Sue Spinnler, diplomierte Museumspädagogin, kreierte die «Lernbox in der Gerichtsstube Mellingen»

Geschichtsunterricht langweilig und staubtrocken? Denkste. Als ehemaliges Mitglied der Museumskommission fand Sue Spinnler einen Weg, die Geschichte der Mellinger Gerichtsstube Kindern auf unterhaltsame Art und Weise mit einer von ihr kreierten Lernbox näher zu bringen.

Die Lernbox, eine kleine Holztruhe, fällt ins Auge. Sie steht auf dem Podest vor dem roten Richterstuhl in der Gerichtsstube über dem Stadttor des Reussstädtchens. Wer sie öffnet entdeckt einen wahren Schatz mit Hintergrundinformationen über die Gerichtsstube. In sieben Monaten kreierte Sue Spinnler mit viel Herzblut 20 Lernkarten. Sie sind doppelseitig auf Polystyrol bedruckt und sehr stabil. Die grafische Arbeit war eine grosse Herausforderung für sie. Die Fakten, den geschichtlichen Hintergrund, entnahm sie der Dissertation von Rainer Stöckli, Städtlihistoriker und ehemaliger wissenschaftlicher Historiker bei der Kantonsbibliothek in Aarau. Ebenso unterstützend war das grosse Wissen von Historiker Hanspeter Koch und die Bilder aus dem Fotoarchiv Mellingen.

Vielschichtige Anwendung
Die Lernbox soll den Zugang zur Mellinger Geschichte, der Gerichtsstube auf eine unterhaltsame, aber nachhaltige Weise vermitteln. Spannende Hintergrundinformationen zum Thema Recht und Strafen gehören genauso dazu, wie Rollenspiele, Gruppenübungen, Diskussionsanstösse, Rätsel und Workshops.

Box ist in vier Themen unterteilt
Sue Spinnler, ehemalige Lehrperson und ausgebildete Museumspädagogin ist es ein Anliegen, Kindern möglichst früh für Kultur und Geschichte zu sensibilisieren. Dafür brauche es eine besondere Atmosphäre, ist sie überzeugt. Mit ihrer Lernbox können nun Lehrpersonen ihr Klassenzimmer gegen die Mellinger Gerichtsstube tauschen und den Geschichtsunterricht lebendig und interaktiv gestalten. Vier Themen sind darin enthalten. 1. Der Gerichtsort Mellingen, 2. Gerechtigkeit und Ordnung von früher, 3. Wie wurde gerichtet und was für Strafen gab es?, 4. Das Wandbild in der Gerichtsstube. «Mellingen war früher als Gerichtsort sehr bedeutend», sagt Spinnler. So mussten auch Leute von Baden nach Mellingen ans Gericht kommen. Die «Gerichtsstube» über dem Brückentor erinnert daran. Es ist belegt, dass seit 1530 hier Angeklagte befragt und in leichten Fällen auch ein Urteil gesprochen wurde. Über die schweren Fälle urteilte das Gericht regelmässig an öffentlichen Gerichtstagen, die in der Marktgasse in Sichtweite der Gerichtsstube stattfanden. Die Lernkarten von Sue Spinnler liefern dazu ebenfalls Informationen.

Gerechtigkeit und Ordnung
Auf einer Lernkarte wird ausgeführt, dass Menschen im Mittelalter Gerechtigkeit wichtig war. Trotzdem waren die Rechtsverhältnisse im Gegensatz zu heute oft willkürlich und grausam. Daran erinnert auch das bei der Renovierung der Gerichtsstube entdeckte Wandbild. Es stellt das salomonische Urteil dar. Dieses steht bis heute für eine gerechte Justiz. Die Lernkarten über das Wandgemälde enthalten verschiedene Aufgaben, zum Beispiel zu den Farben, der Kleidung der Personen oder Tieren, die abgebildet sind.

Karten für lebendige Geschichte
Ebenfalls thematisiert wird die im Mittelalter als Strafe weit verbreitete Folter. Geständnisse wurden dadurch erzwungen. Wie der Gerichtsalltag damals aussah und wie heute zum Beispiel Ladendiebstahl geahndet wird, wird ebenfalls durch die Lernkarten ersichtlich. «So kann interaktiv die Geschichte der Mellinger Gerichtsstube erlebt werden», führt Sue Spinnler aus. «Die Geschichte soll den Kindern lebendig vermittelt werden. Die Lernkarten sind mein Baby. Ich würde mich freuen, wenn durch Anregungen von Besuchern und Lehrpersonen weitere Lernkärtchen entstehen.» Es habe in der Box noch Platz für weitere Karten. Die Lernbox kann nicht nur für den Schulunterricht, sondern auch bei Stadtführungen für Erwachsene zur Anwendung kommen.

Debora Gattlen

Buchungen für Lernbox und Gerichtsstube unter: s.spinnler@icloud.com