Am Finanzhimmel ziehen dunkle Wolken auf
05.12.2023 Mellingen, Region ReusstalGemeindeversammlung genehmigte alle Geschäfte – Frau Gemeindeammann Györgyi Schaeffer erläuterte die finanzielle Situation
Wie steht es um die Finanzen der Gemeinde Mellingen? Frau Gemeindeammann Györgyi Schaeffer gab an der Gmeind von letzter Woche ...
Gemeindeversammlung genehmigte alle Geschäfte – Frau Gemeindeammann Györgyi Schaeffer erläuterte die finanzielle Situation
Wie steht es um die Finanzen der Gemeinde Mellingen? Frau Gemeindeammann Györgyi Schaeffer gab an der Gmeind von letzter Woche ausführlich Auskunft. Der Gemeinderat wird die Situation im nächsten Jahr genauestens überprüfen.
Wie immer gab der Gemeinderat, an der Gemeindeversammlung letzten Donnerstag, eine Prognose zur diesjährigen Rechnung. Und diese sieht nicht gut aus. «Wir erwarten ein Minus von 1,276 Mio. Franken. Budgetiert war ein Minus von rund 620 000 Franken. Auch das Budget 2024 rechnet mit einem hohen Verlust von 1,255 Mio. Franken. Der «Reussbote» fragte am Tag nach der Versammlung, ob man sich Sorgen machen müsse um die Finanzen der Gemeinde? Frau Gemeindeammann Györgyi Schaeffer sagt: «Sorgen machen bringt nichts. Wir müssen Schritt für Schritt entscheiden und machen im nächsten Jahr eine tiefgreifende Kostenanalyse. Auffallend sind die jeweils grossen Abweichungen von Budget zu Ergebnis.»
Tiefrote Zahlen
Das Budget für 2024 rechnet bei einem unveränderten Steuerfuss von 110 Prozent mit einem Aufwandüberschuss von 1,255 Mio. Franken. Eine erste Lesung ging noch von einem Minus von über 2,2 Mio. Fr. aus, erwähnte Schaeffer. Sorgen bereitet dem Gemeinderat der hohe Abschreibungsbedarf. Mellingen investierte seit 2014 über 50 Mio. Fr. in verschiedenste Projekte. Davon konnten 64 Prozent mit eigenen Mitteln gedeckt werden, der Kanton empfiehlt aber 100 Prozent. Es sind neben dem hohen Abschreibungsbedarf weitere Faktoren, die das Budget 2024 negativ beeinflussen: Höhere Energiekosten, steigende Zinsen, steigende Unterhaltskosten oder das Bevölkerungswachstum. Letzteres mit grossen Auswirkungen auf das Gemeindepersonal. «Seit 2017 sind wir bis an den Anschlag gekommen. Der Fachkräftemangel wirke sich als Lohntreiber aus», so Schaeffer. Auch die Übernahme des Hallenbades wirke sich auf die Lohnkosten aus (+ 380 000 Fr.). Unterhaltsarbeiten seien in den letzten Jahren zurückgestellt worden. Nur das Allernotwendigste wurde ausgeführt, so Schaeffer weiter.
Gemeinderat erwartet Entscheid vom Bundesgericht
Das Problem ist und bleibt die ungenügende Selbstfinanzierung. Und da ist noch die Ungewissheit in einem Landentschädigungsverfahren, das vor Bundesgericht ist. «Wir erwarten den Entscheid in den nächsten Tagen», sagt Schaeffer auf Anfrage dieser Zeitung. Das Bundesgericht wird entscheiden, ob und wie gross die zu entschädigende Fläche ist. Über die Höhe der Entschädigung entscheidet dann das Spezialverwaltungsgericht des Kantons. Die fetten Jahre mit den sehr guten Rechnungsabschlüssen (teils bis zu 2 Mio. Fr. im Plus) scheinen in Mellingen vorerst vorbei zu sein.
Nach der Präsentation gab es einige Wortmeldungen zum Budget
Manfred Mäder appellierte, dass der aktuelle Steuerfuss nicht erhöht werden solle. Stefan Florjanˇciˇc stellte fest, dass der Grundstein für diese finanzielle Situation vor ein paar Jahren gelegt wurde. Der jetzige Gemeinderat könne nichts dafür. «Wir alle haben 50 Mio. investiert, diesen grossen Klotz bringen wir nicht so schnell weg.» Alt Vizeammann Hans Dietemann appellierte, dass Drittaufträge mit Bedacht vergeben werden sollen. «2 Mio. Fr. sind es, die die Gemeinde in einem Jahr vergeben hatte.» Schaeffer erwähnte, dass die Gemeinde mit dem eigenen Personal nicht alle Fachbereiche abdecken könne. Auch das Museum war Teil der Budgetdiskussion. Martin Rubi appellierte an den Gemeinderat, dass er offen und transparent informieren solle. Er vermisse das vor allem, wenn er die Leistungsvereinbarung mit dem Verein Museum Altstadt und dem Budget vergleiche. Er stelle Widersprüche fest bei den Aussagen zur Finanzierung. Rubi betonte, dass er generell nicht gegen das Ortsmusueum sei. Er stellte darauf einen Änderungsantrag zum Budget, dass mehrere Positionen in der Abteilung Kultur/Musuem auf den Betrag von 2023 eingefroren werden sollen. Dieser Antrag blieb chancenlos, die Versammlung verwarf ihn deutlich mit 26 zu 106 Stimmen. Das Budget passierte schliesslich mit einer grossen Mehrheit.
Ohne Diskussion genehmigte die Versammlung das Reglement über die Ersatzabgabe für die Befreiung von der Parkplatzerstellungspflicht und die Änderung der Gemeindeordnung. Die neue Gemeindeordnung wird noch einer obligatorischen Referendumsabstimmung am 3. März 2024 unterstellt. Beide Geschäfte wurden nach der letzten Gemeindeversammlung zurückgewiesen respektive verworfen. Mit der neuen Gemeindeordnung ändern sich die Bezeichnungen: Aus dem Gemeinderat wird Stadtrat, aus Gemeindeammann und Vizeammann werden Stadtpräsident und Vize-Stadtpräsident. Die Hürde für das Referendum wird von 20 auf 10 Prozent gesenkt und die Kompetenzsumme für Landerwerb bleibt bei 500 000 Franken. Neu ist die Regelung bezüglich der amtlichen Veröffentlichungen. Diese werden in einem lokalen Printmedium, auf der Website und im Newsletter der Gemeinde veröffentlicht.
Angenommen wurde auch die Abrechnung der Sanierung von Rebweg, Herrenrebenweg und Rebhaldenweg. Der Kredit von 2,940 Mio. Fr. wurde um rund 178 000 Fr. überschritten.
Wer bezahlt die Versetzung der Trafostation?
Umstritten war die Versetzung der Trafostation Bahnhofstrasse Süd. «Der Ersatz sei längst überfällig», sagte Silvan Herzig, der das Geschäft anstelle von Beat Gomes vorstellte. Gomes musste sich erneut einer medizinischen Behandlung unterziehen und fällt bis Ende Jahr aus. Die Sanierung sei im Hinblick einer Überbauung mehrmals zurückgestellt worden. Mittlerweile ist die Trafostation 50 Jahre alt, die Erneuerung und Versetzung dränge sich auf, umso mehr ein Investor die Parzelle überbauen möchte. Die Kosten sind auf 590 000 Fr. veranschlagt, der Kostenteiler noch nicht definitiv ausgehandelt. Martin Rubi erwähnte, dass dieses Geschäft an der Versammlung der FDP intensiv diskutiert wurde. «Weshalb wird die Versetzung nicht vom Investor getragen?», fragte sich Rubi. Er stellte den Antrag, das Geschäft sei abzulehnen und der Gemeindeversammlung neu vorzulegen, sobald die Verhandlungen abgeschlossen seien. Silvan Herzig riet davon ab. Üblich sei, dass solche Versetzungen in einem Dienstbarkeitsvertrag geregelt sind. Leider wurde dies darin nicht vermerkt. Herzig erwähnte, dass es sich um eine grössere Trafostation handle und nicht nur dem Investor diene. An der Bahnhofstrasse seien mehrere Überbauungen ausgeführt oder in Ausführung. «Wir stossen an die Kapazitätsgrenze.» Rubis Antrag wurde mit 66:89 abgelehnt, der Hauptantrag mit 101:56 angenommen.
Wie der «Reussbote» bereits in seiner Ausgabe von letzten Freitag berichtete, zog der Gemeinderat das umstrittene Projekt Sanierung Bahnhofstrasse» zurück und wird es nach Überarbeitung nochmals vorlegen. An der Versammlung nahmen 197 von 3279 Stimmberechtigten teil.
Benedikt Nüssli
Verabschiedung zum Schluss der Versammlung
Am Schluss der Gemeindeversammlung verabschiedete Györgyi Schaeffer Frau Vizeammann Evelyne Wernli (Die Mitte). Sie hatte Ende August ihren Rücktritt auf Ende Oktober angekündigt. Wernli wurde im November 2021 gemeinsam mit Györgyi Schaeffer an die Spitze des Mellinger Gemeinderates gewählt. Schaeffer als Frau Gemeindeammann, Wernli als Frau Vizeammann. Wernli übernahm mit Amtsantritt am 1. Januar 2022 die Ressorts Sozialwesen, Vormundschaftswesen, Gesundheit, Alter, Regionalverkehr und Ortsplanung. Frau Gemeindeammann würdigte das Wirken von Wernli. Sie habe grosse Herausforderungen angenommen. «Wir bedauern deinen Rücktritt sehr», so Schaeffer, die Evelyne Wernli einen Gutschein des Gewerbevereins schenkte. Wernli wünschte sich keinen Blumenstrauss, da sie Tags darauf nach Südamerika flog. (bn)





