In Mellingen lagert die Nagra in einem Bohrkernarchiv einen geologischen Schatz, der nun auch besichtigt werden kann
Tausende von Steinsäulen stapeln sich im Bohrkernarchiv in Mellingen. Morgen soll am ersten Besuchstag auch die Öffentlichkeit Zugang erhalten.
Tausende von ...
In Mellingen lagert die Nagra in einem Bohrkernarchiv einen geologischen Schatz, der nun auch besichtigt werden kann
Tausende von Steinsäulen stapeln sich im Bohrkernarchiv in Mellingen. Morgen soll am ersten Besuchstag auch die Öffentlichkeit Zugang erhalten.
Tausende von Holzkisten lagern in einer grossen Halle in fünfzehn Regalen an der Industriestrasse in Mellingen. Schmale, schwere Kisten, fein säuberlich beschriftet. Eine endlose Summe an Behältern – und mehr noch ihr Inhalt – gibt Auskunft über 200 Millionen Jahre Erdgeschichte der Nordschweiz. Schon seit Jahren befindet sich in Mellingen das Bohrkernarchiv der Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle).
Felix Glauser, Nagra-Mediensprecher, zieht eine Kiste aus dem Regal und zeigt eine Säule aus Stein. Es ist einer von unzähligen Bohrkernen, wie sie die Nagra seit den 1980er-Jahren in der Nordschweiz aus unterschiedlichsten Tiefen an die Erdoberfläche holt. Granit, Kalk, Sandstein, Salz. Urgestein, das ausgewertet wurde, um abzuklären, ob es zukunftstauglich ist. Dabei interessiert die Frage: Welche Gesteinsschicht wird dauerhaft der Belastung standhalten, radioaktive Abfälle aus Kernkraftwerken in einem Tiefenlager sicher zu umschliessen, bis sie unschädlich geworden sind? An dieser Frage forscht die Nagra seit 50 Jahren. Heute weiss man, dass sich Opalinuston für diese Art von Lagerung besonders eignet.
«Hier lagert ein geologischer Schatz»
Zwar ging es der Nagra in erster Linie darum, herauszufinden, welches Gestein sich für die Lagerung von radioaktiven Abfällen besonders eignet. Gleichzeitig resultieren als interessanter Nebeneffekt dieser Forschung wissenschaftliche Erkenntnisse zur Erdgeschichte. «Hier lagert ein geologischer Schatz» hält die Nagra fest. Und Glauser sagt: «In zahlreichen Bohrkernen wurden Versteinerungen entdeckt.» Zum Beispiel ein Urkrokodil, ein Tintenfisch oder ein Krebs. «Denn hier war vor Millionen von Jahren Meer», sagt Felix Glauser. Weder Krebs noch Krokodil allerdings zeigten sich auf den ersten Blick.
Das Urkrokodil im Bohrkern
Im Gegenteil. Gut versteckt lagen kleinste Teile des Urkrokodils in einem Bohrkern, der aus 950 Metern Tiefe in der Nähe von Stadel an die Oberfläche geholt wurde. Die Bohrkrone hatte sich durch das Fossil hindurch gebohrt. Erst beim Durchtrennen und Verkürzen der Steinsäule kamen die Versteinerungen zum Vorschein, welche die Paläontologie – als Wissenschaft, die Lebewesen der geologischen Vergangenheit untersucht – schliesslich als Wirbelsäule und Rückenpanzer eines Urkrokodils zu deuten vermochte.
Solche Schätze will die Nagra in ihrem Archiv nun einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Dafür wurde ein Teil des Archivs als Ausstellungsraum ausgebaut – zu sehen ist dort unter anderem auch ein Modell mit dem geplanten Tiefenlager im Haberstal, Nördlich Lägern.
Heidi Hess
Besuchstag: 15. Juni
Morgen, Samstag, öffnet das Bohrkernarchiv der Nagra an der Industriestrasse 15 in Mellingen zwischen 10 Uhr und 16 Uhr seine Türen für die Bevölkerung. Fachexpertinnen und -experten der Nagra geben Auskunft zu Geologie oder zur Lagerung des Atommülls. hhs