Kultbeiz «Central» schliesst im Sommer die Türen
14.03.2023 Stetten, Region ReusstalDas Restaurant Central schliesst. Im Sommer steht eine Strassensanierung an. Den Betreibern fehlt die Kraft, die Dorfbeiz weiterzuführen
Im Sommer steht die Kantons-Strassensanierung vor dem Restaurant Central an. Dem Betreiber-Team fehlt die Kraft, sich nach Corona nochmals einer ...
Das Restaurant Central schliesst. Im Sommer steht eine Strassensanierung an. Den Betreibern fehlt die Kraft, die Dorfbeiz weiterzuführen
Im Sommer steht die Kantons-Strassensanierung vor dem Restaurant Central an. Dem Betreiber-Team fehlt die Kraft, sich nach Corona nochmals einer neuen Herausforderung zu stellen. Schweren Herzens geben sie Forfait.
Es war kein einfacher Entscheid. Das Team des Restaurant Central fällte ihn gemeinsam. «Es ist ein reiner Vernunft- und kein Herzentscheid», sagt «Central»- Wirtin Susanne Zürcher. Es ist seit längerer Zeit bekannt, dass der Kanton die Hauptstrasse durch das Dorf Stetten saniert. Mitte 2023 wird das Stras senprojekt nun in Angriff genommen. Die Anstösser wurden vor Ort über mögliche Einschränkungen während der Sanierung informiert. So auch die Betreiber des Restaurant Central. «Wir wurden letzte Woche informiert, was die Kantonsstrassensanierung für uns bedeutet», sagt Zürcher. «Die Strassensanierung dauert voraussichtlich eineinhalb Jahre.» Dabei werde es gemäss Kanton zwischendurch zu längeren Vollsperrungen der Strassen rund um das Restaurant kommen. «Unsere Gäste können dann nicht mehr direkt zu den Parkplätzen des Restaurants gelangen», so Zürcher. «Wir haben viele ältere Gäste, die nicht mehr gut zu Fuss sind.»
Keine Kraft für Ungewissheit
Von der Strassensanierung betroffen, ist auch die bei den Gästen sehr beliebte Gartenterrasse zur Gnadenthalstrasse hin. Während der Bauarbeiten kann diese nicht genutzt werden. «Wir haben bei den Ausführungen der Kantonsvertreter leer geschluckt», sagt Zürcher. Eine Teamsitzung folgte, eine Entscheidung wurde gefällt. «Wir haben nach zwei Jahren Pandemie keine Kraft mehr, uns auf eine ungewisse Zeit einzulassen. Wir können nicht voraussehen, was die Strassensanierung für den Restaurantbetrieb bedeutet. Wir haben zwar sehr treue Gäste. Bei einer so grossen und langen Sanierung wissen wir aber nicht, ob unsere Gäste ausbleiben.»
Beste Zeit im «Central» erlebt
«Wegen unseren Gästen bedauern wir die Schliessung des ‹Central›. Die Gäste sind uns sehr ans Herz gewachsen. Vom Banker bis zum Handwerker ist bei uns alles vertreten. Es kommen auch viele Vereine oder Gruppen, die bei uns regelmässig Jassen», sagt Zürcher. Für alle Gäste hatte die Wirtin stets ein offenes Ohr, ein nettes Wort übrig oder auch einen Witz bereit. Ihr Lebensgefährte Hansjörg Schulthess betreut die Gäste jeweils in der Frühschicht. «Er legt ihnen ihre bevorzugte Zeitung an den Tisch und weiss, was sie jeweils dazu konsumieren», führt Zürcher aus. Auch das übrige Team mit Tochter Sandra Zürcher und Köchin Noëlle Freimann gaben für das «Central» alles. Das wussten die Gäste zu schätzen. «Es ist traurig, dass sie aufhören. Ich komme seit elf Jahren nach Feierabend ins ‹Central›. Es ist ein beliebter Treffpunkt in Stetten. Es ist schade, wenn er verloren geht», sagt Andreas Flückiger aus Stetten.
Von Gästen kommt viel zurück
Zürcher beschreibt die Zeit im «Central» so: «Es ist ein schöner Abschnitt meines Lebens. Ich werde die Zeit, die noch bis zur Schliessung bleibt, einfach nur geniessen.» Zürcher war – bevor sie Wirtin im «Central» wurde – zehn Jahre Köchin beim Kinderhort in Mellingen. Mit dem «Central» verwirklichte sie sich ihren Traum vom eigenen Restaurant. Wie es weitergeht, weiss sie noch nicht. «Ich lasse mir verschiedene Optionen offen. Ob es wieder ein Restaurant in der Region oder ob sie für einen Kinderhort kochen wird, werde sich weisen. Auch wenn die meisten Gäste die Schliessung bedauern und fragen, ob sie nicht trotzdem weitermachen könne, ist das keine Option mehr. «Wir hatten eine erfolgreiche Zeit hier. Wenn Covid nicht gewesen wäre, hätten wir uns der Herausforderung mit der Strassensanierung gestellt. Leider haben wir keine Kraft mehr, uns nochmals auf eine ungewisse Zeit einzulassen», so Zürcher. «Ich liebe alle meine Gäste. Hier im ‹Central› hat alles gepasst.» Gast Andy Eichelberger aus Sulz sagt: «Wenn das ‹Central› schliesst, werden trockene Zeiten anbrechen. Ich und meine Kollegen werden wohl künftig zu Hause unser Bier trinken müssen.» Er trifft sich einmal pro Woche mit Heimweh-Künter im «Central». «Wir treffen uns seit den 1960er-Jahren einmal pro Woche im ‹Central›», sagt Erich Bühler aus Orselina (TI). «Früher ging hier die Post ab. Künter fuhren mit ihren Töfflis beim Hintereingang hinein, tranken ein Bier und fuhren vorne wieder hinaus.» Auch ein Bauer sei einmal mit einer Kuh ins Lokal auf ein Bier gekommen.
Restaurant hat lange Tradition
Wie der Einstand vor vier Jahren mit einem Fest begann, verspricht Zürcher und ihr Team ihren Gästen ein Fest beim Abschied. «Wir werden an einem Wochenende eine Austrinkete für die Gäste veranstalten», sagt sie. Wann, ist noch offen. Wir werden aufhören, sobald mit den Bauarbeiten begonnen wird.» Den Baulärm könne sie ihren Gästen nicht zumuten. Presslufthammergeräusche zum Znüni oder am Nachmittag zum Jassen, sei wirklich nicht das, was Gäste sich wünschen. Zürcher sagt: «Ich hoffe, dass bei der Austrinkete im ‹Central› nochmals so richtig die Post abgeht.»
Debora Gattlen