Mann rastet bei Polizeikontrolle aus
30.04.2024 Mägenwil, Region Reusstal53-Jähriger wegen Hinderung einer Amtshandlung, Drohung und Beschimpfung angeklagt
Der Beschuldigte soll am Tankstellen-Shop in Mägenwil mehrere Kantonspolizisten, die den angetrunkenen Mann kontrollieren wollten, beschimpft und sogar mit dem Tode bedroht haben. Diese erstatteten ...
53-Jähriger wegen Hinderung einer Amtshandlung, Drohung und Beschimpfung angeklagt
Der Beschuldigte soll am Tankstellen-Shop in Mägenwil mehrere Kantonspolizisten, die den angetrunkenen Mann kontrollieren wollten, beschimpft und sogar mit dem Tode bedroht haben. Diese erstatteten Anzeige.
Die Ereignisse, die kürzlich vor dem Bezirksgericht in Baden verhandelt wurden, liegen schon einige Zeit zurück: Ende Oktober 2021 ging gegen Mittag bei der Notrufzentrale der Kantonspolizei ein Anruf ein. Laut Anklageschrift meldete eine Drittperson, dass sich beim Coop Pronto Shop in Mägenwil ein grosser Mann aufhalte, welcher Probleme mache. Wenig später traf eine zweiköpfige Patrouille der Mobilen Einsatzpolizei ein und fand hinter der Waschanlage den sichtlich angetrunkenen Beschuldigten vor. Dieser habe sich unkooperativ und zunehmend aggressiver verhalten. Die beiden Polizisten habe er als «Pausenclowns» tituliert.
Diese riefen zur Verstärkung eine weitere Patrouille, bestehend aus einer Polizistin und einem Polizisten. Als die vier einen Atemalkoholtest und einen Drogenschnelltest durchführen wollten, widersetzte sich der 53-Jährige. Nur durch Festhalten der Hände und Arme habe eine Grobdurchsuchung des Mannes durchgeführt werden können. Dieser liess sich immer wieder zu Boden sacken und soll die Polizisten als «Arschloch», «Wixer» und «Sauhund» bezeichnet haben. Noch wüster beschimpfte er der Anklage zufolge die Polizistin, wobei «Schlampe» noch die harmloseste Bezeichnung war, die er ihr angedeihen liess. Die Polizisten nahmen den Betrunkenen jedoch nicht in Verwahrung, sondern chauffierten ihn an seinen Wohnort, wo sie auf das Eintreffen seiner Partnerin warteten. Denn bei dem Schweizer, bei dem es sich um einen selbstständigen Händler aus der Region handelt, waren über 12 000 Fr. Bargeld gefunden worden. Diese wollte man der Lebensgefährtin aushändigen.
Drohung ernst genommen
Währenddessen soll der Beschuldigte die Polizisten bedroht haben. Wörtlich sagte er: «Morgen seid ihr alle tot», «ich mache euch alle kaputt» und «meine Jugo-Kollegen werden euch und eure Liebsten finden.» Die Staatsanwaltschaft klagte den Mann daher wegen Hinderung einer Amtshandlung sowie mehrfacher Drohung und Beschimpfung an. Das geforderte Strafmass: drei Monate Haft (unbedingt) sowie eine Geldstrafe von insgesamt 4000 Franken. Im Falle einer Verurteilung drohte dem Beschuldigten ausserdem eine zusätzliche Freiheitsstrafe von 13 Monaten wegen einer früheren Verurteilung, die bedingt ausgesprochen worden waren. Die Polizisten, die bei der Verhandlung nicht anwesend waren, machten eine Zivilforderung von 500 Fr. als Genugtuung geltend.
Beschuldigter spricht von Filmriss
Die Befragung durch Gerichtspräsident Daniel Peyer zum Tathergang fiel kurz aus. «Es tut mir leid, ich kann mich nicht daran erinnern. Ich habe einen Filmriss», erklärte der Beschuldigte vor Gericht. Er wisse nur noch, dass er vor Ort gewesen sei. Er habe am Morgen Ärger im Geschäft gehabt und daher Alkohol getrunken, aber nicht viel. Er führte seine Erinnerungslücken auf die Kombination von Alkohol und einem Medikament zurück, das er damals gegen seine Alkoholkrankheit eingenommen habe. Es sei wohl etwas zu viel gewesen. Auf Nachfrage gab er an, circa drei Dezi Vodka getrunken zu haben.
Verteidigung kritisiert Staatsanwalt
Der Anwalt des Beschuldigten verfolgte in seinem Plädoyer eine offensive Taktik. Er kritisierte das Vorgehen der Polizei, die diesen kontrolliert habe, obwohl weder eine Selbst- noch eine Fremdgefährdung vorgelegen habe. Aufgrund seines Zustands habe sein Mandant nicht überblicken können, was die Polizisten von ihm wollten. Einer von ihnen sei persönlich mit dem Beschuldigten bekannt gewesen und habe vor seinem Aspiranten Macht demonstrieren wollen. Dass die Kläger wirklich Angst gehabt hätten, stellte der Verteidiger in Frage. Bei späteren Befragungen hätten sie dies teilweise eingeräumt. Die Polizistin habe ihre Anzeige sogar zurückgezogen.
Dem Staatsanwalt warf der Anwalt vor, dass der Beschuldigte ohne seinen Pflichtverteidiger einvernommen worden sei, der den zuvor festgelegten Termin kurzfristig abgesagt hatte. Der Staatsanwalt, selbst ehemaliger Polizist, der den Beschuldigten seit 30 Jahren kenne, habe eine vorgefasste Meinung gegenüber dem Angeklagten gehabt. Dieser sei in seiner Jugend zwar als Lebemann bekannt gewesen, sei nun aber wegen seiner bipolaren Störung in Behandlung und habe seine Alkoholkrankheit mittlerweile im Griff.
Von der Vergangenheit eingeholt
Auf die formalen Bedenken trat das Gericht jedoch nicht ein. Für eine Schuldunfähigkeit sei der geschätzte Alkoholpegel zudem nicht ausreichend gewesen. Das Gericht sprach den Angeklagten in allen Punkten schuldig, sah aber nur eine Drohung als «vollendet» und ging ansonsten von «versuchter Drohung» aus. Es verurteilte ihn in Anrechnung der früheren Strafe zu 13 Monaten Freiheitsstrafe und einer Busse von 4000 Franken. Die Polizisten erhalten je 500 Fr. Genugtuung. Die Strafe sei «zwingend unbedingt», weil der Beschuldigte schon wegen ähnlicher Taten verurteilt worden sei: «Sie werden jetzt von ihrer Vergangenheit eingeholt», so der Gerichtspräsident.
Michael Lux