Freud und Leid lagen nah beieinander
28.04.2023 Mellingen, Region ReusstalDer Jahresbericht des Alterszentrums Mellingen-Wohlenschwil beschreibt ein turbulentes Jahr 2022
Die Fertigstellung des Erweiterungsbaus im Juni steht im Vordergrund des Jahresberichts. Der Zusammenbruch von Zentrumsleiter Willy Keller überschattete jedoch die Freude und brachte ...
Der Jahresbericht des Alterszentrums Mellingen-Wohlenschwil beschreibt ein turbulentes Jahr 2022
Die Fertigstellung des Erweiterungsbaus im Juni steht im Vordergrund des Jahresberichts. Der Zusammenbruch von Zentrumsleiter Willy Keller überschattete jedoch die Freude und brachte zusätzliche Herausforderungen.
Bevor im Sommer das grosse Einweihungsfest stattfinden konnte, warf Corona nochmals seine Schatten auf Bewohnende und Personal des Alterszentrums. Der Bundesrat erliess am Mittwoch 2. Februar die Quarantänepflicht und Empfehlung für Homeoffice. Schon am nächsten Tag waren trotz aller Vorsichtsmassnahmen bereits die ersten Personen im Alterszentrum infiziert: «Bis am Wochenende waren es 15 Coronafälle bei Bewohnenden und sieben bei Mitarbeitenden», beschreibt der mittlerweile pensionierte Zentrumsleiter Willy Keller, die damalige Situation. Zum Glück sind alle Bewohnenden vollständig genesen.
Bis zum 18. Juni konnten die Massnahmen jedoch gelockert werden und das grosse Einweihungsfest wurde bei strahlendem Sonnenschein und unter grosser Anteilnahme der Bevölkerung gefeiert («Reussbote» 21. Juni 2022). Willy Keller und seine designierte Nachfolgerin Johanna Hutzler, freuten sich ebenfalls über den gelungenen Bau und sprachen mit dem «Reussbote» voller Optimismus über die bevorstehende Übergabe der Zentrumsleitung im Januar 2023. Dann wollte Keller offiziell nach 17 Jahren im Amt in die wohlverdiente Frühpension gehen. Doch es kam anders: Bereits am nächsten Tag musste Keller notfallmässig ins Spital und erlitt mehrere Herzstillstände, wie er selbst im Jahresbericht ausführt. Nach erstem Bangen erholte sich Keller jedoch zum Glück und sammelte in der Reha neue Kräfte. Kurz darauf folgte die nächste Hiobsbotschaft: Mitte Juli musste auch Vorstandspräsidentin Erika Schibli mit einem Herzinfarkt ins Spital. Auch sie erholte sich glücklicherweise im Laufe des Jahres.
Personal brachte Höchstleistungen
Eine Herausforderung war der krankheitsbedingte Ausfall von Willy Keller vor allem für das Leitungsteam, das nun, früher als erwartet, die Hüte tauschen musste. Melanie Zollinger übernahm ad interim die Leitung Pflege und Betreuung von Johanna Hutzler, die nun schon vorzeitig als Zentrumleiterin einspringen musste. Bei der Übernahme ihrer neuen Rolle unterstützen sich die beiden jeweils tatkräftig: «Übernimmst du bitte, ich muss unbedingt dies oder das noch fertig machen», habe es mehr als einmal geheissen, erinnert sich Hutzler in ihrem persönlichen Rückblick. Im Sommer stand als erste grosse Bewährungsprobe der Umzug der Bewohnenden in den fertigen Neubau an. Doch bevor im September die eigentlichen Bewohnenden einzogen, wurde erst einmal auf Probe gezügelt. Da im bestehenden Wohnbereich die Böden in den Gemeinschaftsräumen erneuert werden mussten, wechselten die Bewohnenden des ersten und zweiten Wohnbereichs im Juli und August in Etappen für einige Wochen in die 14 brandneuen Pflegeappartements. Die einen waren sofort begeistert von den hellen Räumlichkeiten und freuten sich über das grosse Platzangebot. Andere fremdelten laut Bericht zunächst mit der ungewohnten Umgebung und haderten mit den anfänglichen Kinderkrankheiten des Neubaus, mit dessen komplexer Technik sich auch Haustechnik und Hausdienst erst einmal vertraut machen mussten. Im wahrsten Sinne des Wortes eine grössere Baustelle war das Thema Brandschutz. Davon konnte die Baukommission ein Lied singen. Obwohl diese sich insgesamt zufrieden mit dem Bauverlauf zeigt: Präsident Leo Peterhans hebt in seinem Jahresrückblick hervor, dass der Bau ohne nennenswerte Unfälle abgeschlossen werden konnte und der Baukredit trotz aller Widrigkeiten im Vorfeld eingehalten wurde. Auch die kleineren Fehler, die nach Inbetriebnahme noch festgestellt wurden, konnten behoben werden. Einen Strich durch die Rechnung machte den Bauherren die Aargauische Gebäudeversicherung. Die Feuerpolizei hatte bei einer Begehung die aktuelle Fluchtlösung über die neu gebaute Passerelle nicht akzeptiert. Möglicherweise muss der Neubau durch eine stählerne Nottreppe am hinteren Teil des Gebäudes ergänzt werden. Noch laufen die Abklärungen.
Leicht positive Erfolgsrechnung
Dank einer Warteliste mit über 100 Personen konnten die neuen Appartements innerhalb kürzester Zeit vermietet werden und die glücklichen Bewohnenden einziehen. Nach wie vor sei es aber schwierig, geeignetes Pflegepersonal zu finden, heisst es im Jahresbericht, der in der Erfolgsrechnung dennoch einen um rund 264 000 Franken erhöhten Personalaufwand im Vergleich zum Vorjahr aufweist. Dies bedingt durch den Personalaufbau für den Erweiterungsbau sowie Corona-Ausfälle, die durch externe Mitarbeitende aufgefangen werden mussten. Erfreulich fiel in 2022 der Ertrag der Gastronomie aus, der trotz Corona zum Vorjahr um 100 000 Franken stieg. Nachdem kürzlich die neue Terrasse eröffnet wurde, dürfte das noch zu toppen sein. Insgesamt schloss die Erfolgsrechnung 2022 mit über 9 000 Franken positiv. Das laufende Jahr ist mit einem Plus von 90 000 Franken budgetiert. Johanna Hutzler, die mittlerweile offiziell die Leitung vom im September genesenen Willy Keller übernommen hat, blickt angesichts der gemeisterten Herausforderung positiv in die Zukunft: «Es stimmt mich sehr zuversichtlich für die Zukunft, dass wir trotz diesem grossen Erdbeben, das wir erlebt haben, gemeinsam den Betrieb weiterführen und aufeinander zählen können.»
Michael Lux