«Theater trifft Gericht», so lautet der jüngste Wurf der Spiellüüt. In der Gerichtsstube proben sie wahre Fälle und andere Geschichten

Bald ist in der Gerichtsstube die Inszenierung «Theater trifft Gericht» zu sehen. Der Besuch einer Probe zeigt, welche Rolle einem Jonglierball zukommt und warum auch Giraffen und Katzen imitiert werden.

Wenn diese Mauern reden könnten ...» – Mit diesen Worten blicken die drei Laien-Schauspielerinnen Gaby Wächter, Diana von Allmen und Irène Steinmann in die Vergangenheit. Zurück in eine Zeit, als Mellingen um 1530 Gerichtsort wurde und an öffentlichen Gerichtstagen schwere Fälle verhandelt wurden. Die Schauspielerinnen lassen ihren Gedanken freien Lauf und meinen, dass wohl kaum auszuhalten wäre, was die Mauern der Gerichtsstube erzählen würden.
An diesem Abend gehen sie die Szene «Hexen in Mellingen» mehrere Male durch, jedes Mal legt Regisseurin Brigitte Brun Singer den Fokus auf einen anderen Aspekt. Langsam sollen sie beim dritten Durchgang spielen, auf Betonung, Bewegung und Pausen achten. «Probiert dem Text die Schwere zu nehmen, sprecht mit mehr Leichtigkeit», rät Brun den Frauen. Es wird an der Stimmlage gefeilt und ein Tempowechsel integriert.
In einem früheren Durchgang hatte Regisseurin Brun die Darstellerinnen aufgefordert, sich in ein Tier zu versetzen, ihre Rolle als Giraffe, Katze oder Mäuschen zu interpretieren. Die Regisseurin erklärt, es dürfte ihnen auf diese Weise leichter fallen, von ihrer eigenen Person in die Figur zu schlüpfen und damit einen Zugang zur Szene zu finden. «Ein kleiner Entfremdungseffekt», meint sie. «Das kann helfen.»

Zwischen den Szenen wird gegessen
Noch wird in der Gerichtsstube an den Kostümen gezupft, die Beleuchtung ausgerichtet, es wird begutachtet, welche Brille besser zur Kopfbedeckung und zur Jacke passt. Diana von Allmen wäre froh, sie hätte ihre Sätze besser im Griff: «Daheim beim Üben beherrschte ich den Text viel besser», sagt sie. Brigitte Brun lacht. Sie nimmts gelassen und meint, das sei ganz normal.
Noch bleibt auch Zeit. Seit Januar proben die Melliger Spiellüüt, verstärkt durch fünf Schauspielerinnen und Schauspieler aus der Gruppe Tellspiele Hägglingen, die einzelnen Szenen. Die Premiere von «Theater trifft Gericht» wird erst in knapp zwei Monaten, am Freitag, den 3. Mai, gefeiert. Ab dann werden in der Gerichtsstube an insgesamt sechs Abenden drei Geschichten aufgeführt, die zum Spielort passen. «Die Idee, diesen Saal zu bespielen, hatte ursprünglich die Arbeitsgruppe Gerichtsstube», erklärt Gaby Wächter. Für die einzelnen Szenen wurde daraufhin Theaterautor Paul Steinmann aus Villmergen angefragt. Er schrieb die drei Szenen «Gerechter Lohn», «Hexen in Mellingen» und «Die Begnadigung».
Zwischen diesen Szenen wird, passend zum mehrdeutigen Titel «Theater trifft Gericht», «ein währschaftes Essen, wie zu alten Zeiten» serviert. «Im Plattenservice, zum selber schöpfen», sagt Gaby Wächter. Aus diesem Grund haben an den einzelnen Theaterabenden auch nur gerade 24 Zuschauerinnen und Zuschauer in der Gerichtsstube Platz.

«Ich weiss, dass der Ball nervt»
Bis es aber so weit ist und das Publikum in der Gerichtsstube die Gerichtsfälle verfolgen kann, wird Regisseurin Brun noch viele Male ihre Gedanken zu Bewegung, Pause und Stimmlage äussern. Und auch die Schauspielerinnen werden ihre eigenen Anregungen einbringen.
Brigitte Brun wirft Irène Steinmann derweil einen Jonglierball zu. Der kleine Ball soll unter den Schauspielerinnen zirkulieren, gleichzeitig sollen sie die ganze Szene in hohem Tempo sprechen. «Ich weiss, dass Euch der Ball nervt», lacht die Regisseurin. Sie weiss aber auch, dass diese Übung, die von allen doppelte Konzentration erfordert, beim Auswendiglernen hilft.

Heidi Hess

Termine und Tickets

Die Melliger Spiellüüt, verstärkt durch die Gruppe Tellspiele Hägglingen, zeigen in der Gerichtsstube das Stück «Theater trifft Gericht» – zu sehen sind wahre Fälle und andere Geschichten, mit Dinner.
Première ist am 3. Mai; weitere Aufführungen sind am 4., 17., 18., 24. und am 25. Mai, jeweils um 19 Uhr. Kartenreservation (85 Fr., inklusive Essen) ab dem 15. April am Montag, Mittwoch und Freitag, 16.30 bis 19.30 Uhr unter Telefon 079 412 36 00. red.