Die Kritiker wollen angehört werden
18.11.2025 MellingenDer Stadtrat hat die Besoldungs-Vorlage zurückgezogen – wir berichten, was hinter den Kulissen ablief
Eigentlich wollte der Mellinger Stadtrat das bereinigte Geschäft in eigener Sache an die Winter-Gemeindeversammlung bringen. Nun hat er das Traktandum Besoldungen ...
Der Stadtrat hat die Besoldungs-Vorlage zurückgezogen – wir berichten, was hinter den Kulissen ablief
Eigentlich wollte der Mellinger Stadtrat das bereinigte Geschäft in eigener Sache an die Winter-Gemeindeversammlung bringen. Nun hat er das Traktandum Besoldungen zurückgezogen. Einige Stimmbürger sind enttäuscht, nicht bei der Erarbeitung einbezogen worden zu sein.
Der Stadtrat hat die Neufestlegung seiner Besoldung kurz vor der Gemeindeversammlung zurückgezogen («Reussbote» vom 14. November). Er wollte eine überarbeitete Vorlage an die Winter-Gmeind bringen, nachdem die erste im Juni dieses Jahres von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zurückgewiesen worden war. Laut offizieller Mitteilung der Stadt sind «unterschiedliche Perspektiven» der Grund für die Verschiebung. Die Vorlage solle bereinigt und ein Konsens gefunden werden.
Votanten ins Rathaus geladen
Dem Rückzugs-Entscheid des Stadtrats ging ein mündlicher Austausch mit den damaligen Votanten, der Finanzkommission (FiKo) und anderen Personen vorangegangen. Roger Fessler (SVP) hatte an der Sommer-Gmeind den Rückweisungsantrag gestellt, der mit 87 Ja- zu 15 Nein-Stimmen angenommen wurde. Fessler sagt auf Anfrage, er und andere Votanten der Sommer-Gmeind seien zu einer Präsentation der Vorlage ins Rathaus eingeladen worden, als die Unterlagen zur Gemeindeversammlung schon gedruckt waren. «Wir wurden als Votanten nicht einbezogen bei der Erarbeitung. Man hätte uns im Juni bereits einladen sollen», sagt er. Die Votanten hätten eigene Ideen, welche sie einbringen wollten. Dies wollen sie nach wie vor: «Wir sind gesprächsbereit», sagt Roger Fessler. Er sei zuversichtlich, dass die Bevölkerung einen Antrag, der – mit den Votanten zusammen – erarbeitet worden sei, an einer Gemeindeversammlung annehmen werde. Welche Ideen die Votanten haben, will Fessler nicht sagen. Diese wollten sie zuerst dem Stadtrat unterbreiten und dann an die Öffentlichkeit bringen. Er betont aber, dass die Votanten der Meinung seien, dass der Stadtrat durchaus eine Erhöhung der Besoldung verdiene.
Martin Rubi (FDP) war an der Sommer-Gmeind ein weiterer Votant und, neben zwei weiteren Personen ebenfalls bei der Sitzung im Rathaus dabei, als Stadtpräsidentin Györgi Schaeffer und Stadtschreiber Gregor Glaus ihnen die Vorlage vorstellten. Rubi bringt die gleiche Kritik wie Fessler vor. Der Tenor im Juni sei gewesen, dass der Stadtrat nach dem Rückweisungsantrag nochmals über die Bücher gehe und auf die Votanten zukomme. «Das ist aber nicht geschehen», sagt Rubi. Sie seien ins Rathaus eingeladen worden, als die Vorlage schon stand. «Die Unterlagen waren bereits draussen und wir konnten nichts dazu beitragen. Das hat uns enttäuscht.» Zur zurückgezogenen Vorlage sagt Martin Rubi, die Varianten 1 und 2 seien widersprüchlich. In Variante 2 würden die Pensen sogar reduziert gegenüber heute.
Eine Vernehmlassung durchführen
Er hoffe nach dem Rückzug, dass die Stadt nun eine Vernehmlassung im Vorfeld durchführe. Rubi: «Dies würde zu einem gutschweizerischen Konsens führen.» Wenn alle hinter dem Geschäft stehen könnten, komme das Traktandum an der Gemeindeversammlung in fünf Minuten durch.
Die Finanzkommission (FiKo) hat dem Stadtrat ihre Meinung zur Vorlage ebenfalls kundgetan. «Wir hätten eine andere Vorgehensweise gewählt und wären nicht mit zwei Varianten rausgegangen», sagt FiKo-Präsidentin Franziska Rubi auf Anfrage. «Das war unsere Empfehlung.»
Stadtpräsidentin Györgyi Schaeffer (parteilos) erklärt auf Anfrage zu den Vorwürfen der Votanten. «Wir wollten sie anhören, darum haben wir sie ins Stadthaus eingeladen». Warum dies nicht früher geschehen ist, will sie nicht kommentieren. Zum gewünschten Einbezug der Votanten sagt die Stadtpräsidentin: «Das wird nach dem jetzt erfolgten Rückzug passieren.» Generell habe sich der Stadtrat bei der Erarbeitung der Besoldungs-Vorlage unter Zeitdruck gefühlt, erklärt Schaeffer. «Wir haben aber das umgesetzt, was die Gemeindeversammlung wollte. Dazu stehe ich. Es gab in der Vorlage zwei Varianten. Die Minimalvariante 2 haben wir präsentiert für den Fall, dass Variante 1 nicht durchkommt.» Schaeffer betont, es gehe bei der Besoldungsvorlage um etwas Grösseres als um die Entschädigung der aktuell amtierenden Stadträte: «Es geht darum, welche Botschaft die Gemeinde geben will und welche Wertschätzung sie in Zukunft potenziellen Kandidatinnen oder Kandidaten in Aussicht stellt, sei das monetärer oder nicht-monetärer Natur.» Ob im Sommer 2026 die Frage an der nächsten Gemeindeversammlung erneut aufs Tapet kommt, kann Schaeffer noch nicht bestätigen.
Marc Benedetti

