«Wir hätten gewünscht, dass es schneller geht»
29.12.2023 Oberrohrdorf-Staretschwil, Region RohrdorferbergSeverine Jegge, im Gemeinderat zuständig für das Schul- und Erziehungswesen, äussert sich zu den Tagesstrukturen im Dorf
Die Nachfrage nach Tagesstrukturen für Schulkinder ist nicht nur gross, sie wächst auch seit Jahren dynamisch. Das aber bringt Probleme und ...
Severine Jegge, im Gemeinderat zuständig für das Schul- und Erziehungswesen, äussert sich zu den Tagesstrukturen im Dorf
Die Nachfrage nach Tagesstrukturen für Schulkinder ist nicht nur gross, sie wächst auch seit Jahren dynamisch. Das aber bringt Probleme und verlangt nach guten Lösungen. Stellung bezieht die zuständige Gemeinderätin Severine Jegge.
Die Tagesstrukturen gerieten an der Gemeindeversammlung in ein wortreiches Kreuzfeuer. Grund: Der Gemeinderat plant, Werkhof und Tagesstrukturen zu entflechten – heute ist beides im gleichen Gebäude neben dem Schulhaus Hinterbächli untergebracht. Er will einen neuen Werkhof am Dorfrand auf dem Büntenacher bauen. Das gefällt nicht allen: Es stört der geplante Standort des neuen Werkhofes. Bemängelt wird auch, dass für die Tagesstrukturen, wo laut einigen Votanten schon heute Platzmangel herrschen soll, nicht raschere Lösungen geplant sind. Nach ausführlicher Diskussion genehmigte aber die Gemeindeversammlung einen Planungskredit, der Umzonung des Kulturlandes und einen allfälligen Neubau Werkhof prüfen soll.
Oberrohrdorf bietet eine umfassende familien- und schulergänzende Betreuung an. Der «Reussbote» suchte das Gespräch mit Gemeinderätin Severine Jegge, in Oberrohrdorf zuständig für Schule, Erziehung und Fürsorgewesen, und wollte von ihr wissen, wie lange die Wartelisten sind und wie es um den Platzmangel bei den Tagesstrukturen steht.
◆ Frau Jegge, hat Oberrohrdorf zu wenig Platz für die familien- und schulergänzende Betreuung?
Severine Jegge: Wir haben tatsächlich wenig Platz. Unsere Tagesstruktur «Mikado» ist in der ehemaligen Hauswartwohnung im Parterre des Werkhofgebäudes untergebracht. An fünf Tagen die Woche, von Montag bis Freitag, 7 bis 18 Uhr nutzt die familien- und schulergänzende Betreuung dort mehrere Räume. Die Palette an Betreuungsmöglichkeiten, welche den Familien zur Verfügung steht, ist sehr breit: Nur Mittagessen, morgens bis 8 Uhr, ab 15.15 Uhr bis 18 Uhr und so weiter – überaus variabel, um vielen unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden.
◆ Dafür besteht eine Nachfrage?
Die Module sind unterschiedlich stark belegt. Gering ist der Bedarf am Mittwoch und am Freitag. Sehr gut ausgelastet sind hingegen Dienstag und Donnerstag sowie auch der Montag. Zurzeit können wir beispielsweise am Dienstagnachmittag keine neuen Kinder aufnehmen.
◆ Am Dienstag herrscht Platzmangel?
An diesem Tag, ja. Noch wenige Plätze sind am Donnerstag frei. Am Freitag ist hingegen nur wenig los.
◆ An der Gemeindeversammlung erzählte ein Vater, dass sein Kind keinen Betreuungsplatz erhalten konnte?
Nicht am gewünschten Tag. An diesem Nachmittag besuchen 18 Kinder die Tagesstrukturen, platzmässig stossen wir an eine Grenze.
◆ Das heisst?
Die Organisation K und F, Kind und Familie in Ennetbaden, gibt Empfehlungen für Kindertagesstätten heraus, auch in Bezug auf die Fläche. Sie empfiehlt fünf Quadratmeter pro Kind. In den Räumen unterhalb dieses Werkhofs resultiert bei dieser Berechnung Platz für 20 Kinder. Die betroffenen Eltern wünschten Betreuung am Dienstagnachmittag, dann besuchen 18 Kinder die Tagesstruktur «Mikado».
◆ Zwei Kinder könnten noch kommen.
An diesem Nachmittag werden viele Kindergartenkinder betreut, welche aufgrund ihres Alters besonderen Betreuungsbedarf haben. Daher kann die Leitung der Tagesstrukturen an diesem Nachmittag aktuell keine zusätzlichen Kinder aufnehmen.
◆ Führen Sie eine Warteliste?
Von einer Warteliste zu sprechen, wäre übertrieben. Das ist die einzige Familie, die zurzeit auf einen Platz wartet. Wir boten freie Plätze an anderen Tagen an. Aber das passte für diese Familie nicht, wofür ich übrigens durchaus Verständnis habe.
◆ Also keine Warteliste?
Nein. Unter Vorbehalt der eben erwähnten Absage.
◆ Wird die betroffene Familie lange warten müssen?
Im Dezember erfolgen in der Regel Kündigungen auf Ende Semester, auf den Beginn der Sportferien. Meist von Familien mit Kindern in der 5. oder 6. Klasse. Sie meldeten zum Schulstart Bedarf an, stellen dann aber fest, dass sie das Angebot nicht mehr benötigen.
◆ Wurden an der Gemeindeversammlung falsche Argumente vorgebracht?
Richtig ist: Die Nachfrage ist gross. Aber wir haben keine Warteliste. Und der Gemeinderat ist überzeugt: Wir finden Lösungen.
◆ Sie weichen mit den Tagesstrukturen auch auf die «Zähnteschüür» aus.
Nur für das Mittagessen. Weil die Nachfrage sehr gross ist: Insgesamt rund 100 Kinder nutzen das Angebot. Montag, Dienstag und Donnerstag gehen wir mit einer Gruppe von Kindern und mit den Kindergärtlern vom Kindergarten am Ring in die «Zähnteschüür». Am Donnerstag essen dort beispielsweise 29 Kinder, 33 weitere Kinder essen gleichzeitig beim Schulhaus Hinterbächli im «Mikado». Für beide Standorte kocht das Küchen-Team der Stiftung Arwo in Fislisbach.
◆ Warum die «Zähnteschüür»?
Die Zähnteschüür gehört uns und mittags ist sie frei. Inzwischen ist der Mittagstisch dort auch fix untergebracht.
◆ Die Nachfrage wird weiter steigen. Wie will Oberrohrdorf das Platzproblem langfristig lösen?
Wir wissen seit einiger Zeit, dass der Platz für die Tagesstrukturen beschränkt ist. Hinzu kommt: Die Räume sind eher klein und das Altersgefälle ist gross, von den Vier- bis Fünjährigen aus dem kleinen Kindergarten bis zu den Zwölfjährigen in der 5. oder 6. Klasse. Da bildet Oberrohrdorf keine Ausnahme. Das präsentiert sich in anderen Gemeinden ähnlich. Ältere Mädchen und Buben finden es mit so vielen Kleinen allerdings eher uncool.
◆ Wie sieht die Lösung aus?
Wir würden mehr Platz und altersgerechte Räume begrüssen; auch Räume für den Rückzug. Wo es ruhiger ist, wo Kinder lesen können.
◆ Das ist heute nicht möglich?
Die Möglichkeiten sind begrenzt. Deshalb sucht der Gemeinderat, der in der jetzigen Konstellation erst seit zwei Jahren besteht, auch Lösungen und prüfte verschiedene Varianten. Dazu gehört die räumliche Trennung von Werkhof und Tagesstrukturen. Die Variante Neubau Werkhof im Büntenacher erachten wir als die beste Lösung. Mit allen Vor- und Nachteilen.
◆ Es wird lange dauern, bis dort ein Werkhof steht.
Das bedauert auch der Gemeinderat. Wegen der Umzonung von Landwirtschaftsland in Bauzone dauert es sogar noch etwas länger. Wir hätten uns gewünscht, dass alles schneller geht.
◆ Nötig wird aus diesem Grund eine Zwischenlösung. Was planen Sie?
Frau Vizeammann Monika Locher erwähnte es an der Gemeindeversammlung: Auf nächsten Sommer werden wir im Schulhaus Hinterbächli einen Raum für die Tagesstrukturen nutzen können.
◆ Das heisst?
Das bringt zunächst viel Entlastung. Unsere Zusammenarbeit mit der Schule ist eng. Im Erdgeschoss, mit Sicht auf Tagesstrukturen und Wiese, soll nun ein Schulzimmer mit Material- und Gruppenraum den Bedürfnissen der Tagesstrukturen angepasst werden. Voraussichtlich für die älteren Kinder mit Rückzugsmöglichkeiten, um konzentriert Aufgaben erledigen zu können. Davon erhoffe ich mir eine grosse Wirkung. In den Sommerferien ist der Umbau geplant.
◆ Wie muss man sich eine langfristige und definitive Lösung vorstellen?
Der Standort ist super. Tagesstrukturen gehören neben die Schule. Sie befinden sich heute im unteren Geschoss des Werkhofes, mit Blick und Zugang zur Wiese. Bestimmt werden die Tagesstrukturen künftig mehrstöckig sein, vermutlich ein Neubau, auch weil das Gebäude schon ziemlich alt ist. Aber so weit sind wir noch nicht. Noch ist alles offen.
Heidi Hess