Sie hatte für ihre Gäste stets ein offenes Ohr
23.06.2023 Oberrohrdorf-Staretschwil, Region RohrdorferbergDas Restaurant Frohsinn schliesst nach 160 Jahren. Wirtin Hanny Hafner geht in den wohlverdienten Ruhestand
Eine Ära geht zu Ende. Die beliebte «Frohsinn»-Wirtin Hanny Hafner geht in den Ruhestand. 36 Jahre kümmerte sie sich um das Wohl der Gäste. Nun heisst es ...
Das Restaurant Frohsinn schliesst nach 160 Jahren. Wirtin Hanny Hafner geht in den wohlverdienten Ruhestand
Eine Ära geht zu Ende. Die beliebte «Frohsinn»-Wirtin Hanny Hafner geht in den Ruhestand. 36 Jahre kümmerte sie sich um das Wohl der Gäste. Nun heisst es Abschied nehmen. Am 1. Juli findet das Abschlussfest statt.
Es ist kaum zu glauben, dass die Staretschwiler Wirtin in den Ruhestand geht. Am Stammtisch erzählt sie dem «Reussbote» von den vielen schönen Begegnungen mit ihren Gästen, von grossen Festen und auch von Tiefpunkten. Einer davon war, als ihr Mann Bruno Hafner vor vier Jahren plötzlich starb. Trotzdem raffte sie sich damals auf und führte den «Frohsinn» weiter. Vier Jahre später spürt sie, dass der Betrieb für eine Person zu gross ist. Für sie ist nun der richtige Zeitpunkt gekommen, um loszulassen und in den Ruhestand zu gehen. Das fällt ihr nicht leicht. Sie und ihre beiden Schwestern sind mit dem «Frohsinn» aufgewachsen. Vater Xaver Ineichen kaufte 1929 das Lokal von Salome Kaufmann. Er benannte die ehemalige «Pinte» in «Frohsinn» um. In den 1940er-Jahren wurde das Lokal erweitert – in den 1960ern umgebaut. Stolz zeigt Hanny Hafner die Räumlichkeiten des Lokals. Sie sind trotz des Alters gut in Schuss. «Mein Vater hatte einen guten Architekten», sagt sie. Im abtrennbaren Saal wurden Hochzeiten, Fasnachtsanlässe und Geburtstage gefeiert und Beerdigungsessen ausgerichtet. Hanny Hafner drückte bei Reservierungen auch mal ein Auge zu, wenn ein Anlass auf einen wirtefreien Tag fiel. Das Wohl der Gäste lag ihr stets am Herzen.
Liegenschaft wird verkauft
Zukunft des Restaurants Frohsinn ist ungewiss. Gerne hätte Hanny Hafner die Liegenschaft an eine Wirtin oder Wirt verkauft. Bis anhin hat das nicht geklappt – eine Nachfolge ist nicht in Sicht. Ihre Töchter haben einen anderen Beruf ergriffen. Sie hatten bereits früh erklärt, dass sie den Betrieb nicht übernehmen. Auch Hafner selbst sagte als junge Frau, dass sie nie Wirtin werden wolle. «Unsere Eltern hatten wegen des Restaurants nicht viel Zeit für uns, unsere Grossmutter betreute uns. Mein Vater war zusätzlich auch Landwirt», erinnert sich Hafner. Trotzdem habe sie immer im elterlichen Betrieb mitgeholfen. Nachdem der Vater in Pension ging, führte während 20 Jahren Schwester Rosmarie Keller den Betrieb. Als sie verstarb wollte Xaver Ineichen nicht, dass der «Frohsinn» in fremde Hände gelangte. So absolvierte Hanny Hafner mit 38 Jahren die Wirtefachschule und übernahm den «Frohsinn» zusammen mit ihrem Mann Bruno. Viele Gäste, darunter auch die Rohrdorfer Vereine besuchten das Restaurant. Das blieb bis heute so. Die Stimmung im Restaurant sei passend zum Namen stets fröhlich. «Im ‹Frohsinn› wurde immer viel musiziert und gesungen», sagt sie. «Mein Mann war ein passionierter Musikus. Wir hatten jeweils zu Silvester- und Fasnachtsanlässen Live-Musik.» An diese Tradition knüpft Hanny Hafner auch an ihrem Abschlussfest an. Am 1. Juli steigt die Feier mit viel Musik. «Ohne einen richtigen Abschluss kann ich im ‹Frohsinn› nicht aufhören», sagt sie.
Ihre Gäste liegen ihr am Herzen
Hanny Hafner konnte immer auf gute Angestellte zählen. «Wir haben langjährige Angestellte», sagt sie. «Viele sind seit mehr als 20 Jahren bei uns. Wir arbeiten auch in hektischen Zeiten Hand in Hand, jeder weiss, was zu tun ist.» Hafner ist die Gastgeberin des Betriebs. Ihre Gäste liegen ihr am Herzen. Für sie hat sie stets ein offenes Ohr. Der frühere Pfarrer, welcher jeweils im «Frohsinn» einkehrte, sagte ihr einmal: «Wir haben den gleichen Beruf. Wir nehmen die Beichte ab.» Sie habe viel von ihren Gästen erfahren. Das oberste Prinzip war aber, was im Restaurant erzählt wurde, wurde nicht weitererzählt. Ihren Beruf als Wirtin hat sie stets gerne ausgeübt, auch wenn die Präsenzzeiten lang waren. Ausfällige Gäste habe sie nie gehabt. Wenn es spät wurde und sich jemand ausser Lage fühlte nach Hause zu fahren, wurde der Gast im eigenen Auto nach Hause chauffiert. Das Familiäre und die gut bürgerliche Küche wissen ihre Gäste zu schätzen. «Das schönste Lob ist, wenn gesagt wird, dass sie sich im ‹Frohsinn› wie zu Hause fühlen», so Hafner. «Manche kommen sogar aus dem Tessin oder von Zürich zu uns.»
Volles Haus bis zum letzten Tag
Seit bekannt ist, dass das Restaurant am 30. Juni zum letzten Mal offiziell offen hat, wollen sich viele Gäste persönlich von der «Frohsinn»-Wirtin und dem Team verabschieden. «Viele bedanken sich für die schöne und gemütliche Zeit mit feinem Essen», sagt sie. Doch Zeit wehmütig zu werden, hat sie wegen der bevorstehenden Schliessung nicht. Sie lasse einfach alles auf sich zukommen. Da sie ein spontaner Mensch sei, werde es ihr auch in der Zukunft nicht langweilig. So freut sie sich darauf, künftig mehr Zeit für ihre vier Enkelkinder, die Familie, Freunde und Bekannte zu haben. «Ich weiss nicht, ob ich das Restaurant vermissen werde», sagt sie. Fest steht, nach dem Abschlussfest, fahre sie zuerst einmal in die Ferien. Danach werde alles aufgeräumt. Hafner plant auch einen Verkauf von Gegenständen des Restaurants.
Debora Gattlen