Im Rhönrad schwingt sie sich zu WM-Silber
30.06.2023 Stetten, Region ReusstalCheyenne Wietlisbach ist Rhönrad-Turnerin. Am 15. Juli bestreitet sie mit dem Schweizer Team die Weltmeisterschaft in Chicago
Bald fliegt Cheyenne Wietlisbach nach Chicago, an die Team-Weltmeisterschaft im Rhönrad. – Schwünge und Sprünge bringen ihr ...
Cheyenne Wietlisbach ist Rhönrad-Turnerin. Am 15. Juli bestreitet sie mit dem Schweizer Team die Weltmeisterschaft in Chicago
Bald fliegt Cheyenne Wietlisbach nach Chicago, an die Team-Weltmeisterschaft im Rhönrad. – Schwünge und Sprünge bringen ihr Erfolg.
Was im Alter von 11 Jahren begann, entwickelte sich zu einer wunderbaren Erfolgsgeschichte. Nötig waren ein Rad – ein Rhönrad, um genau zu sein – Disziplin und die hohe Eigenmotivation eines kleinen Mädchens. Nötig waren auch Voraussetzungen wie eine besonders ausgeprägte Körperspannung. Solche Faktoren gipfelten viele, viele Trainingsstunden und einige Jahre später im bislang höchsten Erfolg der 18-jährigen Stetterin: Cheyenne Wietlisbach holte 2022 an den Weltmeisterschaften in Sonderborg, in Dänemark, mit dem Rhönrad, in der Disziplin Sprung, die Silbermedaille. «Die Medaille kam völlig unerwartet», sagt die Hochleistungssportlerin. Sie sei nach Sonderborg gegangen, um dort ihre Bestleistung zu zeigen. Zwar konnte sie sich dann sogar als Vierte fürs Finale qualifizieren. Ihre Sprünge seien aber einfacher gewesen als diejenigen ihrer Konkurrentinnen. «Zum Beispiel führte ich eine halbe Schraube aus, wo andere eine ganze machten», erklärt sie. Bis vor der Siegerehrung habe sie nicht damit gerechnet, dass sie aufs Podest gerufen werde. «Offenbar konnte ich das mit der Ausführung meiner Sprünge aber kompensieren.» Die Freude über die Silbermedaille war in der Folge umso grösser. «Es war mega-cool», sagt Cheyenne Wietlisbach.
Die WM in Chicago als Belohnung
Die Stetterin wurde vor dem grossen WM-Erfolg bereits etliche Male Schweizer Meisterin. In ihrem Jahrgang zum ersten Mal 2018 im «Sprung», einer von drei möglichen Rhönrad-Disziplinen. Turnerinnen und Turner messen sich in dieser Randsportart noch in zwei weiteren Disziplinen, in der «Geraden» und in der «Spirale». Dass die Stetterin, die für den TV Untersiggenthal an den Start geht, alle drei Disziplinen beherrscht, zeigte sich bereits ein Jahr später an den Schweizer Meisterschaften 2019: Dort dominierte sie in allen drei Disziplinen und holte in ihrem Jahrgang den Gesamtsieg. Das wiederholte sich 2021 und 2022. Dieses Jahr startete Wietlisbach im März 2023 erstmals bei den Aktiven. «Das ist eine Umstellung», sagt sie. «Die Kür im Geradeturnen muss kreativer sein, sie wird – anders als in den Jugendkategorien – auch von Musik begleitet und wir müssen dabei den Rhythmus, die Schläge treffen.» Wietlisbach meisterte auch diese Herausforderung und holte sich erneut den Titel.
Die Belohnung für diese Leistung folgt in wenigen Wochen: Sie darf nach Chicago, um ihr Können mit ihren Turnkolleginnen und -kollegen in den USA an den Team-Weltmeisterschaften am 15. Juli zu zeigen. Mit im Team ist auch der Basler Weltmeister Simon Rufener.
Der Umgang mit Schwung und Druck
Cheyenne Wietlisbach hat dank Jessica Lang, einer Cousine ihrer Mutter, im Alter von 11 Jahren zum Rhönrad gefunden. «Sie nahm mich mit und ich durfte in Turgi gleich mittrainieren», sagt die Turnerin, die zuvor jahrelang rhythmische Gymnastik in Mellingen machte und als kleines Mädchen auch Ballett. Das Radgefühl musste sie sich aber erst aneignen, im Rad beispielsweise den Umgang mit Schwung und Druck. «Das aber kommt mit der Routine», meint Wietlisbach.
Drei- bis viermal wöchentlich trainiert Wietlisbach in Turgi oder in Untersiggenthal. Hinzu kommen Trainings mit dem Nationalkader in Zürich und an Wochenenden Wettkämpfe, die sie auch mal nach Österreich oder Dänemark führen. Trainiert wird Kraft, die im Rhönrad gepaart mit Ästhetik und Eleganz zu einem gelungenen Auftritt führen.
Nach der WM folgt ein Road-Trip
Heute ist der Alltag der Sportlerin durchgetaktet. Tagsüber absolviert sie in Niederrohrdorf eine Banklehre mit Berufsmatura, abends trainiert sie und gibt ihr Wissen zweimal wöchentlich auch dem Nachwuchs des TV Untersiggenthal weiter. Oft ist sie erst nach 22 Uhr zu Hause. Wie passt das alles zusammen? Sie arbeite seit jeher sehr diszipliniert, erklärt sie und fügt an: «Das Lernen fällt mir leicht.» Und wenn dann immer noch etwas Zeit bleibt, macht sie noch mehr Sport oder sie trifft sich mit Freundinnen und Freunden. Mit Freunden verlängert sie nach den Teamweltmeisterschaften auch den Aufenthalt in den USA. Sie planen einen Road-Trip, wollen bis nach New York und Washington. Nächstes Ziel aber sind die Weltmeisterschaften in Chicago, auf die sich die Stetterin sehr freut. Sie freut sich aufs Turnen ganz allgemein, auf den Wettkampf im Team, weil alle einander «super unterstützen» und sie freut sich auch auf die Sportlerinnen und Sportler aus anderen Ländern, von denen sie einige bereits kennt.
Heidi Hess
Kurze Videos auf Youtube zeigen, wie Cheyenne Wietlisbach mit dem Rhönrad die Gerade, den Sprung oder die Spirale turnt.