Alle sollen für Mellingen am gleichen Strick ziehen
28.02.2023 Mellingen, Region ReusstalGyörgyi Schaeffer ist die erste Frau, die das Amt als Gemeindeammann im Reuss-Städtchen innehat. Eine erste Bilanz nach einem Jahr
Sie ist die erste Frau, die im geschichtsträchtigen Mellingen Frau Gemeindeammann wurde. Seit einem Jahr ist sie im Amt. Sachpolitik und dass ...
Györgyi Schaeffer ist die erste Frau, die das Amt als Gemeindeammann im Reuss-Städtchen innehat. Eine erste Bilanz nach einem Jahr
Sie ist die erste Frau, die im geschichtsträchtigen Mellingen Frau Gemeindeammann wurde. Seit einem Jahr ist sie im Amt. Sachpolitik und dass alle am gleichen Strick ziehen, ist ihr wichtig.
Sie übt ihr Amt als Frau Gemeindeammann gerne aus. Györgyi Schaeffer (51) sagt: «Ich mag alles, was das Amt als Frau Gemeindeammann mit sich bringt.» So schätzt sie den Kontakt zu den Menschen, die Arbeit auf ein höheres Ziel hin, den Dienst am Gemeinwohl und das Schöpferische. Was sie nicht leiden kann, sind zwischenmenschliche Misstöne. Doch wer denkt, dass sie sich dadurch aus der Ruhe bringen lässt, täuscht sich. «Ich bin ein friedfertiger Mensch. Zwischendurch muss man sich aber durchsetzen.» Auch in der Kommunalpolitik sei es wichtig, stets professionell zu agieren. «Im Gemeinderat kann man durchaus verschiedene Meinungen haben. Wichtig sei, persönliche Interessen zurückzustellen und so zu entscheiden, was für die nachhaltige Entwicklung von Mellingen das Beste sei», führt Schaeffer aus.
Treffen mit Sommaruga im Juni 2022
In ihrem Büro im Rathaus hängt ein Foto vom ersten Gemeindepräsidentinnentreffen der Schweiz vom Juni 2022. «Das Treffen war super. Was Bundesrätin Simonetta Sommaruga zu uns Frauen sagte, hat mich sehr beeindruckt. Sie erläuterte, dass vor allem in der Kommunalpolitik Frauen immer noch deutlich in der Minderzahl sind und dass dies geändert werden müsse.» Und das war Mellingerinnen und Mellingern bereits 2019 ein Anliegen. Damals drohte nach dem Rücktritt von Gemeinderätin Giovanna Suter der Gemeinderat zu einem rein männlichen Gremium zu werden. Schaeffer wurde daher von verschiedener Seite ermuntert, für den Gemeinderat zu kandidieren. Und sie wurde gewählt. Zweieinhalb Jahre war sie bis zur Erneuerungswahl Gemeinderätin. Nach dem Rücktritt von Bruno Gretener wagte sie den nächsten Schritt und kandidierte als Gemeindeammann. Schaeffer wurde zur ersten Frau Gemeindeammann von Mellingen – ein wahrhaft historisches Ereignis.
Sie ist kein unbekanntes Gesicht
«Bei den Erneuerungswahlen wussten die Wählerinnen und Wähler bereits wer ich bin und dass ich mich für Mellingen einsetze. Deshalb wählten sie mich», sagt sie. Schaeffer ist gebürtige Ungarin, verheiratet und hat zwei Kinder. Sie lebt nicht nur seit elf Jahren im Reuss-Städtchen, sondern engagiert sich auch aktiv in verschiedenen Vereinen und Kommissionen.
Das Einweihungsfest der Umfahrung Mellingen ist klar das Highlight in meiner einjährigen Amtszeit», so Schaeffer. «Da der Kanton die Umfahrung acht Monate früher fertigstellte, musste der Gemeinderat sehr schnell ein Fest organisieren. Wir beschlossen deshalb, dies zum grössten Teil einer professionellen Firma zu überlassen.» Und das habe sich ausbezahlt. Das Fest für das Jahrhundertprojekt bleibt nicht nur ihr, sondern auch allen Anwesenden in bester Erinnerung. «Das Einweihungsfest konnte nur deshalb so gut gelingen, weil alle Beteiligten auf ein gemeinsames Ziel hin gearbeitet und am gleichen Strick gezogen haben.» Als weiteres Highlight führt Schaeffer die Jubilarenfeier auf. «Ich durfte in der Gesellschaft unserer Seniorinnen und Senioren, sowie des damals 103 Jahre alten Otto Kolb – leider verstarb er kürzlich – beste Unterhaltung durch die Stadtmusik, den Jodelchor und weiteren Sängern geniessen.»
Stimmung hätte kippen können
Als grösste Herausforderung in ihrer bisherigen Amtszeit sieht sie die Sommer-Gmeind im letzten Jahr. Das Ehrenbürgerrecht für alt Ammann Bruno Gretener wurde an der Winter-Gmeind davor unter «Verschiedenes» beantragt. «Für mich war immer klar, dass die Gemeindeversammlung darüber zu entscheiden hat. Vor der Sommer-Gmeind erschienen im Vorfeld diverse Leserbriefe in den Zeitungen. Nicht alle waren mit der Vergabe des Ehrenbürgerrechts einverstanden. «Ich machte mir Sorgen, dass es an der Gemeindeversammlung eskalieren könnte», verrät sie. «Ich wollte um jeden Preis einen Skandal verhindern und das Ganze sachlich durchbringen. Zum Glück ging alles gut über die Bühne und meine Sorge war unbegründet.»
Finanzlage nach wie vor angespannt
Eine grosse Herausforderung in der Gemeinde seien die Finanzen, so Schaeffer. Als Zentrumsgemeinde habe Mellingen viele Ausgaben zu bewältigen. So steht die Aufwertung Hauptgasse und des Zentrumgebietes an. Um die beste Lösung für die Altstadt zu finden, lädt der Gemeinderat im April die Bevölkerung zum dritten Plaza-Workshop ein. Schaeffer freut sich, dass bereits neue Tafeln an geschichtsträchtigen Häusern angebracht wurden und die Gerichtsstube – befindet sich in Privatbesitz – endlich eingerichtet ist. Sie dient der Schule als Anschauungsunterricht für die regionale Geschichte.
Ein grosser Posten ist auch die anstehende Hallenbadsanierung für die Gemeindekasse. «Schulsport muss gemäss Lehrplan angeboten werden. Wenn wir keinen Schwimmunterricht anbieten, müssen wir eine zusätzliche Sporthalle bauen. Es macht deshalb Sinn, das Hallenbad zu sanieren», so Schaeffer. Der Gemeinderat versucht, trotz tiefem Steuersubstrat und anstehenden Investitionen, den Steuerfuss nicht zu erhöhen.»
Debora Gattlen
«Ein Jahr im Amt»
In dieser Reihe blicken die neu gewählten Gemeindeammänner und ihre Amtskolleginnen zurück auf ihr erstes Jahr im Amt. Bereits erschienen: 24. Februar, Norbert Ender, Niederwil.