Den Zauber zurückgewinnen – Weihnachten ohne Überforderung
05.12.2025Beratungskolumne der Schulischen Heilpädagogin und Familientherapeutin Iris Selby
Werkzeugkiste für eine gelingende Erziehung: Wie Du deine Kinder erziehst – und ganz nebenbei auch
Dich selbst!
Frage:
«Wie können wir wieder ...
Beratungskolumne der Schulischen Heilpädagogin und Familientherapeutin Iris Selby
Werkzeugkiste für eine gelingende Erziehung: Wie Du deine Kinder erziehst – und ganz nebenbei auch
Dich selbst!
Frage:
«Wie können wir wieder schöne Weihnachten verbringen?» Mit dieser Frage eröffnete neulich eine erschöpfte Mutter die Sprechstunde: «Wir wollen schöne Festtage – für die Kinder und für uns. Doch jedes Jahr gibt es eine Päcklischlacht und mehr Stress und Hektik. Wie finden wir den Zauber wieder, ohne alle zu überfordern?»
Eine Frage, die viele Familien bewegt, denn Weihnachten ist ein Fest voller Erwartungen – und damit grossem Erwartungsdruck. Viel davon entsteht aus dem Wunsch, allem gerecht werden zu wollen. Doch Kinder brauchen etwas anderes. Machen wir uns auf die Suche danach.
Ruhe statt Perfektion
Gerade die Kleinsten reagieren sensibel auf Überreizung. Viele Eindrücke, laute Familienfeste, zu viele Geschenke – all das kann ihr (Nerven)System überfordern. Ein bewusst vereinfachter Festablauf hilft dabei, überhaupt wahrzunehmen, was Weihnachten ausmacht. Kleine Pausen, Momente der Stille, eine kurze Geschichte oder einfach das Beobachten der Kerzenflamme wirken oft stärker als jede grosse Überraschung. Kinder dürfen während der Festtage so sein, wie sie sonst sind. Es wäre falsch sie zu orchestrieren. Sie dürfen zwischendurch spielen, müde werden oder sich zurückziehen. Sofern Eltern das zulassen, wird das Fest nur schon dadurch für alle entspannter.
Rituale dürfen nicht erstarren
Rituale geben Halt. Sie tragen den Zauber vergangener Jahre weiter und schaffen Orientierung. Doch Rituale sind nur dann kraftvoll, wenn sie für alle noch stimmig sind. Familien verändern sich, Kinder wachsen, Bedürfnisse verschieben sich. Es lohnt sich deshalb jedes Jahr neu zu prüfen, was wirklich Freude macht: Backen wir, weil wir Lust darauf haben oder weil wir es immer so gemacht haben? Muss das Essen stundenlang vorbereitet werden oder könnte etwas Einfacheres oder anderes mehr Luft zum Atmen geben? Weihnachten gewinnt an Charme, wenn auch alte Traditionen wandlungsfähig bleiben.
Gemeinsames Familienprojekt
Viel Stress entsteht, wenn Eltern das Fest allein in Szene setzen wollen. Viel entspannter wird es, wenn alles gemeinsam gestaltet wird. Eine einfache Frage hilft dabei: «Was ist euch wirklich wichtig?» Die Antworten sind oft überraschend. Viele Kinder wünschen sich das Schmücken des Baumes, das Warten aufs Glöckchen oder ein bestimmtes Lied. Kaum jemand verlangt nach einem Berg von Geschenken oder einem perfekt geplanten Menü. Wenn jedes Familienmitglied ein kleines Herzensritual einbringen darf, entsteht ein Fest, das auch von innen heraus stimmig ist.
Neue Formen finden
Manchmal hilft ein mutiger Perspektivenwechsel. Eine Waldweihnacht etwa verbindet Ruhe, Natur und Ritual auf wunderbare Weise. Der Baum wird dort geschmückt, wo er steht. Mit selbst gemachtem, natürlichem Schmuck. Am Feuer wird eine einfache Mahlzeit geteilt, während die Dämmerung zwischen den Bäumen versinkt. Zuhause, im vertrauten Wohnzimmer, folgt dann eine kleine Bescherung, aber in aller Ruhe.
Oder die Familie überlegt gemeinsam, welchen Menschen sie zusätzlich einladen möchte. Jemanden, der sonst allein wäre. Das bringt Wärme ins Fest und vermittelt den Kindern eine wichtige Erfahrung von Gemeinschaftssinn. Auch kleine soziale Aktionen können kostbare Momente schaffen. Etwa das Packen eines Hilfspäckchens für eine fremde Familie oder das Backen und übergeben von Guetzli an die Nachbarschaft oder das Altersheim.
Wer Bewegung und Leichtigkeit sucht, kann «Wander-Weihnachten» versuchen. Für Besuche bieten sich verschiedene kleine Stationen im Quartier oder in der Natur an. Ein Lied an einer besonderen Ecke, ein warmes Getränk bei Freunden, eine Kerze an einem stillen Ort. So entsteht ein sanfter, entschleunigter Festtag. Ebenso bereichernd sind «Kreativweihnachten» bei der zusammen etwas gestaltet wird. Ein Erinnerungsfoto, ein gemalter Stern, ein selbst hergestellter Weihnachtsschmuck. Die Bescherung selbst verliert so an Gewicht, weil das gemeinsame Tun in den Mittelpunkt rückt.
Einfachheit als Geschenk
Ruhige und schöne Weihnachten brauchen weder Perfektion noch Geschenkeberge. Macht im Voraus mit den Verwandten ab, welche Geschenke eure Kinder bekommen sollen. Denn zu viele Geschenke überfordern die Kinder. So kann es auch ein sinnvolles grösseres Gemeinschaftsgeschenk geben, anstelle vieler kleiner Dinge. Das Weihnachtsfest lebt vor allem von der Zeit, die wir miteinander teilen und von der Nähe, die im Alltag oft zu kurz kommt. Kinder erinnern sich später kaum an die grössten Pakete, sondern an die Stimmung, an das Lachen, an den Duft nach Kerzenwachs oder an den Spaziergang im Schnee.
Zu guter Letzt…
Geruhsame und friedliche Feiertage entstehen dann, wenn Familien den Mut haben, zu vereinfachen und Rituale behutsam anzupassen, die hohen Erwartungen zu reduzieren und das Fest gemeinsam zu gestalten. Alles, was den Stress herausnimmt und mehr Zeit und Nähe schenkt, lässt den Zauber wieder stärker leuchten. So werden in meiner Familie unter den Erwachsenen keine Geschenke mehr gemacht. Dieser Entscheid vor vielen Jahren nahm uns allen enorm viel Druck und schuf Raum für echte Begegnung. Am 25. Dezember treffen wir uns zum Brunch. Natürlich bekommen die Kinder dann weiterhin ein kleines Geschenk. So steht eine gemütliche Begegnung im Mittelpunkt und nicht mehr das Materielle. Wir haben doch alle schon genug. Wichtig bleibt das, was trägt: Das Zusammensein, der Austausch, das Lachen, die Wärme.
Ich wünsche von Herzen ein ruhiges, entspanntes und liebevolles Fest.
Eure Erziehungsberaterin Iris Selby
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