Die Stiefelgeissen der Familie Egloff erhalten ihr Weihnachtsessen erst nach Weihnachten
Ein paar Tage lang stehen die Tannen hochdekoriert in den guten Stuben. Sobald dieser Zauber vorbei ist, beginnt das Fest für die Stiefelgeissen.
Die Stiefelgeissen im Stall der Familie ...
Die Stiefelgeissen der Familie Egloff erhalten ihr Weihnachtsessen erst nach Weihnachten
Ein paar Tage lang stehen die Tannen hochdekoriert in den guten Stuben. Sobald dieser Zauber vorbei ist, beginnt das Fest für die Stiefelgeissen.
Die Stiefelgeissen im Stall der Familie Egloff in Mellingen müssen sich schon ein bisschen gedulden, bis auch für sie Weihnachten wird. Wenn es ein paar Tage nach den Festtagen aber soweit ist, fallen 16 Geissen im Gehege am Tägligerweg über die Tannen her, knabbern an Astspitzen, die sie besonders gerne mögen, fressen die Nadeln und schälen danach auch die Rinde ab. «Die Tannen sind nicht nur ein besonderer Leckerbissen für die Geissen», sagt Jenny Spillmann, «verschiedene Stoffe sind auch gesund.»
Dass sie erst einige Tage nach Weihnachten bei den Egloffs am Tägligerweg landen, dafür gibt es eine einfache Erklärung. Alle diese Tannen waren Christbäume. Sie standen in einer warmen Mellinger Stube, behängt und dekoriert mit roten, blauen und rosa Weihnachtskugeln, mit goldenen Engeln, silber Lametta, mit bunten Schleifen und Schokolademäusen, mit Tirggel oder Glassternen. Ist das Fest vorbei, verliert die Weihnachtstanne rasch an Attraktivität. Bei manchen früher, bei anderen später. Einzig bei den Geissen beginnt die Party erst jetzt. Zwar schenken die Stiefelgeissen den Tannen kein zweites Leben. Im Gegenteil. Als Festmahl sind die Tannen aber hochwillkommen. «Sie werden alles fressen», sagt Jenny Spillmann. Übrig bleibe lediglich der kahle Stamm.
Spillmann und Anneliese Egloff erklären, dass die besondere Pro Specie Rara-Rasse der Stiefelgeissen in den 1980er-Jahren in der Schweiz fast ausgestorben wäre. Heute gibt es landesweit wieder einige hundert Tiere. 16 davon inzwischen im Stall der Egloffs, nachdem sich vor rund acht Jahren Sohn Patrick Egloff, der damals gerade als Forstwart geschnuppert hatte, eine Stiefelgeiss wünschte. «Wir schenkten ihm eine Geiss mit zwei Jungen», sagt Mutter Anneliese. Sie vermehrten sich und seither weidet neben der Reuss eine kleine Herde. Steifelgeissen – den Namen haben sie von ihren schwarzen Füssen – eignen sich besonders für die Landschaftspflege, laben sich an Büschen und Gestrüpp. «Sie lieben Brombeerstauden, Hasel und Weiden», sagt Anneliese Egloff und lacht, als sie anfügt: «Und nach Weihnachten sind es die Christbäume». Diese bringen Nachbarn und Bekannte zu den Egloffs. Einzig der Schmuck muss zuvor sorgfältig entfernt werden. «Das ist wichtig», betonen Egloff und Spillmann.
Heidi Hess