Dieser Zaun sorgt für Aufregung im Städtli
31.05.2024 Mellingen, Region ReusstalDer neue Zaun um den Kunstrasenplatz auf dem Schulareal Kleine Kreuzzelg und die angepassten Öffnungszeiten geben zu reden
Seit Kurzem ist der Kunstrasenplatz mit einem absperrbaren Zaun versehen. Für Unmut und Diskussionen sorgen aber vor allem die neuen, stark ...
Der neue Zaun um den Kunstrasenplatz auf dem Schulareal Kleine Kreuzzelg und die angepassten Öffnungszeiten geben zu reden
Seit Kurzem ist der Kunstrasenplatz mit einem absperrbaren Zaun versehen. Für Unmut und Diskussionen sorgen aber vor allem die neuen, stark eingeschränkten Betriebszeiten: Der Platz ist ab sofort nur noch während der Schulzeiten bespielbar.
Heftig diskutiert wird derzeit im Städtli ein Infobrief der Abteilung Bau und Planung, der über die Schulverwaltung auch an die Elternschaft gelangte. Darin informiert der Stadtrat über die neu eingerichtete Umzäunung und die eingeschränkten Betriebszeiten: «Der Fussballplatz darf nur an Schultagen von montags bis freitags zwischen 7 und 17 Uhr benutzt werden. Am Wochenende, an Feiertagen und während der Schulferien bleibt der Fussballplatz geschlossen», heisst es darin. Bisher war der Platz laut richterlichem Verbot werktags von 7 bis 19 Uhr geöffnet und die Benutzung nur am Sonntag verboten. Gleichzeitig wird bei Nichteinhaltung der neuen Sperrzeiten mit Sanktionen gedroht: «Sollten Schüler, Jugendliche oder auch erwachsene Personen die Umzäunung bei geschlossenem Fussballplatz übersteigen und die Benutzungsregeln somit grobfahrlässig missachten, hat der Stadtrat die fehlbaren Personen anzuzeigen», heisst es in dem Schreiben weiter.
Harsche Kritik am Verbot
Karin Hähnel, selbst Mutter zweier schulpflichtiger Buben, veröffentlichte den Brief auf der Facebook-Gruppe von Mellingen: «Sehr schade, dass der Platz ausserhalb der Schultage geschlossen bleibt und unter der Woche bereits um 17 Uhr schliesst. Wo sind Alternativen für die Jugend von Mellingen, damit diese sich in ihrer Freizeit sinnvoll beschäftigen kann? Da ist nebst dem Jugendbüro und den Vereinen leider nur wenig vorhanden. Auch die Jugend braucht Raum und Zeit für sich selbst, um sich richtig entfalten zu können», kommentierte sie und erhielt viel Zuspruch. Einige User fragten sich nach der Verhältnismässigkeit des Verbots, da der Platz künftig ausgerechnet in der Freizeit der Kinder geschlossen ist. «Das Ganze ist peinlich und einer Stadt Mellingen unwürdig, der Ton und die Drohungen im Schreiben sind bedenklich! Sogar am Samstag und in den Ferien den Platz zu schliessen, ist absolut übertrieben», so ein Kommentar. In einer Mail äusserte eine Leserin des «Reussbote» ebenfalls ihr Unverständnis: «Die Freizeitmöglichkeiten der Jugendlichen in Mellingen werden immer eingeschränkter», schrieb sie und teilte mit, dass die Fussballtore auf der Wiese bei der Schule Bahnhofstrasse vom Hauswart zusammengekettet wurden und bis 3. Juni ebenfalls nicht nutzbar seien. Dies laut eines Hinweiszettels aufgrund von starkem Littering.
Verständnis für die lärmgeplagten Anwohner an der Kleinen Kreuzzelg gibt es jedoch ebenfalls: «Hätte man sich in den letzten zwei Jahren nur minimal an die Regeln gehalten. Hätte man ein Minimum an Anstand walten lassen, wenn man auf die Nacht- und Sonntagsruhe aufmerksam gemacht hat. Hätte man keine Steine an Fenster geworfen und keine Knaller abgelassen, dann wäre es womöglich nicht soweit gekommen», schrieb eine offensichtlich betroffene Userin auf Facebook.
Ungünstige Lage des Platzes
Auf Anfrage des «Reussbote» äusserte sich Stadtschreiber Erich Probst zum 18 000 Franken teuren Zaun und zu den neuen Nutzungszeiten. Er wies nochmals auf die zahlreichen Reklamationen hin, die man vonseiten der Anwohner erhalten habe. Das richterliche Verbot und die Sperrzeiten seien häufig missachtet worden, teilweise habe die Regionalpolizei ausrücken müssen. Daher sei der Zaun als letztes Mittel nötig geworden («Reussbote» 14. November 2023). Erst im April hätten Unbekannte auf einem der Tische beim Kunstrasenplatz einen Einweg-Grill betrieben und den Tisch angebrannt.
Kernproblem ist laut Probst die ungünstige Lage des Kunstrasenplatzes: «Die Anlage dient nur zur Nutzung während der Schulzeiten», betont er. Das sei eine baurechtliche Frage: «Sportanlagen müssen eine gewisse Distanz zur Wohnzone haben.» Der Platz sei zu nah an der Bauzone und die Anwohner hätten das Recht, sich gegen Lärmimmissionen zu wehren. Die reduzierten Öffnungszeiten resultierten daraus, dass der Zaun vom Schulabwart von Hand abgeschlossen werden muss. Zudem habe es Einsprachen gegen das Baugesuch gegeben, aufgrund derer man die Nutzungszeiten weiter einschränken habe müssen. Auf die Frage, ob es verhältnismässig sei, Kindern und Jugendlichen mit Strafanzeige zu drohen, sagte Probst: «Die Frage ist falsch gestellt. Genau um das zu verhindern, haben wir die Umzäunung beschlossen und umgesetzt. Im Übrigen würden die Eltern als Erziehungsberechtigte zur Verantwortung gezogen. Es gibt ein richterliches Verbot, das wir nur über Anzeigen durchsetzen können. Genau das will aber ganz bestimmt niemand. Mit Strafbefehlen lässt sich diese Ordnung nicht umsetzen. Und mit Videokameras auch nicht.»
Plätze für die Jugend?
Als Alternative zum Kunstrasenplatz kann laut einer Pressemitteilung der Stadt die Spielwiese zwischen dem Fussballclub Mellingen und der Hallenbadwiese mit zwei Toren genutzt werden. Ein Kredit für ein Beachvolleyballfeld beim Hallenbad werde an der Winter-Gmeind zur Abstimmung gebracht, ergänzt Probst. Ausserdem werde im Rahmen eines kantonalen Schwerpunktprogramms das Gesuch des FC für einen Kunstrasenplatz auf dem Spielfeld 2 geprüft, mit Beiträgen bis maximal 400 000 Franken. Dieser Platz wird allerdings primär durch den FC Mellingen genutzt. Ob das reicht, um die Stimmung unter den Eltern aufzuhellen? Für Karin Hähnel laufen die Diskussionen im Städtli derzeit in die falsche Richtung: «Es stimmt uns als Eltern nachdenklich und traurig, wie die Jugend von Mellingen an den Pranger gestellt wird.» Jugendliche würden oft mit Vandalismus gleichgesetzt: «Die Jugend von heute ist unsere Zukunft und die Zukunft von Mellingen.»
Michael Lux