Buchstäblich in letzter Minute fand Erich Fischer, Gründer von «Rüsstal Chili», einen Nachfolger für seinen Betrieb

«Rüsstal Chili» ist über die Region hinaus bekannt für seine feinen, teils extrascharfen Chili-Sorten und -Produkte. Doch zwei Jahre lang suchte Erich Fischer vergeblich nach einem Nachfolger. Jetzt fand sich eine optimale Lösung.

Es war eine Minute vor Zwölf. Ich war schon am Überlegen, wie ich meine Sachen entsorgen soll», berichtet Erich Fischer, Gründer von Rüsstal Chili. Seine Leidenschaft begann einst mit einer einzigen Chili-Staude, die er von seinem Bruder geschenkt bekam. Innert zehn Jahren baute er daraufhin ein kleines, erfolgreiches Unternehmen auf, das über die Region hinaus für seine exotischen, teils besonders scharfen Chili-Produkte berühmt wurde («Reussbote», 22. Oktober 2021). Seine Erzeugnisse vertrieb er auf Märkten und im eigenen Online-Shop. Schon vor einiger Zeit wollte Fischer, der den Betrieb mit Hilfe seiner Frau, und unterstützt von Freunden, im Nebenerwerb führte, kürzer treten und Rüsstal Chili in gute Hände abgeben. Doch zwei Jahre lang fand sich kein geeigneter Nachfolger – bis jetzt.

Angefressene Chili-Fans
In Erich Fischers Wintergarten herrscht geschäftiges Treiben. Kaum jemand blickt auf, als der Reporter ins Zimmer tritt. Die drei Männer und drei Frauen sind zu sehr mit dem Entkernen und Säubern von Chili-Schoten beschäftigt. Patrick Roth und seine beiden jüngeren Kompagnons Patrick Binder und Manuel Soiron sind die neuen Eigentümer von Rüsstal Chili: «Wir sind echte Chili-Fans und kaufen seit Jahren bei Rüsstal Chili», berichtet Patrick Roth aus Villmergen, der sich mit einem Augenzwinkern als Pressesprecher vorstellt und nach eigenen Angaben selten ohne seine Chili-Mühle aus dem Haus geht. Gleichzeitig ist Roth, wie sich herausstellt, auch der Vater von Manuel und Fabienne, deren Lebensgefährte wiederum Mitinhaber Patrick Binder ist. Auch Manuels Frau Vivienne sowie Monika Roth sind mit von der Partie. Ein echter Familienbetrieb also. Dass sie Rüsstal Chili übernommen hätten, sei eine sehr kurzfristige Entscheidung gewesen, so Roth. Als er kurz vor Weihnachten seine übliche Chili-Lieferung bei Fischer abgeholt habe, erfuhr er, dass dieser den Laden schliessen wolle. «Ich habe gefragt: Und wer macht dann mein Chili und meine Saucen?» «Du selbst oder gar niemand», lautete die lapidare Antwort. Der Funke war gezündet und schon Anfang Januar war der Vertrag unterzeichnet – natürlich nicht ohne vorher den Familienrat zu konsultieren. Die Frauen tragen das Unternehmen mit. Denn mit rund 400 Arbeitsstunden pro Jahr kommt einiges an Arbeit auf die «Jungunternehmer» zu. Zum Glück bringen diese bereits jede Menge Know-how mit.

Ein Koch und zwei Gärtner
Patrick Roth ist gelernter Koch und arbeitete in der Lebensmittelindustrie, wo er bereits eigene Rezepturen entwickelt hat, bevor er zur Versicherungsbranche wechselte. Patrick Binder und Manuel Soiron sind ihrerseits Landschaftsgärtner und kennen sich daher bestens mit der Aufzucht von Pflanzen aus. Vivienne und Fabienne kommen aus dem KV-Bereich, beziehungsweise aus der Buchhaltung, was ebenfalls nicht schaden kann. Darüber hinaus wird Erich Fischer seinen Nachfolgern noch mindestens ein Jahr mit Rat und Tat zur Seite stehen. Bis auf Weiteres dürfen sie auch sein Feld in Stetten weiter benutzen.
Und wollen sie auch etwas anders machen? «Wir wollen das Rad nicht neu erfinden», sagt Roth. Es sei sensationell, was Fischer in zehn Jahren aufgebaut habe. Als passionierte «Scharfesser», hätten sie bereits alle Chili-Sorten durchprobiert. «Um so ein Produkt zu finden, muss man lange suchen», schwärmt Roth. Zum Start soll das Sortiment allerdings zunächst ein bisschen verschlankt werden, bis man sich eingearbeitet habe. Dafür soll es bei Rüsstal Chili künftig auch Innovationen geben, die den aktuellen Trends und Kundenwünschen Rechnung tragen: «Süsse Chili-Sauce wird zum Beispiel verlangt. Da habe ich bereits eine erste Test-Kochreihe gemacht», berichtet Roth. Besonders freut sich die Familie auch darauf, ihre Produkte live vor Ort zu präsentieren: «Auf Märkte zu gehen, ist eine schöne Geschichte. Wir sind sehr kommunikativ», sagt das Familienoberhaupt. Sie würden bereits laufend angefragt für Märkte in der Region. Los geht es bereits am 10. April mit dem Ostermarkt in Bremgarten. Doch zuvor müssen sich die sechs noch etwas ranhalten. Eine Person verarbeitet etwa ein Kilo Chili pro Stunde. Und es stehen noch einige Kisten parat. Da kommt man schon ins Schwitzen – und das ganz ohne scharfe Chili-Sauce.

Michael Lux

Infos und Termine: ruesstalchili.ch