Der Axtwurfverein Rohrdorf reist Ende August zur Doppelaxt-Weltmeisterschaft ins nordenglische Thirsk
Als Corona-Zeitvertreib entstanden, ist der Axtwurfverein Rohrdorf längst wettkampftauglich. Bei allem sportlichen Ehrgeiz steht aber immer der Spass und die Kameradschaft im ...
Der Axtwurfverein Rohrdorf reist Ende August zur Doppelaxt-Weltmeisterschaft ins nordenglische Thirsk
Als Corona-Zeitvertreib entstanden, ist der Axtwurfverein Rohrdorf längst wettkampftauglich. Bei allem sportlichen Ehrgeiz steht aber immer der Spass und die Kameradschaft im Vordergrund.
Obwohl das Logo des Vereins, ein Wikinger-Langschiff, es suggeriert: Die Sportart geht nicht auf die bärtigen Nordmänner zurück. Der Ursprung liegt vielmehr in den tiefen Wäldern Kanadas und Skandinaviens. Dort vertrieben sich die Holzfäller einst die Zeit damit, mit ihren Äxten auf Ziele zu werfen. Als Zeitvertreib während Corona ist 2020 auch der Axtwurfverein Rohrdorf entstanden: Über einen Kollegen wurden Stefan und Barbara Merki auf die Sportart aufmerksam. Kurzerhand bauten sie während der Pandemie bei sich auf dem Sorchenhof ein paar Zielscheiben auf. Das ungewöhnliche Treiben und die fliegenden Äxte zogen bald zahlreiche Neugierige an. Der Rest ist Geschichte.
Outdoorsport für Techniker
Dass Axtwerfen nichts für Zartbesaitete ist, merke ich spätestens beim Trainingsbesuch. Es giesst wie aus Kübeln, trotzdem haben sich einige wackere Vereinsmitglieder eingefunden. «Wir haben auch schon bei 20 Zentimetern Schnee geworfen», lacht Wettkampfund Trainingsleiter Michel Monzeglio, der über Feuerwehrkameraden zum Axtwerfen kam. Er schätzt vor allem das familiäre Miteinander bei dieser Randsportart. «Die Ästhetik des Werfens und die Körperbeherrschung», faszinieren dagegen Stefan Merki am meisten. «Das Mentale, sich auf das Ziel zu fokussieren, ist die Herausforderung», findet seine Frau Barbara. Und für Men Lim ist es schlicht ein guter Ausgleich zu seinem Bürojob.
Anfangs brauche es schon Überwindung, ein «scharfes Werkzeug» über den Kopf zu schwingen, gibt Barbara zu. «Es passieren viel weniger Unfälle als beim Fussball», beruhigt Stefan Merki jedoch. Tabea Zurbrügg gefällt beim Axtwerfen unter anderem, dass man dazu kein hohes Fitnesslevel braucht. Denn obwohl die Doppel-Äxte mindestens 1,3 Kilo wiegen, gehe es eher um Technik statt um Muskelkraft. Deswegen hätten Frauen und Männer die gleichen Chancen.
Apropos Wettkampf: Zwar geht es den 17 Vereinsmitgliedern, die sich zweimal wöchentlich treffen, um den Plausch – aber nicht nur. Regelmässig treten sie bei Wettkämpfen an, stellten 2021 gar die Schweizer Meisterin. Und Ende August fahren sie zu siebt zur Weltmeisterschaft nach England. Noch so ein Vorteil einer Randsportart: Für die WM-Teilnahme braucht es keine Qualifikation. «Wir haben aber schon den Anspruch, die besten Schweizer zu sein», sagt Präsident Marco Zurbrügg.
Axtwerfen im Selbstversuch
Nun möchte ich selbst mein Glück versuchen. Beherzt fasse ich die Axt mit beiden Händen. «Denk an ein Katapult, das aufgezogen wird», rät mir Merki. «Die Hände zusammen, das gibt Stabilität», lautet der Tipp von David Glorius. Ich hebe die Axt über den Kopf und lasse sie in hohem Bogen in Richtung der 6,10 Meter entfernten Zielscheibe sausen. In der Luft vollführt sie eine kleine Pirouette – und verpasst das Ziel. «Mist, zu kurz!» Beim zweiten Versuch bin ich weniger zaghaft, ziele etwas höher. Wie in Zeitlupe dreht sich die Axt – und «zack!», sie schlägt gar nicht so weit vom Bulls Eye entfernt ins Holz ein. Unwillkürlich werfe ich die Arme in die Höhe. Jetzt weiss ich, was David Glorius vorher meinte: «Das Geräusch und das Gefühl, wenn man die Scheibe trifft, macht einfach Spass.»
Michael Lux