«Huber Heribert» – der mit dem langen Atem
11.10.2024 Stetten, Region ReusstalEr machte sich mit 22 Jahren selbstständig. Seit 50 Jahren steht «Teppich Huber» noch immer jeden Morgen um sieben in der Firma
Es ist wie bei den Schwingern. Herbert Huber, den man in der Gegend als «Teppich Huber» kennt, nennt stets zuerst den Nach- und dann den ...
Er machte sich mit 22 Jahren selbstständig. Seit 50 Jahren steht «Teppich Huber» noch immer jeden Morgen um sieben in der Firma
Es ist wie bei den Schwingern. Herbert Huber, den man in der Gegend als «Teppich Huber» kennt, nennt stets zuerst den Nach- und dann den Vornamen. Wenn er überhaupt spricht. Denn Huber Herbert gehört zu den eher ruhigen im Land. Reden sollen andere. Er macht lieber, als dass er redet.
Auch mit über 70 Jahren steht er noch immer jeden Morgen in der Firma. Und sonst ist er irgendwo auf der Welt bei einem Marathonlauf anzutreffen.
Korrekterweise heisst er Heribert. So steht es in seinem Geburtsschein. Und im Taufschein. Mutter Rosa wollte es so. Als bibelfeste Katholikin wählte sie für alle ihre fünf Kinder den Namen eines Heiligen oder einer Heiligen. Alois ist der Älteste, dann folgen Bernadette, Magnus, Heribert und Angela. Man muss, wie Mutter Rosa, in katholischer Geschichte bewandert sein, um zu wissen, was es mit dem Namen Heribert auf sich hat. Der «Heilige Heribert» stand als Erzbischof in den Jahren 999 bis 1021 der Kirche von Köln vor und war Kanzler des Kaisers. Er wurde zu seiner Zeit wegen seiner Fürsorge für die Armen gerühmt.
Besuch beim Heiligen Heribert
In Köln-Deutz fand Erzbischof Heribert 1021 seine letzte Ruhestätte. Schon gut zehn Jahre nach seinem Tod wurde er heilig gesprochen. Und beinahe 1000 Jahre später nahm der Heribert Huber aus Stetten Kontakt zu seinem berühmten Namensgeber auf. Es war 2018, als Huber mit seiner Lebenspartnerin Monika Hintermann und seiner Tochter Fabienne nach Köln fuhr, um dort den Köln-Marathon zu laufen. Bei dieser Gelegenheit wollte Huber auch dem Grab des Heiligen Heribert einen Besuch abstatten. Beim Kölner Dom wurde ihm beschieden, dass der Heilige Heribert eine eigene Kirche im Kölner Stadtteil Deutz habe. Dort würden dessen Gebeine ruhen. Worauf Heribert aus Stetten zum Heiligen Heribert nach Köln-Deutz pilgerte, um seinem Namensgeber die Ehre zu erweisen.
Er verschwieg diesem allerdings, weshalb er sich selbst stets der Schreibweise «Herbert» bediente, nämlich weil ihm der Name Heribert nie recht gefallen wollte. Eine Namensänderung, die allerdings nicht frei von Konflikten ist. So zum Beispiel beim Fliegen. Ein falscher Buchstabe im Namen und schon kann es sein, dass der Passagier am Boden bleibt. Das sei ihm glücklicherweise noch nie passiert, sagt Huber, der kaum einen berühmten Marathon auf diesem Globus ausgelassen hat. Dazu gehören Städte wie Berlin, New York, London, Köln und viele mehr.
Auf Schnee oder geteerten Strassen macht keinen Unterschied. Huber läuft seit Jahren, im Sommer und auch im Winter. Den Engadin Marathon hat er auf Langlauflatten schon drei Dutzend Mal absolviert. Seine Bestzeit liegt deutlich unter zwei Stunden. Für einen Hobbyläufer ein fabelhafter Wert. Selbst mit 70 Lenzen lief er die Strecke zuletzt in rund zwei Stunden und 20 Minuten. Den klassischen Marathon auf der Strasse lief er schon in 3:27 Minuten. Auch das eine formidable Leistung.
Man sieht ihm seine 71 Jahre nicht an. Huber ist fit wie ein 40-Jähriger. Man möchte bei seinen aktuellen Laufzeiten meinen, der Hubert Herbert hätte nach der Pensionierung natürlich genug Zeit, um zu trainieren. Doch dem ist keineswegs so. Huber steht noch immer jeden Morgen um sieben in der Firma. Wenn die Mitarbeiter kommen, ist er im hauseigenen Pool mit Gegenstromanlage bereits sein obligatorisches Pensum geschwommen. Das muss sein. Jeden Tag. Immer zur gleichen Zeit. Sommer oder Winter. Er schwimmt auch bei zehn Grad kaltem Wasser. Kurz nur, aber konsequent. Das härtet ab. Mit dieser ihm eigenen Beharrlichkeit hat sich Huber auch beruflich durchgesetzt. So wurde er zum weit herum bekannten und erfolgreichen Unternehmer, der gemeinhin als «Teppich Huber» bekannt geworden ist.
Handelsschüler und Bodenleger
Die Schulzeit verbrachte Huber im beschaulichen Stetten, das damals gerade mal rund 500 Einwohner zählte. Die fünf Kinder mussten damals, wie das auf dem Land so üblich war, auf dem elterlichen Bauernhof mithelfen. Ein Hof mit einem Dutzend Kühen, der mitten im Dorf, unweit der Kirche, stand. Das Elternhaus wurde erst vor wenigen Jahren umgebaut. In der damaligen Scheune hat heute der neu gebaute Kindergarten seinen Platz gefunden.
Zu seiner Kindheit weiss der bedächtige und eher leise redende Handwerker nicht viel zu erzählen. Überhaupt, das Reden überlässt er lieber anderen. Huber war bereits 15, als er bei seinem ältesten Bruder Alois, der ein angesehener Treuhänder wurde, in der Dorfmusik mit dem Trompetenspiel begann. Fortan gehörte er der Musikgesellschaft Stetten, die sich 2020 wegen Nachwuchsmangels aufgelöst hat, während 35 Jahren an. Die prägenden Jahre in der Dorfmusik legten den Grundstein für Herbert Hubers ausgeprägten Sinn für Gemeinschaft und Zusammenhalt. Werte, die ihn sein Leben lang leiteten.
Bodenständig und erfolgreich
Nach seiner Schulzeit besuchte Huber die private «Handelsschule Dr. Gademann» in Zürich. Eher ungewöhnlich für eine bescheidene Bauernfamilie. Doch Mutter Rosa habe dafür gesorgt. Ihr lag eine solide Ausbildung ihrer Kinder am Herzen.
Zürich lag in jener Zeit weit weg. Es gab noch kein Halbstundentakt mit dem Bus. Weil am Mittwoch nur alle zwei Stunden ein Bus fuhr, habe er jeweils Autostopp gemacht, erzählt Huber mit leiser Stimme. Dabei äussert er Zweifel, ob man so etwas überhaupt schreiben solle. Der Handelsschule folgte eine Lehre als Bodenleger und Innenausstatter bei der Firma «Peter Innenausstattung» in Wettingen, die er drei Jahre später als Jahrgangsbester im Kanton abschloss.
Huber gründete zwei Mal
Schon bald sollte er sein erstes Unternehmen gründen. Zusammen mit dem Unternehmer Hans-Rudolf Willner aus Mellingen gründete Huber in Lupfig die Willora AG, eine Firma für Fussbodenbeläge, Teppiche, Tapeten. Willner, der 2019 im Alter von 77 Jahren gestorben ist, war ein umtriebiger Unternehmer, der sein Geld mit Immobilien gemacht hatte.
Die Rollenverteilung zwischen Willner und Huber war klar. Willner hatte das Geld, Huber sorgte für Ideen und machte die Arbeit. Und zwar äusserst erfolgreich. Huber entwarf den Firmennamen, das Erscheinungsbild der Firma und holte mit seinem Verkaufsgeschick die Aufträge rein. Die «Willora» war in den späten 1970er-Jahren bekannt für seine Veloprofis, die mit «Willora»-Trikots durch die Schweiz pedalten. Zu ihnen gehörten Erich Spahn, René Savary, Albert Zweifel, Roland Salm und der vierfache Tour de Suisse-Sieger Louis Pfenninger. Doch Huber war nicht glücklich. «Ich habe gemerkt, dass ich genauso gut selbst ein solches Ge-
schäft führen könnte», erinnert sich Huber, der zwischendurch noch die Ausbildung zum Textilkaufmann abschloss. Zu seiner Ausbildung gehört auch der Dipl. Bodenbelagsberater und der Lehrlingsausbildner.
Nach fünf Jahren trennte er sich von Willner, um 1978 in Stetten sein eigenes Bodenlegergeschäft zu eröffnen, die Einzelfirma Firma «Huber-Bodenbelags-Center». Das Domizil lag in einer Scheune an der Unterdorfstrasse1, unweit von Hubers Elternhaus. Er habe den Besitzer der Liegenschaft dazu gebracht, die alte Scheune umzubauen. Im Erdgeschoss war das Lager untergebracht, im ersten Stock richtete Huber den Ausstellungsraum ein. Verbunden waren die Räume durch zwei Umlauf-Aufzüge, sogenannte «Paternoster».
Drei Monate nach Firmengründung, kam mit Hans Gut ein erster Angestellter dazu. Auch er ein Jahrgangsbester seines Berufes. Hans Gut blieb der Firma, die 2007 zu einer Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, bis zu seiner Pensionierung während 42 Jahren treu.
Vater und Sohn machen halbe-halbe
Herbert Huber ist Vater zweier Kinder. Sohn Simon (41) und Tochter Fabienne (39). Simon machte nach der Schulzeit die Verwaltungslehre auf der Gemeindeverwaltung Tägerig. Nach einem Auslandaufenthalt in Australien trat er als Bodenlegerlehrling in die Firma seines Vaters ein. Auch er schloss als Jahrgangsbester ab. Heute ist er in der Firma gleichberechtigter Partner seines Vaters. Die Welt der Bodenbeläge hat sich im Laufe der Jahre verändert. Zwar verrichten Bodenleger noch immer viel Arbeit auf den Knien. Doch die Materialien und die Technik haben sich auch in diesem Gewerbe entwickelt. Eines allerdings ist bei «Teppich Huber» geblieben: die Leidenschaft für natürliche Materialien und hochwertige Verarbeitung.
Geschäftsbau als Höhepunkt
Von den bescheidenen Anfängen als kleiner Handwerksbetrieb hat sich das Unternehmen zu einem modernen Inneneinrichtungsbetrieb entwickelt, der die Tradition mit Innovation verbindet. Die Firma beschäftigt sieben Mitarbeiter. Je nach Auftragslage kommen bis zu zehn Unterakkordanten dazu. Mit seiner unbändigen Energie und seinem Gespür für Trends gelang es Huber, ein Unternehmen aufzubauen, das weit über Stetten hinaus einen guten Ruf geniesst. Hubers Leidenschaft für seinen Beruf und sein Streben nach Perfektion prägen das Unternehmen bis heute. Höhepunkt von Hubers Schaffen ist zweifellos der Bau des Geschäftssitzes, einem architektonisch markanten Bau im Stetterfeld, der als Gewerbepark konzipiert, mehreren Gewerbebetrieben Platz bietet.
Längst wird das Geschäft von seinem Sohn Simon geführt. «Als ich anfing, machten wir eher kleine Sachen», sagt Herbert Huber. «So haben wir uns eine treue Kundschaft aufgebaut. Simon musste sich neue Kundschaft suchen und aufbauen. Das hat er hervorragend gemacht.» Und was ist die Rolle des Vaters und Teilhabers im Geschäft? «Man sagt, der Herbert macht was er will», antwortet Huber junior mit einem breiten Lachen im Gesicht. «Er führt Abfall weg, berät Kunden, macht Botengänge, kümmert sich um die Debitorenkontrollen und legt noch immer Böden, wenns sein muss. Es gibt nichts, was er nicht macht.»
Noch ist lange nicht Schluss
Und wenn er nicht arbeitet, dann läuft er. Sei es an den Langlauf-Senioren-Weltmeisterschaften in Minnesota (USA), sei es an einem Städtelauf, dem Engadin-Skimarathon oder der Besteigung des Kilimandscharos, mit 5895 Meter der höchste Berg Afrikas. Auch mit bald 72 Jahren ist für Heribert alias Herbert Huber noch lange nicht Schluss. Weder beim Sport noch im Beruf.
Beat Gomes