Durch dick und dünn zum gemeinsamen Erfolg
28.06.2024 Mellingen, Region ReusstalDie Lastech AG feiert heuer ihr 35-Jahre-Jubiläum – Susanne und Konrad Herzog erzählen, wie sie es geschafft haben
Es war ein Turnerabend in Sulz im Fricktal. Dort hats zwischen den beiden gefunkt. Da waren sie zarte 18. Heute, 45 Jahre später, dürfen sie stolz auf ...
Die Lastech AG feiert heuer ihr 35-Jahre-Jubiläum – Susanne und Konrad Herzog erzählen, wie sie es geschafft haben
Es war ein Turnerabend in Sulz im Fricktal. Dort hats zwischen den beiden gefunkt. Da waren sie zarte 18. Heute, 45 Jahre später, dürfen sie stolz auf ihr Lebenswerk zurückschauen. Susanne und Konrad Herzog haben in 35 Jahren die Lastech AG vom Kleinstbetrieb zum bedeutendsten Industriebetrieb in Mellingen aufgebaut.
Liebe, gegenseitiges Vertrauen, Mut und nie nachlassender Fleiss. Das sind die hauptsächlichen Ingredienzen ihres gemeinsamen Erfolgs. Der Eindruck entsteht nach einem zweistündigen Gespräch mit Susanne und Konrad Herzog wie von selbst. Er entsteht als zwingende Konsequenz einer Lebensleistung, die sie im «Doppelpack» erbracht haben. Heute sind sie allerdings nicht mehr die rackernden Zugpferde an der Spitze des Unternehmens, welches rund 60 Mitarbeitende beschäftigt. Es ist ihnen gelungen, etwas Distanz vom Tagesgeschäft zu gewinnen, sind aber noch in einem kleinen Teilzeitpensum da, wenn sie gebraucht werden.
Beide sind sie noch immer im Verwaltungsrat der Firma. Er als Präsident, sie als Mitglied. Er befasst sich im Verkauf noch mit speziellen Projekten. Sie unterstützt die Geschäftsleitung in HR-Fragen oder organisiert Events wie zum Beispiel das vergangene Jubiläum. Grün ist ihre bevorzugte Farbe. Gerne erinnert sie sich daran, wie sie Konrad das erste Mal begegnete. «Er trug einen dunkelgrünen Rollkragen-Pullover», berichtet Susanne Herzog, als wärs gestern gewesen. Dabei leuchten ihre Augen wie funkelnde, braune Edelsteine.
Die Farbe der Hoffnung
Grün sind auch die Bilder, die sie als Hintergrund für das grosse Foto nebenan gewählt haben. Diese Farbe symbolisiert eine Verbindung zur Natur, fördert Harmonie und weist darauf hin, dass Menschen auf ihrem Lebensweg nach Gleichgewicht und innerer Entwicklung streben.
Susanne Herzog hat die Bilder von der Künstlerin Ji Young Sägesser – Ehepartnerin vom heutigen CEO Reto Sägesser – malen lassen. Sie hängen im grossräumigen und hellen Bistro, in der sich das Personal verpflegen und auch zwischendurch erholen kann. Die «sozialen Räume» gehören zu den eindrücklichen Meilensteinen der Firmengeschichte. Als der Platz in den Fabrikationshallen knapp wurde, blieb nur eine Lösung. Der Einschub einer neuen Etage. Auch wenn das grösste Anstrengungen erforderte: Die Herzogs entschieden sich für eine pragmatische und für die Firma optimale Lösung. Schon beim Büro-Einbau im Jahre 2007 mussten die Aussenmauern der Fabrikhülle durchbrochen werden. Ein Zwischenboden auf stählernen Füssen und Trägern wurde in die Halle eingezogen. So konnten die Produktionsflächen und die Büros erhalten und später die Aufenthalts und Garderobenräume unters Hallendach gehievt werden.
Die Herzogs sind Unternehmer von echtem Schrot und Korn im besten Sinne. Gewinnmaximierung ist nicht das oberste Ziel. Die Mitarbeitenden stehen im Zentrum. «Dank der hohen Kompetenz und der guten Einsatzbereitschaft unserer Mitarbeitenden sind wir erst so weit gekommen», sagen Susanne und Konrad Herzog unisono. Als Personalverantwortliche sei es ihr ein stetes Anliegen gewesen, ihre Mitarbeitenden wert zu schätzen, zu fördern, aber auch zu fordern. So hat sie einst auch die Morgengymnastik eingeführt. Sie selbst hats vorgemacht, Was für ein Bild, als sich jeweils zwei bis drei Dutzend kräftige Männer vor der Fabrik zur gemeinsamen Gymnastik versammelten, um einem steifen Rücken und verspannten Muskulaturen entgegenzuwirken.
Gruppengymnastik ist zwar nicht mehr. Die Pandemie hat dem ein Ende gesetzt. Aber Susanne Herzog hat noch immer ein feines Gespür und schaut genau hin, wie es «ihrem» Personal geht. Denn gutes Personal, das ist für die Herzogs keine Floskel, sondern ein zentraler Schlüssel für den Erfolg. So ist es für sie nur folgerichtig, langjährige Mitarbeitende am Unternehmen zu beteiligen und in die Geschäftsleitung einzubinden: getreu ihrem Motto «Zukunft braucht Herkunft und Herkunft braucht Zukunft».
Beide stammen aus dem Fricktal
Beide kommen sie aus dem Fricktal. Susanne ist aufgewachsen in Kaisten, einem beschaulichen Dorf, eingebettet in sattes Wiesengrün und gegen Norden versteckt hinter langgezogenen Hügelrücken. Susanne wuchs mit zwei Schwestern und einem Bruder auf. Der Vater, den sie schon früh verlor, war einst Gemeindeammann. Als Älteste musste sie schon früh Verantwortung übernehmen. «Das hat mich geprägt.» Nach der Primarschule im Dorf und später der Bezirksschule im nahen Laufenburg entschied sie sich für eine Lehre als Pharma-Assistentin. Den Wunsch, Lehrerin zu werden oder Ärztin, schob sie beiseite. «Ich wollte nicht so lange studieren.» Stattdessen hängte sie nach der Lehre berufsbegleitend eine kaufmännische Ausbildung an. Dazu eine Ausbildung zur Personalfachfrau.
Konrad ist mit drei Brüdern und zwei Schwestern als Jüngster in bäuerlicher Umgebung in Hornussen aufgewachsen. Damals führte noch der ganze Verkehr zwischen Basel und Zürich durchs Dorf. 1967 siedelte seine Familie auf den Brunnhof, im Süden hoch über dem Dorf. Schon früh kam er mit landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen in Berührung. Er erzählt, wie sie als Buben auf dem Hof anpacken mussten.
Gut in Erinnerung ist ihm geblieben, wie sie einst vor einem drohenden Sommergewitter 700 Strohballen in der Scheune ins Trockene bringen mussten, um sie am anderen Tag auf einen Lastwagen zu verladen. Eine Ochsentour. Umso mehr, als der Regen ausblieb. «Das sind Dinge, die nie vergessen gehen», sagt Konrad Herzog. «Sie haben uns Durchhaltewillen und Standhaftigkeit gelehrt.» Nach der Schulzeit absolvierte Konrad bei der Firma Jakob Müller in Frick eine Lehre als Maschinenmechaniker. Danach folgte eine Weiterbildung in der Betriebstechnikerschule.
Turnerabend in Sulz
Nur der Kaistenberg trennt die beiden Ortschaften Hornussen und Kaisten. Auf schmalen Strässchen durch den Wald, vorbei an gewölbten Feldern, sind es nur etwas mehr als sieben Kilometer von einem zum andern Dorf.
Und dennoch liegen Welten dazwischen. Es brauchte schon eine Turnshow in Sulz, einem langgezogenen Strassendorf im Sulzer Tal, die Susanne und Konrad zusammenbrachte. Wir schreiben das Jahr 1979. Susanne aus Kaisten und Konrad aus Hornussen, beide 18-jährig, sassen zufällig am gleichen Tisch. Konrad im grünen Rollkragen-Pulli, der Susanne in die Augen stach. Konrad hatte durchaus ein Auge auf Susanne geworfen. Aber scheu, wie er damals war, habe er sich nicht getraut, die junge Dame mit den dunklen Haaren und den braunen Rehaugen anzusprechen. «Auch ich war etwas scheu», erinnert sich Susanne. «Aber ich gab mir einen Ruck und forderte Konrad zum Tanz auf.»
Hinterher sagte sie zu einer Volleyball-Kollegin: «Du, ich glaub, es ist etwas Ernstes.» Gefunkt hat es zwar. Aber der grosse Funkenflug kam erst später, als Konrad sich an einem Sonntag aus Hornussen aufmachte nach Kaisten, um nach Susanne zu suchen. Es sollte aber noch sechs Jahre dauern bis zur Verlobung. 1987 fand die Hochzeit in Ittenthal statt. 1991 kam mit Pascal der erste von drei Söhnen zur Welt. 1993 folgte Fabian und 1995 Nicolas.
Wie die Lastech entstand
Konrads Bruder Martin Herzog arbeitete in jenen Jahren bei der 1955 von Max Lipp gegründeten Beleuchtungsfirma Prolux AG im Argovia-Gebäude an der Stetterstrasse in Mellingen. 1988 konnte Martin Herzog den Produktionsteil der Prolux AG kaufen. Dafür gründete er die auf Blechbearbeitung spezialisierte Firma Hematech AG, die noch heute an diesem Standort erfolgreich tätig ist. Die neue Lasertechnik, welche die Blechbearbeitung weltweit revolutionierte, sollte Einzug halten. Die Herzog-Brüder wollten eine erste Laseranlage anschaffen, die im Vergleich zu den heutigen Systemen, geradezu von bescheidener Technik war. Doch die Maschine kostete ein Vermögen. «Das Risiko, mit einem solchen Investment die Hematech zu gefährden, wäre damals ein ungeheures Wagnis gewesen», sagt Konrad Herzog. «Deshalb haben wir die Lastech AG gegründet.» Mit dabei auch Max Lipp, der an die Herzog-Brüder glaubte. Lipp half mit, die erste Laseranlage zu finanzieren. Er feiert demnächst seinen 95. Geburtstag und ist heute Ehrenpräsident der Lastech AG. Neben der neuen Maschine war auch eine entsprechende Infrastruktur notwendig. Alles in allem eine gigantische Investition für eine Dreimann-Firma.
«Wir mussten manchmal beissen»
Von da an gab es nur eines: arbeiten, arbeiten und nochmals arbeiten. Die Maschine, so Konrad Herzog, lief auch an Samstagen und Sonntagen. Susanne, die zu Hause drei Buben aufzog, half mit, wo immer sie konnte. Sie «rutschte» mit dem Grösserwerden ihrer Söhne nach und nach in die Firma, wie sie selbst sagt. Sie baute die Administration professionell auf, rekrutierte laufend neues Personal und kümmerte sich um das Marketing.
Die Firma wuchs schnell. Und mit ihr wuchs das finanzielle Risiko. Denn um mit der wachsenden Konkurrenz Schritt zu halten, waren laufend neueste Investitionen notwendig. Allesamt sündhaft teuer. Und für ein KMU an der Grenze der finanziellen Tragbarkeit. «Ja, wir mussten oft beissen», räumt Konrad Herzog ein. «Die Banken hätten jeweils geblockt, wenn sie auch nur für einen kleinen Kredit nachgefragt hätten. «Als ich einst eine Kontokorrent-Aufstockung von 50 000 Franken wollte, verlangte die Bank unser privates Haus als Sicherheit», erinnert sich Konrad Herzog. «Ich habe mich geweigert und sagte zum Banker: «Die Sicherheit bin ich.» Daraufhin wurde der Kredit bewilligt.
Infolge Wachstums erfolgte 1995 der Umzug der Lastech von der Stetterstrasse in die Fabrikhallen der ehemaligen Compactus an die Birrfeldstrasse. Anfänglich genügten 700 Quadratmeter. Aber nicht für lange.
Nach und nach ergriff die Lastech Raum vom ganzen Fabrikkomplex und erweiterte konsequent die Kompetenzen für die komplette Blechbearbeitung und Baugruppenfertigung. Personell wurde ebenfalls laufend aufgestockt. 2012 wurde Reto Sägesser eingestellt. Er startete als Produktionsund Betriebsleiter. «Seine Fähigkeiten passten genau zu unserer Weiterentwicklung und er wurde 2016 in die Geschäftsleitung aufgenommen», sagt Susanne Herzog. Letztes Jahr wurde an der Bahnhofstrasse 72 das «Werk 2» eröffnet, um in der Baugruppenfertigung besser aufgestellt zu sein. Mellingen wird für die Lastech allmählich zu eng. Geeignetes Bauland für eine neue, grössere Fabrikationshalle fehlt.
Die Stabübergabe
Nach 33 Jahren an der Spitze des Unternehmens haben die Herzogs 2022 die operative Führung in jüngere Hände übergeben. Das Bild links zeigt symbolisch die Stabübergabe an Reto Sägesser (Geschäftsleiter), Andreas Seiler (Produktionsleiter) und den ältesten Sohn Pascal Herzog (Leiter Verkaufsinnendienst und Technik).
Susanne und Konrad Herzog sind zwar noch immer im Unternehmen, haben aber – wie erwähnt – ihre Präsenz deutlich runtergefahren. Auf die Frage, ob sie tatsächlich loslassen könnten, meint Susanne Herzog: «Wir vertrauen auf unsere kompetente und dynamische Crew und freuen uns mit ihr über die kleineren und grösseren Erfolge.» Für Konrad Herzog geht die Arbeit noch etwas weiter: «Unser Projekt ist ein neues Domizil für die Lastech AG zu finden, aufzubauen und in ein paar Jahren dann auch umzuziehen.»
Privat möchten Konrad und Susanne Herzog gemeinsam ihr Ferienhaus im Wallis etwas mehr nutzen und sich künftig auch vermehrt ihrer wachsenden Familie widmen.
Beat Gomes