Die Dokumentation: Babo – Die Haftbefehl-Story, führte bis vor kurzem im DACH-Raum die Listen der angesagtesten Filme auf Netflix an. Das ist für eine Doku über einen deutschen Rapper bemerkenswert. Es ist eine Geschichte, die bewegt. Das lässt sich auch an der Masse an ...
Die Dokumentation: Babo – Die Haftbefehl-Story, führte bis vor kurzem im DACH-Raum die Listen der angesagtesten Filme auf Netflix an. Das ist für eine Doku über einen deutschen Rapper bemerkenswert. Es ist eine Geschichte, die bewegt. Das lässt sich auch an der Masse an Reaktionen, z. B. in den sozialen Medien, erkennen. Wirklich jeder, der was von sich hält, muss was dazu sagen. Da gehöre ich auch dazu. Ich möchte nicht die aber tausendste Interpretation der Doku liefern, die dann doch zu kurz greift, sondern einige Gedanken zu dieser überwältigenden Rezeption loswerden. Es scheint mir keinesfalls zufällig, dass die Doku so breit rezipiert und kritisiert wird. Rappschaffende, Influencer, Feuilleton, Politik; so ungefähr der Querschnitt der durchaus auch positiv Kritisierenden. Diese Akteure scheinen auf den ersten Blick kaum in einem Zusammenhang zu stehen. Dennoch meine ich, dass sie alle einer ökonomischen Geschichte folgen und diese weitererzählen. Rap ist mit Babo in der verkaufbaren Netflix-Welt angekommen. Da also, wo sich Rap mit allen Ecken und Kanten als verkaufbares Phänomen entblösst, herrscht plötzlich unabdingbares Interesse. Influencer wollen Klicks; in dem sie die Doku und die Musik zum Himmel hoch loben, oder zutiefst verachten. Politiker halten die Forderung des Offenbacher Schülerrates nach Haftbefehl im Schulunterricht für nicht mit deutschen Werten vereinbar. Nicht zuletzt knackt Haftbefehl selbst am vergangenen Sonntag die Marke von 5 Mio. monatlichen Spotify-Hörern. Rap zeigt sich als Phänomen dieser Ökonomie, ist selbst penetrantes auf die Spitze treiben dieser Ökonomie. Dabei bleibt der Wert von Rap immer nur monetär. Rap muss aber auch als Kunstform begriffen werden, die eigenen künstlerischen Wert besitzt. Dieser ist frei von jeglichen monetären Wertigkeiten. Der momentane Hype um Haftbefehl stellt unverblümt ein Phänomen dar, das als kulturelle Aneignung beschrieben werden könnte. Es ist die ökonomische Aneignung von Kunst. Und zwar nicht einer «hohen» Kunst, sondern dem genauen Gegenteil. Diese Aneignung ist darum problematisch, weil sie sich einer Kultur bedient, der sie ausser dem ökonomischen keinen Wert zuschreibt, nur um diese Ökonomie im Rap zu kritisieren. Damit geht die Geringschätzung dieser Kunst einher. Betrachtet man Haftbefehls Kunst als Kunst muss jedem klar werden, dass sie längst in die Schulen gehört!