Der Kanton Aargau wählt sein Parlament
27.09.2024Sonderproduktion zu den Grossrats- und Regierungsratswahlen vom 20. Oktober 2024
Am 20. Oktober wählt der Kanton Aargau sein Parlament. Für die 140 Grossratssitze bewerben sich 1023 Personen, 405 Frauen und 618 Männer.
Der Grosse Rat ist das Parlament des Kantons ...
Sonderproduktion zu den Grossrats- und Regierungsratswahlen vom 20. Oktober 2024
Am 20. Oktober wählt der Kanton Aargau sein Parlament. Für die 140 Grossratssitze bewerben sich 1023 Personen, 405 Frauen und 618 Männer.
Der Grosse Rat ist das Parlament des Kantons Aargau. Er tagt im Grossratsgebäude in Aarau und ist die gesetzgebende und oberste aufsichtführende Behörde des Kantons. Seine 140 Mitglieder werden nach dem Proporzverfahren für vier Jahre gewählt, wobei das biproportionale Zuteilungsverfahren nach doppeltem Pukelsheim (siehe Artikel «So wählen Sie richtig») zur Anwendung kommt. Das Amtsjahr beginnt im Januar, die Versammlungen werden stets an einem Dienstag abgehalten. Die letzte Gesamterneuerungswahl fand am 18. Oktober 2020 zusammen mit der Regierungsratswahl statt. Die Amtsdauer des aktuellen Grossen Rates geht vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2024.
Die Aufgaben des Grossen Rates
Die aargauische Kantonsverfassung regelt die Befugnisse des Grossen Rates. Der Grosse Rat wählt aus seiner Mitte jeweils für ein Jahr den Präsidenten und zwei Stellvertreter; diese stellen das Präsidium dar. Ausserdem wählt das Kantonsparlament für die Dauer von vier Jahren die Mitglieder und Präsidenten der kantonalen Gerichte. Das Gremium gilt als verhandlungsfähig, wenn mindestens 71 Abgeordnete anwesend sind.
Der Grosse Rat beschliesst Gesetze bzw. deren Änderung oder Aufhebung, wobei es zweimaliger Beratungen bedarf. Für Gesetze, deren Inkrafttreten keinen Aufschub erträgt, kann das sofortige Inkrafttreten beschlossen werden, wenn sich dafür eine absolute Mehrheit aller Mitglieder ausspricht. Grundsätzlich gilt, dass Beschlüsse der Volksabstimmung unterliegen, wenn sie Verfassungsänderungen enthalten. Ebenfalls zwingend vor das Volk kommen Beschlüsse, die nicht von der absoluten Mehrheit aller Grossratsmitglieder verabschiedet wurden. Selbst beim Vorliegen einer absoluten Mehrheit kann ein Viertel der Parlamentsmitglieder eine Volksabstimmung einfordern (obligatorisches Referendum). Andererseits kann per Volksbegehren eine fakultative Abstimmung herbeigeführt werden, wenn mindestens 3000 Stimmberechtigte dies fordern. Dieses Begehren muss innerhalb von 90 Tagen nach Publikation des Beschlusses eingereicht werden.
Ausgaben bis 5 Millionen Franken
In Entscheidungen über neue finanzielle Verpflichtungen des Kantons ist der Grosse Rat berechtigt, über Ausgaben einmaliger Natur bis 5 Millionen Franken bzw. Ausgaben wiederkehrender Art bis 500 000 Franken frei zu entscheiden. Oberhalb dieser Grenzen besteht die Möglichkeit, vom Parlament gefällte Entscheidungen per fakultativem Referendum einer Volksabstimmung zu unterstellen. Es besteht die Möglichkeit der Volksinitiative. 3000 Stimmberechtigte können per Begehren vom Grossen Rat verlangen, eine Verfassungs- oder Gesetzesänderung herbeizuführen. Hier gilt eine Frist von zwölf Monaten nach Veröffentlichung.
Wahlen 2020: Verluste für SVP, SP und FDP
2016 konnte sie sich noch als Wahlsiegerin feiern lassen, vier Jahre später fuhr die SP von allen Parteien die grösste Niederlage ein. Die Sozialdemokraten verloren im Grossen Rat vier Sitze und kamen mit einem Minus von 2,4 Prozent noch auf 16,55 Prozent Wähleranteil. Auch die wählerstärkste Partei, die SVP, büsste an Wählerstimmen ein. Mit einem Verlust von 1,6 Prozent im Vergleich zu den Wahlen 2016 kam sie noch auf einen Anteil von 30,3 Prozent und verlor zwei Sitze. Ebenfalls einen Sitz musste die FDP abgeben. Vier Sitze wurden zudem von der BDP frei, die nicht mehr zu den Wahlen antrat. Grund zum Feiern hatten hingegen die Grünen und die Grünliberalen. Letztere konnten um 4 Prozentpunkte zulegen und holten sich sechs zusätzliche Sitze. Insgesamt besetzen sie im Grossen Rat nun 13 Sitze. Einen Sitz mehr, nämlich 14, hält neu die Grüne Partei. Sie konnte um vier Sitze zulegen. Die damalige CVP (heute Mitte) gewann ebenfalls einen Sitz dazu.
CVP zählt auf treue Wählerschaft
Das Zentrum für Demokratie Aarau analysierte in einer Studie die Grossratswahlen 2020. Dazu befragten sie 2186 Personen. Der Wahlerfolg der Grünen und Grünliberalen verdanken die Parteien zum einen dem Zustrom ehemaliger SP-Wählender und zum anderen den Jung- und Erstwählenden. Die CVP konnte, wie schon bei den Nationalratswahlen 2019, auf eine treue Stimmwählerschaft zählen. Die FDP und die SVP hatten Mobilisierungsprobleme. So partizipierten nur 37 Prozent der SVP-Sympathisanten an den Grossratswahlen. Vom Rückzug der BDP profitierte hingegen kaum eine Partei, denn über 80 Prozent der BDP-Sympathisierenden blieben der Urne fern.
Auffällige Unterschiede zwischen den Parteiwählerschaften sind sowohl beim Alter als auch beim Geschlecht auszumachen. Die CVP-Wählerschaft weist das höchste Durchschnittsalter auf, während GLP und Grüne für junge Wählende besonders attraktiv waren. SVP-Wählende wiederum sind überdurchschnittlich oft pensionierte Männer. Wählende der FDP sind hoch gebildet und verfügen über ein hohes Haushaltseinkommen. Ein ganz ähnlich soziales Profil wie die FDP weist die GLP-Wählerschaft auf.
Benedikt Nüssli
Quelle: Fokus Aargau, Studie zur Aargauer Grossratswahl, Zentrum für Demokratie Aarau