Kreative Köpfe (3): Der Künter Alex Zahnd betreut Entwicklungsprojekte von «Rural Integrated Development Services – Switzerland» (RIDS)

Alex Zahnd setzt sich zusammen mit dreizehn Mitarbeitenden seit 2002 für gesamtheitliche und langfristige Entwicklungsprojekte in Hochgebirgsgebieten in Nepal und im Himalaya ein.

Bei seinem diesjährigen Einsatz in Nepal war Alex Zahnd (67) zwischen März und Mai circa 500 Kilometer zu Fuss und 2625 Kilometer mit seinem 200-Kubik-Töff in oft unwegsamem Gelände unterwegs. Um in Dörfer zu gelangen, in welchen Entwicklungsprojekte im Gange sind, war Improvisation angesagt. Unter anderem musste Zahnd einen Fluss überqueren, bei dem in der Monsun-Zeit die Brücke weggeschwemmt worden war. Zahnd und sein Gepäck überquerten den Fluss in einem Korb am Seil. Sein Motorrad wurde, am Seil hängend, über den Fluss gehievt. Nicht weniger abenteuerlich verlief die Weiterfahrt. So fing Zahnd am Hinterrad einen Platten ein. 850 Kilometer musste er mit einem zerfetzten Pneu, auf der Felge bis zur nächsten Reparaturstelle fahren. Der Rest der Reise verlief ohne Zwischenfälle. Vor Ort arbeitet Zahnd mit lokalen Mitarbeitern zusammen und macht sich ein Bild über laufende Dorf-Entwicklungsprojekte des von ihm gegründeten Non-Profit-Vereins Rural Integrated Development Services, kurz RIDS Switzerland, Nepal.

40 Jahre in Nepal tätig
Seit 31 Jahren setzt sich der Maschinenbauingenieur, Doktor der Philosophie und erneuerbarer Energien für Dorf-Entwicklungsprojekte im Nordwesten von Nepal, im Hochgebirge «Karnali», ein. Über 3200 Familien wurden seit 2002 durch Zahnd und den Verein RIDS unterstützt. Wichtig sind ihm und seinen Mitarbeitenden, dass Infrastruktur zusammen mit den Einheimischen über mehrere Jahre erstellt wird.
Während drei Jahren werden Projekte und Programme umgesetzt, die lokale Dorfbevölkerung wird aktiv geschult und zehn Jahre nachbetreut. «Es ist ermutigend, zu sehen, dass diese Infrastrukturen nicht nur langfristig genutzt und unterhalten, sondern auch an die nächste Generation weitergegeben werden», führt Zahnd aus. Das zeige, dass die neuen Infrastrukturprojekte in den Alltag der lokalen Bevölkerung einbezogen und ein Teil ihrer Kultur werden.

Suche nach dem Sinn des Lebens
Vor 40 Jahren vollzog Zahnd eine Kehrtwende in seinem Leben. Bis zu diesem Zeitpunkt arbeitete er als Maschinenbauingenieur bei einem international tätigen Konzern in der Schweiz. In seiner Freizeit war der gebürtige Baselländer leidenschaftlicher Deltasegler und Skifahrer. Mehrmals nahm er am legendären Inferno-Skirennen teil. Trotz seines Bilderbuchlebens fehlte Zahnd etwas in seinem Leben.
1983 legte er seine Armbanduhr ab – er trägt bis heute keine – und brach mit einem Freund auf eine Weltreise auf. Nach einem Jahr verabschiedete sich dieser in Asien. Zahnd war von da an auf sich selbst gestellt. «Ich brach von Thailand mit einem von mir für Trekking umgebauten Velo nach Nepal auf», sagt er. «Circa 10 000 Kilometer legte ich zu Fuss und 10 000 Kilometer auf dem Velo zurück. Die Velo- und Trekking-Tour führte quer durch den Himalaya, von Ost-Nepal nach West-Indien», erinnert er sich. Zahnd lebte zwischendurch mit Menschen verschiedenster Religionen und Lebenssituationen zusammen und diskutierte über den Sinn des Lebens. Erst in der Missionsstation von Mutter Teresa in Kalkutta sah er Taten und Fakten, die er als Wissenschaftler nachvollziehen konnte. «Ihr Handeln drehte sich nicht um ihre eigene Person, sondern sie halfen selbstlos Menschen in Armut und grösster Not.»

Zahnd-Kochherd ist heiss begehrt
1985 kehrte Zahnd in die Schweiz zurück. Im Frühjahr 1985 fand er die Antwort zum Sinn des Lebens. Der Entscheid, ein Leben als Christ zu führen und Menschen in Nepal zu helfen, reifte. Bereits nach sieben Monaten kehrte er nach Nepal zurück, wo er auch seine Frau Sheila kennenlernte. Sie heirateten im Frühling 1988 in der Schweiz. Eine zweijährige Bibelschule in England folgte. Von 1996 bis 2007 lebten die Zahnds in einem der entlegensten Dörfer von Nepal, im Hochland von Jumla, und danach in Kathmandu. Auch ihre beiden Kinder wuchsen dort auf und wurden von Sheila in den ersten fünf Jahren zu Hause unterrichtet. In den 90er-Jahren startete Zahnd Entwicklungsprojekte nach dem Ansatz von «Holistic Community Development»: Infrastrukturen werden nicht nur installiert oder von einem Hersteller gekauft, Zahnd und seine Mitarbeitenden passen diese den Bedürfnissen und Rückmeldungen der Dorfbewohner entsprechend an. Unter anderem entwickelte Zahnd 1998 einen rauchfreien Metall-Kochherd. Bis heute wurde das gleiche Modell 3200-mal installiert. Nicht nur Speisen werden darauf gekocht, auch das Haus wird damit beheizt. Es gibt zusätzlich einen Schlitz mit Toastfunktion für Fladenbrot.

Erneuerbare Energietechnologie
Inzwischen melden sich Dörfer selbstständig für Entwicklungsprojekte an. Nebst rauchfreien Metall-Kochherden werden fehlende Toiletten oder Warmwasser-Duschanlagen installiert. Dank den von Zahnd entwickelten Solarpanels mit Wasserdurchlauf kann das Duschwasser auf 20 Grad erwärmt werden. Für sauberes Trinkwasser werden Wassersysteme gebaut: Die Dorfbewohner können die Wasserfilter mit selbst gesammeltem Sand aus dem Fluss betreiben.
Zahnd entwickelte auch Hochgebirgstreibhäuser, deren Steinmauern die Wärme speichern. Als Dach dient eine UV-beständige Plastikfolie. In diesen Treibhäusern kann auf 3000 Meter Höhe zehn Monate lang Gemüse angebaut werden, statt nur drei Monate lang wie bisher. Pionier war Zahnd zudem bei der Elektrifizierung: 1998 entwickelte und installierte er mit RIDS LED-Lampen, welche nur 0,8 Watt Strom verbrauchen.
Der Verein RIDS-Switzerland wird von Privatpersonen unterstützt, von Firmen sowie auch von Swisslos Baselland und Aargau. Nächstes Jahr sollen zwei weitere Dörfer von den Entwicklungsprojekten profitieren. Dafür wird finanzielle Unterstützung gesucht. Informationen unter rids-switzerland.org.

Debora Gattlen

Sommerserie

Die Fähigkeit, etwas zu erschaffen, was neu oder originell und dabei nützlich oder brauchbar ist – so definiert Wikipedia das Wort «Kreativität». Wir haben uns im Einzugsgebiet des «Reussbote» auf die Suche nach kreativen Menschen gemacht und unsere Erfahrungen in der Sommerserie «Kreative Köpfe» zusammengetragen. (red.)

Selbstfindungstrip als Start zur Hilfe der Ärmsten

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