Anwohner-Proteste gegen Lkw-Zufahrt
28.04.2023 Mellingen, Region ReusstalAm Rietschenweg wird die letzte Bauparzelle überbaut. Die Baustellenzufahrt im Gheid passt nicht allen
Die Baustelle am Rietschenweg war einst Installationsplatz für die Grossüberbauung Neugrün. Die Zufahrt zur letzten freien Bauparzelle ist für Lastwagen nur ...
Am Rietschenweg wird die letzte Bauparzelle überbaut. Die Baustellenzufahrt im Gheid passt nicht allen
Die Baustelle am Rietschenweg war einst Installationsplatz für die Grossüberbauung Neugrün. Die Zufahrt zur letzten freien Bauparzelle ist für Lastwagen nur rückwärts möglich. Anwohner sind besorgt.
Die mit Regenschirmen bewehrte Delegation am sonst beschaulichen Rietschenweg war Anfang dieser Woche nicht zu übersehen. Was machten Frau Stadtammann Györgyi Schaeffer, Gemeinderat Beat Gomes und Bauverwalterin Nathalie Nietlispach frühmorgens im Regen auf einer Baustelle? Offensichtlich lieferten sich die Amtsträger mit dem Architekten der Überbauung und einem Anwohner heftige Diskussionen. Wie zu erfahren war, ging es bei diesem Treffen um die Baustellenzufahrt. Die rückwärts durch den Rietschenweg fahrenden Lastwagen, lösen bei manchen Anwohnern Ängste aus. Sie kritisieren den Gemeinderat, er setze das Leben von Schulkindern aufs Spiel, die diesen Weg täglich passieren müssen. Gefordert wird, dass die Lkws den Rietschenweg nur noch vorwärts befahren dürfen. So würden die Vorschriften des Strassenverkehrsgesetzes eingehalten, die längeres Rückwärtsfahren verbieten. Forderungen, die zur Knacknuss werden. Denn am Rietschenweg ist der Platz bei der letzten zu überbauenden Bauparzelle knapp, der Weg eng.
Gemeinderat hält sich an Gesetze
Was tun? Der für das Ressort Hochbau zuständige Gemeinderat Beat Gomes räumt auf Anfrage ein, dass hier grundlegend verschiedene Interessen und Bedürfnisse aufeinandertreffen. Er sagt: «Ja, es gibt Beschwerden aus der Nachbarschaft. Und die nehmen wir ernst. Eine gewisse Gefahr für Fussgänger geht durchaus von den rückwärtsfahrenden Lkws aus.» Den Vorwurf, der Gemeinderat würde sich nicht an die Strassenverkehrsgesetze halten, weist Gomes zurück. Er sagt: «Der Gemeinderat hat sich detailliert mit den möglichen Zu- und Wegfahrtsmöglichkeiten befasst. Auch die Regionalpolizei hat sich die Sache angesehen. Es ist schwierig, eine für alle befriedigende Lösung zu finden.» Die Zufahrt über das Neugrün, die Poller wurden für eine Probephase entfernt, wurde wieder verworfen. Bereits nach kurzer Zeit hätten Anwohner die Zufahrt als Schleichweg entdeckt. Auch die Zufahrt über einen Landwirtschaftsweg war keine Alternative. «Die richtige Anfahrt für die Baustelle zu finden, ist in etwa so schwierig, wie die Quadratur des Kreises zu zeichnen», sagt Gomes. «Es gibt schlichtweg keine allseits befriedigende Lösung. Das ist mitunter auch der Preis für das verdichtete Bauen. Für einen Baustopp fehlen die rechtlichen Grundlagen. Die Grundeigentümer haben das Recht, die Parzelle zu überbauen.»
Kinder haben keine Angst
Bei einem Augenschein des «Reussbote» vor Ort sagten verschiedene Kindergarten- und Schulkinder, dass sie auf dem Schulweg die Baustelle passieren. Gloria (11) sagt: «Ich warte einfach ab, bis der Lkw vorbeigefahren ist und fahre dann mit meinem Kickboard weiter.» Berat (12), Adin (8), Noah (7) und Aarav (6) sagen: «Wir haben wegen der Lastwagen keine Angst. Wir gehen einfach zur Seite und laufen weiter, wenn der Lastwagen vorbeigefahren ist.»
Ein Lkw-Fahrer, der auf der Baustelle Gerüstholzabdeckungen anlieferte, verriet, dass er über die Unstimmigkeiten zwischen einem Anwohner und der Bauherrschaft Bescheid wisse. Dazu äussern wolle er sich nicht. Er stufe die Baustellenzufahrt aber als nicht gefährlich ein. Die heutigen Lkws seien alle mit einer Rückfahrkamera ausgestattet. Der von vielen gefürchtete tote Winkel befinde sich auf der rechten Vorderseite des Lkws. Das falle beim Rückwärtsfahren weg.
Die Sorgen der Anwohner
Besorgte Anwohner sehen das anders. Längeres Zurücksetzen sei gemäss Strassenverkehrsgesetz nicht erlaubt. Richard Spathelf, Leiter Sektion der Aargauer Verkehrszulassung beim Strassenverkehrsamt, sagt: «Im Verkehr gibt es Situationen, die nur durch Rückwärtsfahren gelöst werden können». Etwa wenn Strassen nach Unfällen blockiert sind, wegen parkierten Fahrzeugen oder bei Baustellen. Dabei gilt als längere Strecke eine Strecke von rund 50 Metern.
Offenbar soll der Lkw-Verkehr am Rietschenweg nach dem Aushub aber bereits deutlich abgenommen haben, wie weitere Anwohner sagen. Voraussichtlich im Sommer 2024 soll das Bauprojekt beendet sein.
Debora Gattlen