Ein Stück Dorfgeschichte geht zu Ende
19.04.2024 Tägerig, Freiamt«Rudolf’s Bäckershop» schliesst am 11. Mai endgültig die Tore. Ins Ladenlokal zieht dann ein Volg ein
Der Familienbetrieb der Rudolfs blickt auf eine fast 100-jährige Tradition in Tägerig zurück. Inhaber Hanspeter Rudolf führte die Bäckerei ...
«Rudolf’s Bäckershop» schliesst am 11. Mai endgültig die Tore. Ins Ladenlokal zieht dann ein Volg ein
Der Familienbetrieb der Rudolfs blickt auf eine fast 100-jährige Tradition in Tägerig zurück. Inhaber Hanspeter Rudolf führte die Bäckerei 30 Jahre lang. Nun geht er in Pension. Am 13. Juni eröffnet an gleicher Stelle eine Volg-Filiale.
Gemeindeschreiber Rolf Meier erinnert sich noch gut an die Zeit, als es in Tägerig noch zwei Bäcker, eine Käserei, die Landi – und sogar noch eine eigene Post gab. Die Bäckerei Walti sei noch bis in die 1960er-Jahre aktiv gewesen, so Meier. Danach verschwand sie aus dem Dorfleben, ebenso wie nach und nach die anderen Läden. Geblieben ist am Ende einzig die Bäckerei Rudolf, heute «Rudolf’s Bäckershop». «Mein Grossvater begann am 8. März 1928 in der Hägglingerstrasse», erzählt Hanspeter Rudolf, der bereits in dritter Generation das Bäckerhandwerk ausübt. Ab 1968 führte sein Vater, Jakob junior, den Betrieb. Dieser übergab das Geschäft wiederum 1994 an seinen Sohn.
50 Jahre im Berufsleben
Seine Lehre begann Hanspeter Rudolf 1974 im elterlichen Betrieb. Danach verdiente er sich 13 Jahre lang in verschiedenen Bäckereien im Aargau und dem Kanton Bern seine Sporen, bevor er 1990 nach Tägerig zurückkehrte und vier Jahre später die Geschäftsführung übernahm.
Das ist nun ebenfalls schon 30 Jahre her. Am 13. Mai feiert Rudolf seinen 65. Geburtstag. Kurz davor, genauer gesagt am 11. Mai, öffnen seine Frau Heidi und er offiziell zum letzten Mal die Türe ihrer Bäckerei. Nach 50 Jahren Berufsleben sei es nun Zeit für ein wenig Ruhe und Erholung. «Wir sind dann auf den Tag genau 18 Jahre hier, wir sind also volljährig und haben gedacht, jetzt können wir auch mal etwas anderes machen», witzelt Heidi Rudolf, die seit der Hochzeit 1999 mit anpackt – seit 18 Jahren am heutigen Standort in der Niederwilerstrasse. Dort gab es zuvor bereits für einige Jahre einen Volg. Die Rudolfs übernahmen von diesem nicht nur das Ladenlokal, sondern wurden gleichzeitig auch Volg-Detailist. Als dann 2008 die Post im Dorf schloss, kam noch die Postagentur dazu. Seither ist «Rudolf`s Bäckershop» alles in einem: Bäckerei, Konditorei, Café, Volg-Detailist, Postagentur – und ein beliebter Treffpunkt.
«Viele sind sehr traurig, weil es das Café nicht mehr geben wird», erzählt Heidi Rudolf. Und auch die Crèmeschnitten, Berliner, Hefestollen – oder den Meter Sandwich – werden wohl viele vermissen.
Das frühe Aufstehen wird Hanspeter Rudolf hingegen wohl eher nicht fehlen: Unter der Woche stand er bereits ab 1 Uhr in der Backstube. Jetzt werde er «den Ferienmodus aktivieren» und sich auf seine Hobbys wie das Velofahren oder Jazzen konzentrieren, so Rudolf. Und mehr im Haushalt helfen, schliesslich sind die vier Söhne im Alter zwischen 17 und 24 teilweise noch in Ausbildung und wohnen alle noch zu Hause. Ehefrau Heidi will sich erst einmal um vieles kümmern, das über die Jahre liegengeblieben ist und erst danach neue Pläne schmieden.
Volg mit Backwaren und Post
Die gute Nachricht: Mit dem Volg wird es auch weiterhin einen Dorfladen geben. Die Postagentur bleibt ebenfalls. Backwaren liefert künftig die Rüebliland-Beck aus Wohlen. Bis zur Übergabe gibt es für das Ehepaar Rudolf noch jede Menge zu tun. Aber zuvor dürfen sie sich am 11. Mai noch gebührend feiern lassen.
Als Dank für ihren Einsatz richtet die Gemeinde ein Abschiedsfest für sie und die Bevölkerung. Sie seien «total überrascht» gewesen, erzählen die Rudolfs: «Es ist sehr schön, dass die Gemeinde das würdigt», freuen sie sich.
Michael Lux