Neue Grüngutabholung angenommen
09.06.2023 Wohlenschwil, Region ReusstalAbstimmung über das neue Abfallreglement sorgte für Rekordbeteiligung bei der Gmeind am Mittwoch
Die meisten Traktanden wurden grossmehrheitlich angenommen. Wie zu erwarten, gab es beim Thema Grüngutentsorgung eine lebhafte Debatte. Die Befürworter setzten sich ...
Abstimmung über das neue Abfallreglement sorgte für Rekordbeteiligung bei der Gmeind am Mittwoch
Die meisten Traktanden wurden grossmehrheitlich angenommen. Wie zu erwarten, gab es beim Thema Grüngutentsorgung eine lebhafte Debatte. Die Befürworter setzten sich durch.
Weder die Jahresrechnung 2022, die mit einem Ertragsüberschuss von rund 588 000 Fr. schloss, noch die anderen zu genehmigenden Reglemente sorgten für Zündstoff. Der vom Gemeinderat offensichtlich erwartete Schlagabtausch folgte erst bei Traktandum 3.6., bei dem es um das neue Abfallreglement ging. Das Thema Grüngutentsorgung hatte hier schon bei der Infoveranstaltung für Diskussionen gesorgt («Reussbote», 31. Mai). Die Abschaffung der frei zugänglichen, kostenfreien Mulde zugunsten einer individuellen Entsorgung mit gewichtsbasierter Gebührenberechnung via Container und Chip hatte für Kritik gesorgt. Vizeammann Roger Aerne verteidigte die neue Lösung: «Es ist benutzerfreundlich und umweltgerecht». Aerne verwies abermals auf das Verursacherprinzip. Genau gegen dieses wehrte sich Markus Wey: «Die Gemeinde funktioniert nach dem Solidaritätsprinzip und nicht nach dem Verursacherprinzip». Finanziell sei eine Änderung ausserdem nicht notwendig. Andere sahen in der neuen Regelung eine Bestrafung derjenigen, die bisher ihr Grüngut korrekt entsorgt hätten. Ein Votant schlug stattdessen die Einzäunung des Entsorgungsgeländes und eine Kameraüberwachung vor. Gemeinderat Christoph Widmer entgegnete, er habe bereits mit einem Anwalt gesprochen, dieser habe jedoch auf die hohen gesetzlichen Hürden für eine Kameralösung hingewiesen. «Das ist eine Bestrafung von jedem, der einen Garten hat und sich Mühe gibt», meldete sich Dominique Sigrist zu Wort. Die Gartenbesitzer leisteten etwas für die Gemeinschaft, sagte sie mit Blick auf die Klimaerwärmung. Sie befürchte eine Ausbreitung von «Steinwüsten» in den Gärten, sollte das neue Reglement verabschiedet werden. Auch ein anderer Gartenbesitzer argumentierte, die Gartenbesitzer sorgten für Biodiversität und darüber hinaus für das schöne Dorfbild.
Gartenbesitzer Pro und Kontra
«Ich verstehe nicht, was die Grüngutmulde mit Biodiversität zu tun hat», fragte ein Stimmbürger, der noch nicht lange in Wohlenschwil wohnt. Er habe einen grossen Garten und entsorge seinen Grüngutabfall auf dem Kompost und den mancher Nachbarn dazu. Ungemähte Naturwiesen trügen mehr zur Biodiversität bei als ein gemähter Rasen, fand Jan Stettler, bei dem das Gras nach eigenen Angaben mannshoch auf der Wiese steht. «Wer viel Abfall hat soll zahlen, wer weniger hat zahlt weniger», lautete das Fazit von Jörg Friedli, der wie weitere Votanten dem Verursacherprinzip den Vorrang gab. Bisher käme «halb Mellingen und Umgebung» nach Wohlenschwil, um sein Grüngut zu entsorgen. Die Argumente waren vorgebracht, es folgte die Abstimmung. Und die fiel weniger knapp aus, als erwartet: Das Abfallreglement wurde mit 105 Ja-Stimmen zu 42 Nein-Stimmen angenommen. Dass die Rekordbeteiligung von 164 Stimmberechtigten (14,1 Prozent) hauptsächlich mit der Grüngut-Thematik zutun hatte, bestätigte die Tatsache, dass die anderen Traktanden grossmehrheitlich angenommen wurden. Lediglich die Teiländerung der Bau- und Nutzungsordnung warf Detailfragen bezüglich der neuen Gewässerräume auf. Hier gab Paul Keller von der Firma Arcoplan Auskunft. Die neue BNO wurde schliesslich mit 93 zu 12 Stimmen angenommen. Unter dem Traktandum «Verschiedenes» wies Frau Gemeindeammann Erika Schibli auch auf die Abstimmung am 18. Juni hin. Dann wird in Wohlenschwil ein neuer Gemeinderat sowie ein neuer Gemeindeammann gewählt.
Michael Lux
KOMMENTAR
HEIDI HESS REDAKTORIN
Dieses «Ja» verdient ein Graskränzchen
Die Einführung einer verursachergerechten Grüngutentsorgung sorgte in Wohlenschwil für rote Köpfe, hitzige Debatten und für Empörung. An der Gemeindeversammlung aber behielt die Vernunft die Oberhand: Künftig bezahlt man auch im Dorf, wo Einfamilienhäuser mit ihren Gärten die Mehrheit ausmachen, für das Entsorgen von Grüngut und Kompost nach dem Verursacherprinzip. Ohnehin geniesst, wer einen Garten besitzt, ein blühendes Privileg. Solidarität von Menschen zu verlangen, die in Wohnungen leben, vielleicht sogar ohne Balkon, dieses Argument wirkt mehr als skurril. Dass jeder sein eigenes Schnittgras und den Gartenabfall nach dem Verursacherprinzip bezahlt, das ist ganz einfach gerecht. – Ich jedenfalls winde dem Mehrheitsentscheid ein Kränzchen aus Schnittgras, geschmückt mit vielen bunten Blumen.
Zweifellos fördern Gartenbesitzer mit grossen Bäumen, einheimischen Hecken und einem bunten Blumenteppich auch die Vielfalt von Vögeln, Schmetterlingen und Bienen. Auch dafür gibt es ein Kränzchen! Es ist aber nicht anzunehmen, dass blühende Gärten in Wohlenschwil nach diesem Entscheid verschwinden werden, dass aus Grün bald viel Grau wird. Denn an diesem blühenden und summenden Leben dürften die Gartenbesitzenden selbst am meisten Freude haben.


