Die Mellinger Spiellüt spielen in der Gerichtsstube lebensnahe Gerichtsszenen aus dem Mittelalter
Kleines Theater mit grossem Spiel. Was die Mellinger Spiellüüt in der historischen Gerichtsstube zu Mellingen auf die nicht vorhandene Bühne bringen, ist ganz grosses ...
Die Mellinger Spiellüt spielen in der Gerichtsstube lebensnahe Gerichtsszenen aus dem Mittelalter
Kleines Theater mit grossem Spiel. Was die Mellinger Spiellüüt in der historischen Gerichtsstube zu Mellingen auf die nicht vorhandene Bühne bringen, ist ganz grosses Kino.
Theater in einem 40 Quadratmeter grossen Raum, in dem das Publikum den grössten Raum einnimmt und das während des Spiels mit Speis und Trank bewirtet wird. Kann das funktionieren? Man durfte gespannt sein, wie das die sieben Spiellüt an der Premiere meistern würden. Eines vorneweg: Dem Autor Paul Steinmann aus Villmergen ist ein Wurf gelungen. Und die Spiellüüt, die sich selbst Laiendarsteller nennen, aber mit Leidenschaft Theater spielen, haben sich wieder mal selbst übertroffen.
Theater zwischen den Gängen
24 Zuschauer nahmen an den gedeckten Tischen in der Gerichtsstube Platz. Mehr Platz hats nicht. Laut Menükarte gibts «Jabusada», gekocht von Susanne Zürcher, die im «Scharf Eck» nebenan kocht. «Jabusada» was? Muss wohl ein exotisches Gericht sein. Selbst Google kennt es nicht. Susanne Zürcher schmunzelt und verrät: «Es hat Chabis drin, Chrüzchümel und Härdöpfel. Es ist ein altes Bündner Gericht.» Serviert in einer grossen Schüssel mit Deckel. Die Gäste schöpfen selbst. Das genaue Rezept ist Köchinnen-Geheimnis. Dazu gibts saftigen Beinschinken, geschnitten direkt am Tisch von Stephan Schmid, der Mann für alle Fälle bei den Spiellüüt. Nach den Amuse-Bouche (klein geschnittene Chässchnitte) gehts unvermittelt los. Die Spiellüüt kommen singend ins Lokal geplatzt, schütteln den Gästen die Hände und sorgen für allerlei Klamauk. Erst gibts mal eine kleine Lektion örtlicher Heimatkunde. Demnach ist Mellingen ein Ort, der das Schweizerische Liedgut mitgeprägt hat, was natürlich nicht ganz ernst genommen werden sollte.
Schaurige Hexenprozesse
Aber es wird schnell klar: Mellingen, das seit 1296 das Stadtrecht besitzt und schon früh über die «Niedere Gerichtsbarkeit» verfügte, ist ein bedeutender Ort, in dem sich grosse Geschichte(n) zugetragen haben. Darunter auch viele grausame. Im «Theater trifft Gericht» lassen die Spiellüüt in mehreren schnellen Szenen, Geschichte(n) Revue passieren, die nicht nur lustig sind. Erwähnt seien die Hexenprozesse, zwischen Hauptgang und Apfelcrème-Dessert, bei denen es einen schaudert.
Gespielt wird das Stück bis zum 25. Mai insgesamt sechsmal – stets in der ausverkauften Gerichtsstube. Schade. Vielleicht lassen sich die Spiellüüt noch zu Zusatzvorstellungen überreden. Denn das gelungene Stück Mellinger Geschichte hat ein grösseres Publikum verdient.
Beat Gomes