Seit 100 Jahren binden Jennis Blumen
20.12.2022 Mellingen, Region ReusstalBegonnen hat es 1922 an der Kleinen Kirchgasse mit einer Samenhandlung und mit Glaskastenbeeten hinter dem Altstadthaus
Viele Läden haben im Städtli dicht gemacht. Bei Blumen Jenni aber erhält man, so wie vor 100 Jahren, auch heute noch einen Blumenstrauss.
Irgendwann ...
Begonnen hat es 1922 an der Kleinen Kirchgasse mit einer Samenhandlung und mit Glaskastenbeeten hinter dem Altstadthaus
Viele Läden haben im Städtli dicht gemacht. Bei Blumen Jenni aber erhält man, so wie vor 100 Jahren, auch heute noch einen Blumenstrauss.
Irgendwann im Verlaufe des Gesprächs macht Kurt Jenni eine Liebeserklärung. Nicht an die Blumen und die Setzlinge, die in seinem Garten wachsen und ihn seit seiner Kindheit begleiten. Auch nicht an das Blumengeschäft, das er vom Vater und vom Grossvater übernommen hat, «weil es sich so ergeben hat». Kurt Jenni spricht von seiner Frau Doris, die im Laden nebenan gerade eine Kundin bedient: «Mit einer anderen Frau, die weniger gerne arbeiten würde, wäre das alles nicht möglich gewesen.» Sie könne nicht ruhig sitzen, sagt er und lacht. «Ja, das stimmt», bestätigt wenig später, ebenfalls lachend, Doris Jenni.
Der Blumenladen im Städtli jubiliert
Mit «das alles» meint Kurt Jenni Blumenladen und Gärtnerei. Dieses Jahr kann Blumen Jenni an der Kleinen Kirchgasse einen runden Geburtstag feiern. Vor hundert Jahren, im Jahr 1922, hatten die Grosseltern Louise und Hans Jenni in Mellingen ein Altstadthaus und ein Stück Land neben dem Gartengässli erworben. Sie waren aus dem Kanton Bern in den Aargau gekommen, lebten zunächst zwei Jahre lang in Othmarsingen. Sechs Kinder hatten Louise und Hans Jenni grossgezogen. Ruedi und Otto waren die jüngsten. Diese beiden waren es auch, die nach dem Tod von Hans Jenni 1954, das Geschäft weiterführten. Im Alter von 25 und 28 Jahren gründeten sie gemeinsam das Unternehmen Gebrüder Jenni. Otto spezialisierte sich als Landschaftsgärtner auf Gartenbau; Ruedi war als Topfpflanzengärtner für Gärtnerei und Blumenladen zuständig. Erst im Jahr 1992 sollte der Betrieb mit Gartenbau, Gärtnerei und Blumenladen in zwei selbstständige Unternehmen aufgeteilt werden: Ottos Sohn Andy Jenni wollte sich selbstständig machen und übernahm den Gartenbau Jenni mit Friedhof. Die Gärtnerei mit Blumengeschäft behielt Ruedi Jenni.
Kurt Jenni erinnert sich, wie sich der Arbeitsalltag im Gartenbau über Jahrzehnte veränderte. «Wo früher Wege und Treppen in Gärten von Hand mithilfe von Schaufeln und Schubkarren angelegt wurden, kommen heute Maschinen zum Einsatz.» In der Gärtnerei habe sein Vater die Setzlinge noch selbst ausgesät. Beim Pikieren habe dann die ganze Familie mitgeholfen. «Für uns war es eher ein Müssen», sagt Kurt Jenni. «Aber für diese Arbeit brauchte es einfach viele Leute.»
Die Floristin und der Gärtner
Seine Frau Doris lernte Kurt Jenni an einem Grümpelturnier in Tägerig kennen. Da wusste er noch nicht, dass die junge Frau die ihm so gut gefiel, genau wie er, täglich von Blumen umgeben war – von Pfingstrosen, Christrosen und vielen anderen besonderen Rosen. Aber wie hätte es sich besser treffen können? Der Gärtner und die Floristin. Ein Traumpaar in mancherlei Hinsicht.
Ab 1987 arbeiteten sie gemeinsam in der Gärtnerei und im Blumengeschäft. An der Grenze zur Altstadt und im Städtli gab es damals noch mehrere Bäckereien, drei Metzgereien, ein Lebensmittelgeschäft beim Kirchplatz, wo sich heute das Buchantiquariat befindet, eine Papeterie, ein Schuh- und ein Kleidergeschäft, auch ein Fotofachgeschäft und einen Optiker.
Mit Doris Jenni kam damals nicht nur eine junge Frau ins Blumengeschäft, sie brachte auch neue Ideen. In den 1980er-Jahren kamen Deko-Artikel auf und kompakte Sträusse mit viel Grün. Für den Vater war das gewöhnungsbedürftig. Ruedi Jenni liebte die Pflanzen, stellte auch selbst gerne Sträusse aus Schnittblumen zusammen und beriet seine Kundschaft. Er sei gerne unter Leuten gewesen, sagen Doris und Kurt Jenni. Aber mit dieser jüngsten Entwicklung im Bereich Floristik bekundete er Mühe. Zu viel Grün, zu viel zusätzliches Dekorationsmaterial. Das verursache bloss unnötige Kosten, meinte er, und bringe nicht viel.
Ruedi Jenni sah aber auch, dass die Kundinnen und Kunden Freude hatten an Doris Jennis Kreationen. Der Erfolg gab ihr recht und der Schwiegervater liess sie schliesslich machen. 1997 übergab er das Geschäft dem jungen Paar. Schon damals hätten sie mit dem «Adventszauber im Glashaus» begonnen, solche Ausstellungen vor Weihnachten waren in der Region vor über 20 Jahren noch einmalig. «Wir waren die einzigen», sagt Doris Jenni.
«Schön war, selber Chef sein»
Viel Arbeit, lange Tage. «Wir wissen kaum noch, wie wir das damals alles schafften, vier kleine Kinder und das Geschäft mit Angestellten und Lernenden», sagen rückblickend Doris und Kurt Jenni. Letztlich seien sie durchgekommen. Und Kurt Jenni ergänzt: «Schön war immer die Selbstständigkeit, selber Chef sein.»
Vier Floristinnen arbeiten schon seit vielen Jahren in Teilzeitpensen bei Blumen Jenni: Es sind dies Fränzi Bühler, Stefanie Dietiker, Regula Köpfli und Andrea Zurkirch. Gärtnerin Silvia Wolleb hatte bei Ruedi Jenni bereits die Lehre gemacht und unterstützt heute Kurt Jenni, dessen Ruhestand hingegen näher rückt. Er wird in absehbarer Zeit kürzertreten.
Eine Nachfolge für das Blumengeschäft und die Gärtnerei fehlen. Doris Jenni aber freut sich mit ihren Mitarbeiterinnen, noch einige Jahre im Blumengeschäft kreativ tätig zu sein, die treue Kundschaft zu beraten und zu bedienen und für sie Blumen zu binden und Gefässe zu verschönern.
Heidi Hess






