gipfel des Gofi, dem Hausberg der Lenzburg werden die schlechten Erinnerungen an das alte Jahr symbolisch verbrannt. In Hallwil wird neben dem «Silväschter-Füür» die «Silväschter-Trösche» praktiziert: Neben dem mächtigen Feuer auf dem Bruderhübel bringen die zehn «Drescher» ein langes Holzbrett an. Während die Kirchenglocken läuten, dreschen sie kurz vor Mitternacht mit ihren Dreschflegeln das alte Jahr aus, während die Zuschauer sich am Feuer wärmen und Punsch oder Mehlsuppe zu sich nehmen. Was sind dagegen schon rote Unterhosen?
Michael Lux